Dienstag, 31. Januar 2017

Yorkshire Tagebuch - 16.

Draußen regnet es, der Februar beginnt wie der Januar endet. Theresa May, die Premierministerin, oder Downing Street 10, wie sie auch genannt wird, ist aus ihrer Bredouille nicht heraus. Über 1 Million Briten möchten nicht, dass Donald Trump nach Großbritannien kommt. Herzlich hatte sie ihn bei ihrem Besuch in Washington eingeladen. Angenommen hat er sofort, doch, es ist unüblich, der greisen Königin einen amerikanischen Präsidenten zuzumuten, der sein Führungstalent nicht mindestens zwei Jahre unter Beweis gestellt hat. Wir wissen jedoch, dass unser Donald sofort bei Amtsantritt sieben muslimischen Ländern die Einreise nach Amerika untersagt hat. Das will in England keiner.


Derweilen ermuntert der Außenminister Boris Johnson seine Landsleute dringend, den amerikanischen Präsidenten doch nicht mit Adolf Hitler zu vergleichen. Boris kann sich da richtig hineinsteigern. Der Vergleich sei unangemessen.  Andererseits hat Boris seinen Befähigungsnachweis als Spitzendiplomat noch immer nicht erbracht. Wir sitzen also hier, auch in Yorkshire, in einer richtigen Zwickmühle. Und, was sagt unsere Königin zu alledem? Nichts. Eine kluge Frau.


Im Gegenteil, wer bei Google unter Donald Trump impeachment (Amtsenthebung) nachschlägt, den fällt wie Schuppen von den Augen, wie weit die Theorie schon gediehen ist. Dieser superreiche Präsident schafft es nicht mehr lange, will man den Experten glauben. Und Angela Merkel soll ihm bereits telefonisch und einfühlsam den Marsch geblasen haben. Wenden wir uns wichtigeren Dingen zu.


Der Nieselregen wird von unerfreulichen plus 3-4 °C begleitet. Yorkshire gibt sich von der unappetitlichen Seite. Selbst unsere Nachbarschafe lassen sich nicht blicken. Wettermäßig unerschütterlich, lassen sie ihre Wolle heute lieber im Trockenen. Trotz grüner Wiesen, überall, ist auch keine einzige Kuh zu sehen. Doch die Milch kommt regelmäßig an die Haustür.


Während Cath nicht vor dem Abend von ihrer Uni in Bradford zurück sein wird, besuche ich Cathies Mutter im Pflegeheim. Margaret kann etwas Zuspruch gut gebrauchen. Sie ist erschöpft und hustet verzweifelt. Ich muss ihr beim Mittagessen zuschauen, was meinen eigenen Appetit nicht gerade fördert.
Man spürt überall eine eigenartige Stimmung. Ist es der Frühling, der in weiter Ferne Rast eingelegt hat? Sind es die drohenden politischen Ereignisse, die uns Unruhe bereiten? Oder die Kirschen in unserem Garten im Schwarzwald, die wir hoffen, im Mai reif und wurmlos anzutreffen? Es liegt so vieles in der Luft. Wer weiß, was noch alles geschehen wird.





Montag, 30. Januar 2017

Istanbul - Ost-West-Hauptstadt?

Ein schlaues Kerlchen wie Napoleon, selbst mit Plänen der hegemonialen Art geplagt, soll gesagt haben, wenn es eine gemeinsame Hauptstadt für alle Länder der Welt gäbe, wäre dies Istanbul. Ich dachte immer schon, dass Istanbul einer jener Orte ist, an dem die frühe Menschheit sich seit Menschengedenken getummelt hat. Die Lage zwischen Europa und Asien, am Bosporus, der das Schwarze Meer mit dem Mittelmeer verbindet, ist zu verführerisch für Herrscher, Entdecker und Träumer. Wer ist nicht schon durch Byzanz, Konstantinopel und Istanbul gezogen und dort sogar hängen geblieben? Der römische Kaiser Konstantin, der sein Reich in Gefahr sah, als Byzanz mehr und mehr Macht erhielt, zog an die Kapitale am Bosporus und machte daraus Konstantinopel.


So etwas kann weder von Trier noch von Gelsenkirchen gesagt werden. Wobei Konstantin auf dem Weg nach Osten zuerst noch sechs Jahre in Trier einlegte, das dann die provisorische Hauptstadt des untergehenden römischen Reiches wurde, denn die Verteidigung des Römerreiches gegen die Einfälle der Germanen war auch notwendig. Konstantin herrschte in Trier von 306 bis 312 nach Christus und zog dann an den Bosporus. Die Germanen haben ihren Weg nach Süden fortgesetzt. Niemand konnte sie mehr aufhalten.



Als dann Konstantinopel von den Osmanen erobert wurde, drehte sich das Blatt wieder, und aus der Stadt am Bosporus wurde Istanbul. Das Osmanische Reich hatte schon die gesamte heutige Türkei erobert, als es zum entscheidenden Kampf um Konstantinopel kam. Mehmed II. war der regierende Sultan, der 1453 die Tore Konstantinopels zerstörte und aus der neuen Hauptstadt seines Reiches Istanbul machte. Das byzantinische Reich war über 1000 Jahre alt geworden, als es zerstört wurde. Viele behaupten, dass damit der Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit eingeläutet wurde.

Am Bosporus 
Heute kann man Istanbul als das Tor nach Asien bezeichnen. Zwei riesige Hängebrücken überqueren den Bosporus. Davor galt Konstantinopel für die Osmanen als Tor zum Westen. Mit schätzungsweise 15 Millionen Einwohnern ist Istanbul die volkreichste Stadt Europas. Den Drang der Osmanen nach Westen kann man getrost mit den Germanen und ihrem Drang nach Süden vergleichen. Die Migrantenströme waren immer schon enorm. Das hat sich auch in der Neuzeit nicht geändert.


Ohne die Befindlichkeit eines offen diktatorischen Recep Tayyip Erdogan untersuchen zu wollen, - was schwebt ihm vor? - muss man erkennen, dass die türkische Hinwendung nach Europa sehr konkret war. Meine ersten Besuche in Ankara, der heutigen Hauptstadt der Türkei, erstaunten mich schon 1980 durch diese eindeutigen Bekenntnisse zu Europa. Frau Merkel wollte dies nie wahrhaben und hat den türkischen Gefühlen mit der persönlichen Ablehnung der Türkei als Beitrittskandidaten zur EU damit einen schweren Schlag versetzt. Wie man diese Kuh wieder vom Eis holen soll, ist mir ein Rätsel. In gewisser Weise ist Istanbul die europäischste Stadt Europas.









Sonntag, 29. Januar 2017

Ich bin Frauen schon sehr nahe gekommen.

Doch immer nur, wenn ein herzlicher Konsens vorlag. Deshalb habe ich die Nichte des amerikanischen Präsidenten nur zum Tanz über das Parkett geführt. Sie hieß Anne Nixon und war ein ganz nettes Mädchen. Ihr Onkel hatte damals noch nicht an Watergate herumgemacht. Aber unsympathisch war er allemal. Hätte es das Internet schon gegeben, Richard Nixon hätte sein weltweites Fett abgekriegt, bei allem Respekt.


Näher als meiner Tanzpartnerin Anne bin ich einem amerikanischen Präsidenten nie gekommen, obwohl ich nicht nur einmal in Washington war. Es gibt wichtigeres im Leben, als einen amerikanischen Präsidenten zu sehen. Heute freue ich mich darüber, denn ein Eiertanz à la Theresa May blieb mir dadurch erspart. Zuhause, im sicheren London, kann sie den Mund wieder aufmachen und Trumps Einreiseverbot für Muslime kritisieren. Der sagenhafte Spruch John F. Kennedys, ich bin ein Berliner, war damals Balsam für deutsche Seelen. Ein Irrer hat ihn ermordet. Kennedy war ein Präsident, über dessen IQ man nicht nachdenken musste.


Die Dinge haben sich geändert. Überall sind nationale Töne in die Politik eingeflossen. Polen, Ungarn, Großbritannien, Frankreich, Türkei, Holland. Sicher habe ich das eine oder andere Land vergessen. Die USA zum Beispiel. Wer hätte gedacht, dass dieses Land mit Führungsanspruch, Nato-bewusstsein, Atombombe (auch schon mal zum Einsatz gebracht), das die Indianer als Ureinwohner fast ausgerottet hätte und immer schon Flüchtlingen aus der ganzen Welt freudig Aufnahme gewährt hat, so tief sinken kann?


Dabei ist es nicht der Vielvölkerstaat Amerika, der die Welt entsetzt, sondern ihr noch fast neuer Präsident, der vom Größenwahn befallen scheint. Bei Donald Trump kann man die IQ-Frage mit Recht stellen, denn, was so alles an Unsinn unter seinem Toupet hervorkommt, ist alles andere als die bloße Feststellung, ich bin ein Amerikaner.  Soviel haben wir begriffen. Gerade versucht die Welt herauszufinden, wohin die Reise gehen wird. Uns aufgeschlossenen Weltbürgern schwant Schlimmes.  Wer wird Donald Trump in die wohlverdiente Zwangsjacke stecken? Die Welt hat schon genug Sorgen. Klimawandel, Sicherheit, Hunger, Hass. Einreiseverbote sind so unnötig wie ein Kropf. Amerika: du musst deine ganzen Kräfte aufwenden, um diesen Verrückten wieder loszuwerden.


Samstag, 28. Januar 2017

No alternatives, just facts,

wagt die New York Times zu titeln. Fakt ist, dass Theresa May und Donald Trump Händchen hielten, sozusagen die amerikanische Hand, die eine Art Führerschaft über das schützenswerte europäisch-britische Händchen andeuten sollte. Grapschen war nicht das Wort des Tages. Fern der Politik spielt eine andere Musik. Auch nicht sehr originell: die schöne blaue Donau von Johann Strauß, dem Jüngeren, dessen total vergoldetes Denkmal im Stadtpark Wiens vor allem von japanischen Touristen angestarrt und fotografiert wird.


Zum xten Mal diese Woche, spielt Radio Classic FM diesen Ohrwurm ab, der uns an unsere Jahre in Wien erinnert. Von 2012 bis 2014 wohnten wir in Fußnähe zum Wiener Stadtpark. Man denkt gerne daran und freut sich, dass Herr Van der Bellen  dann doch Bundespräsident von Österreich geworden ist.

Der Morgen ist grau, von Hochnebel erhellt, es ist ein ruhiger Samstagmorgen. Cath und ich sitzen am Frühstückstisch, in der Sun Street in Haworth, the World's First Fair Trade Village, in Nord Yorkshire. Wir sind auf dem Sprung von Januar in den Februar. Das Nachbarkätzchen, für uns namenlos, dafür aber blütenweiß, treibt sich in unserem Garten herum, hat jedoch (noch) nicht um Einlass gebeten. Classic FM, der Gefälligkeitswerbesender mit der Ohrwurmmusik spielt gerade etwas ab, das die meisten auswendig zu trällern in der Lage sind. Pomp and Circumstane?

Das Grau ist verflogen 
Die leeren Tassen, die Butterdose und die Waldfruchtmarmelade aus dem Schwarzwald stehen noch auf dem Tisch. Schon hat Cath ihren Computer geöffnet und mit dem Arbeiten begonnen. Ich erinnere mich an die Sendungen, früh am Morgen, die ich auf Ohr noch im Bett angehört habe: die Selbsdarstellung einer Schafshirtin mit neun Kindern, die Lebensgeschichte eines 97Jährigen und die Beschreibung von Knoten und Seilen, die ein Eigenbrötler in Yorkshire aus purer Leidenschaft zusammengetragen hat.

Während der Endjanuarmorgenhimmel schon etwas heller wird, höre ich, dass die leidenschaftliche Schafhirtin zunächst nicht an ihrem künftigen Mann und Hirten interessiert war. Erst als er sie anrief und um ihre Hilfe für ein verirrtes Schaf bat, kam sie und willigte in die Ehe ein, aus der 9 Kinder hervorgingen. Alle gesund und glücklich. Der 97Jährige wusste von sportlichen Leistungen im hohen Alter zu erzählen, wobei mich seine Ratschläge für den Rest des Lebens aufhorchen ließen: 1. Tu etwas, was du gerne tust. Und tu viel. 2. achte auf die Ernährung, die im Alter unterschiedliche Speisen und Zusatzstoffe verlangt. 3. Bewege dich, so oft du kannst. Gib nie auf.


Der Knoten- und Seilspezialist hatte es da nicht leicht, seine eigene Eigenart anzupreisen. Wer interessiert sich schon für Knoten? Er hat ein Seil-und Knotenmuseum eröffnet und war bescheiden genug, es nicht als erstes und größtes der Welt anzupreisen. Ich lernte aus seinen Erzählungen, dass es ein Gerät aus dem 16. Jahrhundert gibt, mit dem man Seile herstellen konnte. Glückliches, manchmal etwas verliebt zurückblickendes Großbritannien.

Dazu werden keine alternativen Fakten benötigt, wie sie gerade massenhaft aus den USA getrumpt werden, sondern nur ein wenig Fantasie, die der Wahrheit möglichst nahe kommen.  Und dann haben sie noch ihre Königin, die mit James Bond als Auftakt zu den Olympischen Spielen in London aus dem Hubschrauber sprang. Keine Lüge, sondern königliche Mithilfe beim Schaffen von Tatsachen. Aber das ist eine andere Geschichte.


Gerade wird zum 1000. Mal Rimsky-Korsakovs Scheherazade gesendet. Herzlichen Glückwunsch!.



  

Freitag, 27. Januar 2017

Tut mir leid, Ungarn.

Die Ungarn sind ein liebenswertes Volk. Ich habe einige am Ende des Krieges, 1945, kennengelernt. Fünf ungarische Flüchtlinge wurden uns zugeteilt: Ein Großvater mit seiner Tochter und deren drei kleinen Mädchen. Wir teilten unsere Küche mit ihnen und es dauerte nicht lange, bis wir einen für uns Kinder besonders kulturellen, kulinarichen und sprachlichen Austausch begannen. Ich lernte sogar den Anfang eines ungarischen Liedes. Awla kumban....oder so. Wir wurden Freunde.

Ungarische Tänze von Brahms oder von Orbán? 
In der Nachkriegszeit gab es noch kein Fernsehen. Das Radio war das akustische Fenster zur Welt. Die deutsch-ungarische Musikwelt war besonders populär. Die Julischka, die Julischka aus Buda-Budapescht, die hat ein Herz aus Paprika, das keinem Ruhe lässt....Wir alle liebten diese Mischkultur, die einen Bogen schlug zwischen Berlin, Wien und Budapest.

Dann kam der Aufstand gegen die Unterdrückung durch die Sowjets. Wieder gab es 1956 massenhaft Flüchtlinge. Ich verliebte mich in ein ungarisches Mädel namens Esther, das dann nach Kanada auswanderte. Die österreichisch-ungarische Welt war längst untergegangen, als Gorbatschow, der Präsident der Sowjetunion, das nahende Ende der Ost-West-Spannungen erkannte und das Aufbrechen des Eisernen Vorhanges an der ungarischen Grenze zuließ, was vielen ostdeutschen und anderen Flüchtlingen den Wechsel in den demokratischen Westen ermöglichte. Doch die Welt drehte sich weiter, und heute ist Ungarn Mitglied in der Europäischen Union.

Viktor Orbán 
Noch davor, im November 1990 wurde Ungarn als 24. Mitgliedsstaat in den Europarat aufgenommen, was die Anerkennung der Europäischen Menschenrechtskovention zur Bedingung hatte. Ungarn auf dem Weg zu einer parlamentarischen Demokratie. Was inzwischen geschehen ist, kann nur als Rückkehr oder Wiederentdeckung des verspäteten, allzulange unterdrückten Nationalismus erkannt werden. Viktor Orbán ist der Regierungschef, seine Regierungsweise irritiert zunehmend die anderen EU-Partner, denn Antisemitimus, Aushebelung demokratischer Strukturen und Fremdenfeindlichkeit bestimmen mehr und mehr die Tagespolitik. Inzwischen hat der Ministerpräsident gegenüber Europa einen Ton angeschlagen, den man als feindlich bezeichnen könnte. Der politische Stil ähnelt dem eines Donald Trump.

Brüssel beobachtet diese Entwicklung mit wachsender Sorge. Eine gewisse Zurückhaltung seitens der EU kann noch als übergroße Nachsicht gewertet werden, während andere schon die Ruhe vor dem Sturm befürchten, denn Alleingänge der ungarischen Art können nicht einfach hingenommen werden. Was man sagen kann ist, dass Ungarn auf der Suche nach einer eigenen Identität im Rahmen der EU-Länder eher am Taumeln ist, als auf dem Weg zu einer Integration in das europäische Wertesystem. Es wird nicht lange dauern, dann müssen die entschiedeneren Europäer Länder wie Ungarn, aber auch Polen und andere vor eine Wahl stellen: entweder Europa oder Auf Wiedersehen.


Es mag frivol klingen, von einem europäischen Wertesystem zu sprechen. Doch die stürmische Vergangenheit hat die Europäer in eine gemeinsame Richtung gehen lassen, von der sie nicht ablassen können: Offene Grenzen, rechtsstaatliche Verhältnisse, Menschenrechte, Schutz von Minderheiten, zu denen auch die vielen Romas in Ungarn gehören, offene demokratische Strukturen und wachsende Gerechtigkeit allen gegenüber. Wenn es geht, mehr Wohlstand für alle und größere politische Einheit angesichts der Herausforderungen unserer Zeit.








Donnerstag, 26. Januar 2017

Trumpschelte ist nicht alles.

Die Welt lässt gerade über Amerika und seinen freiwillig gewählten Präsidenten jede Menge heiße Luft ab. Zurecht. Der stolze Herr weiß wohl noch nicht, was da auf ihn zukommt. Warten wir es ab. Das Treffen mit dem mexikanischen Präsidenten ist von diesem abgesagt worden. Das mit Teresa May, der Premierministerin von der Themse, wird mit gemischten Vorgefühlen erwartet, und Angela Merkel hat noch keine Anstalten gemacht, Donnie zu sehen. Das ist gut so. Auch andere Regierungschefs scheinen Wichtigeres zu tun zu haben, als sich das drohende Eigenlob des Amerikagroßmachers anzuhören. Wir können diesen Sachverhalt mal für eine Weile vergessen und uns anderen Entwicklungen widmen.

Die Mauer 
Es ist erstaunlich, wie die Medien sich an alles ranhängen, was die menschliche Neugier befriedigen könnte. Ganze Skandalserien mit mehr oder weniger hochgestellten Sexualverbrechern kommen auf die Titelseiten oder werden per Video ins Internet gestellt. Dabei scheint das Hauptanliegen zu sein, möglichst viele Tabus purzeln zu sehen. Das ist für viele wichtiger als die (wenn auch oft) verspätete Entrüstung über Vergewaltigungen, Missbräuche und sonstigen Überschreitungen der Grenzen.

Auch in den Mittelpunkt ist gerückt: die Allmacht des Geldes. Nicht nur in den USA ist die Politik in die Hände von Milliardären gerutscht. Experten für Wirtschaft, Banken, Konjunkturfragen, Investitionen stehen nur noch in den Diensten von Krösussen. Außenpolitik kann heute mit spärlichsten Mitteln betrieben werden, wie der Brexitvetreter Boris Johnson in London es gerade exerziert.

Boris 
Das Schlimmste ist jedoch, dass engstirnige Querulanten vom rechten Ufer sich herausnehmen, ohne Wissen und Erfahrung zu jedem Punkt etwas zu sagen und alte Rechnungen begleichen zu wollen. Dabei werden ganze Regierungen als überholt und inkompetent verteufelt, ohne, dass richtige Reformvorschläge gemacht werden. Die Petrys, Höckes, Storchs, Le Pens, Wilders und Farages halten mit ihrem Katastrophengeschwätz nicht nur die Medien auf Trapp, sondern verbreiten Hass und Unsicherheit unter den Menschen.

Moralisch sauber? 
Wir sehen, dass ein Donald Trump und sein korrupter Verein keinen Anspruch auf Originalität besitzt. Die Skandale und deren Verursacher greifen überall um sich. Nur die schnell wirkende internationale Solidarität der Vernunftmenschen kann da noch helfen. Ein Rückbesinnen auf das Machbare, das Logische und moralisch Saubere. Vorbilder scheint es dafür nicht mehr zu geben. Zu wem kann man noch Vertauen fassen? Wir müssen von den Manipulationen abrücken, denen wir ständig ausgesetzt sind. Hören wir auf uns selbst und wählen wir nur noch Kandidaten, die nicht das Blaue vom Himmel herunter versprechen oder steinreich sind. Die Demokratie ist anfällig geworden. Und unser Glaube ist erschüttert.


Mittwoch, 25. Januar 2017

Die Trump-Falle. Weinen, Ärgern, Lachen.

Gut, Annegret Petry oder Jörg Höcke gehen die USA auch nichts an. Oder doch? Mir egal. Ich hoffe nur, dass das deutsche Wahlsystem nicht so dämlich ist wie das amerikanische. Immerhin gibt es Kandidaten, die nicht übergeschnappt sind. Die Merkel wird sogar weltweit geschätzt, wenn man auf solche Feststellungen etwas geben kann. Wie schnell war sie während der griechischen Finanzkrise, oder der Brexitkampagne in Britannien zur Nazigröße mutiert. Oder die Sarah Wagenknecht, als Kandidatin durchaus herzeigbar, obwohl Sozialistin. Bei Seehofer würde ich jedoch sämtliche Augenbrauen hochzerren. Doch die Bundes-Chancen für den sind ohnehin im Eimer. Für alle kann aber gelten, dass sie Aussagen machen, die man noch verstehen kann. Man muss sie nicht billigen.

Der Präsident 
In Amerika ist das jetzt anders. Es ist nicht Donald Duck, der regiert, sondern Donald Trump. Aus einem manipulierten Gefecht zwischen einer nicht ganz hasenreinen Frau, ebenfalls steinreich, und dem aus dem Nichts heraus Unsinn von sich gebenden Milliardär ging der mit dem Toupet hervor: triumphal, laut und dummfrech. Jetzt haben sie ihn und wollten ihn vielleicht nicht. Eine Alternative gab es nicht. Jetzt werden Lügen offiziell zu alternativen Fakten umgemünzt. Der ungläubige amerikanische Bürger staunt nicht schlecht und demonstriert. Vor allem Frauen fühlen sich von diesem Märchenerzähler, Rassisten und Frauenverachter reingelegt. Man zählt die Tage oder Wochen, bis Trump seinen letzten Kredit verspielt hat und wegen Unfähigkeit in der Versenkung verschwindet. Wer Amerika liebt und schätzt, dem kommen die Tränen.

Im Weißen Haus 
Doch auch für den Rest der Welt ist dieser amerikanische Ausrutscher ein Ärgernis. Was er in der kurzen Amtszeit nicht schon alles von sich gegeben hat. Die Mauer an der mexikanischen Grenze. Strafzölle für deutsche Import-Autos, die in Mexiko hergestellt werden. Zerschlagung der Nato, weil ihm das Ganze nicht gefällt. Und dann das mit den Frauen. Wie kann man ihre zartesten Körperteile so in den Dreck ziehen? Nichteinmal als Präsident des Landes, das man wieder groß machen möchte, kann man sich das erlauben. Der Sturm der Entrüstung ist gerade dabei, loszubrechen.

Ein Vollidiot? 
Gerne würden wir über so viel Sendungstrieb lachen. Donald Trump ist ein Komiker. Dabei versucht er es auch mit seiner warmen Stimme, sozusagen im Ton eines fünfjährigen Jungen, dessen Mammi vor seinem Charme nachzugeben hat. Fassen wir zusammen: ein amerikanischer Präsident, der einfach küsst, wenn er dazu Lust hat. Zum Lachen? Ein Präsident, der an den Schalthebeln einer nuklearen Vernichtungsmaschinerie herumfiddelt. Zum Lachen? Ein Präsident, der alles bedroht und verdammt, was ihm keine Freude macht? Zum Lachen? Er hat schon genug Handlanger auf seiner Seite, die bereitwillig für ihn lügen, dementieren, den Kopf hinhalten. Sie werden die ersten sein, denen das Fehlen der neuen Kleider dieses traurigen Kaisers auffallen wird. Hoffentlich wird das Gelächter  über diesen Wahnsinnigen nicht das Geheule übertönen, wenn es soweit ist. Dieser Präsident ist eine ärgerliche, lächerliche Zumutung für alle, die lesen und schreiben können.


Montag, 23. Januar 2017

Sein Schniedel ist zu klein

Ich muss euch warnen. Beim Blick in meine Facebookseiten, das fiel mir gestern schon auf, haben sich die Erwähnungen eines gewissen Donald Trump ins Unendliche potenziert. Dazu immer diese albernen Aufnahmen seiner triumphal sein wollenden Allerweltsmiene, unter Ausstoßung eines O-Tones, der dann auch noch übersetzt wird. Make Amerika great again. Selbst zu Zeiten des aufkommenden Nationalismus - das ist schon eine Weile her - hätte dieses Brunftgetöse jeden anständigen Augenzeugen angewidert.


Nicht nur, dass er die Internet-Elektronik großzügig nutzt, um alternative Fakten als Lügen zu verkaufen, oder umgekehrt, nein, er ist in der Lage, primitivste Schmähungen gegen das weibliche Geschlecht auszustoßen, rassistische Verallgemeinerungen zu verbreiten und zotige Bemerkungen zu machen. Und dann nennt er sich Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und ist es auch. Irgend etwas wurde da gedemütigt. Das Volk? Der Wähler? Der Medienverkoster? Das Land? Man erwartet eine Slapstickauflösung dieses Schauspiels.

Doch wird es allen zuviel. Bei sieben Milliarden Menschen kann ein steinreicher Gnom mit den intellektuellen Fähigkeiten einer Ameise doch nicht den gesamten menschlichen Betrieb aufhalten. Wo sind wir denn? Vor nun zwei Tagen ließ er verkünden, er habe bei seiner Amtsinstallation mehr Publikum gehabt als sein Vorgänger. Die ungläubigen Betrachter dieses Schauspiels schon wieder mit neuen Erkenntnissen gefüttert: gestern las ich, sein Maul sei groß, doch sein Penis winzig. Nicht, dass ich von Eifersucht geplagt wäre, im Gegenteil, es überkommt mich das Gefühl, dass es nun genug ist.


Ich leide auch nicht, wie etwa die Klique der vorauseilenden Schmeisfliegen, an übertriebener Unterwerfungsangst. Doch, wenn es reicht, dann reicht es. Was kommt als nächstes? Dass die Farbe seiner Unterhosen von Interesse sei? Dass Majestätsbeleidigung auch auf einen selbsternannten Karnevalsjecken wie Trump anwendbar ist?  Da ich selbst kein Toupet trage, mache ich mich auch nicht lustig darüber. Irgendwie versuche ich, aus dieser obsessionellen Trumpbetrachtung wieder herauszukommen. Man muss hoffen, dass die Luft aus diesem Spektakel bald heraus ist, denn auch die vielen normalen Nichtamerikaner haben besseres zu tun, als nach Washington zu schielen, wo jetzt ein Irrer sitzt. So wichtig und unterhaltend ist das auch wieder nicht.


Kulinarische Heimkunft



Das Vereinigte Königreich - wir leben seit über einem Jahr hier in Yorkshire - ist schon lange keine gastronomische Brache mehr. Der dank eines Weihnachtsinterviews im letzten SPIEGEL und verschiedener Publikationen auf Deutsch auch in der Bundesrepublik bekannte Nigel Slater, ist jemand, auf den man hören kann, wenns ums Essen geht. Schon als Kind konnte er mit Genuss essen. Das kleine Buch Toast beschreibt liebevoll, was sein Vater für ihn kochte, als seine Mutter verstorben war, nämlich zu Weihnachten, Sherry Trifles. Mit einem fertigen Boden, Pfirsichen aus der Dose und Himbeermarmelade, dazu ein strammer Schluck Sherry, machte Vater Slater seinen Kleinen glücklich. Seither gibt es bei Nigel zum Fest eben Trifels, einen Schleckkram, der für die kulinarische Heimkunft unseres Food-Experten wichtig ist, jedoch gastronomisch kaum ins Gewicht fällt. Nigel nennt das nostalgisches Essen. Seine Autobiographie Toast gibt es auch auf Deutsch unter Halbe Portion.



Als Nigel dann eine neue Mammi bekam, was ihm zunächst garnicht passte, wurde sein Widerstand dadurch gebrochen, dass sie als begabte Köchin den kleinen Stiefsohn durch allerhand Schmankerln auf ihre Seite zog. Inzwischen ist Nigel Slater ein bekannter Essautor und Journalist, der seine kulinarische Kirche gerne im Dorf lässt. Unsere Gesellschaft sei puritanisch. Was wir essen, sei eher von Schuld und Scham gesteuert als von Geschmack und Vergnügen. Entsprechend lesen sich etwa seine 250 Rezepte durch das Jahr in Das Küchentagebuch wie eine poetische Zusammenfassung all dessen, was schmeckt. Nigel macht die Lust am Essen leicht wie Schlagsahne. 


Angesichts der allgegenwärtigen Ernährungspanik erkennt er, dass sein Land gegenwärtig aus dem Ruf, ein kulinarisches Entwicklungsland zu sein, sichtbar ausbricht. Im Fernsehen und in den anderen Medien gibt es Wettbewerbe zuhauf. Köche wie James Oliver sind inzwischen weltberühmt. Während der Brite auf dem Land oft noch alten unattraktiven Essgepflogenheiten nachhängt, ist London, die Hauptstadt, ein Pflaster, wo es fast keine britsche Küche mehr gibt. Stattdessen, tummeln sich dort seit Jahren exotische Restaurants. Essbritannnien, eine zweigeteilte Nation.



Wir sind in unserem Haus im Schwarzwald. Kinder und Freunde besuchen und Heimatessen auftanken. Ich wage es nicht, mich an den weihnachtlichen Gänsebraten zu erinnern. Aber an das Gebäck: Stollen, Dresdner, Hildabrödle, Zimtsterne, Springerle. Markklößlesuppe, oder badische Schneckensuppe. Ackersalat mit Kracherle. Käsespätzle. Sauerbraten mit Schupfnudeln, badische Dampfnudeln mit Weinsoße oder Dörrobst. Schon die Aufzählung ist köstlich chaotisch. Rehrücken Baden-Baden, oder, fern vom Winter, Spargeln mit Schinken, Pfannekuchen und den 4 Soßen. Das alles kann mich, wenn der Duft der Speisen sich einstellt, in meine Kindheit zurückrufen, ein Glücksmoment, wie ihn Nigel Slater kennt. Am Neujahrsmorgen, dann, die frischgebackene Neujahrsbrezel mit viel Butter. Das ist kulinarische Heimkunft.

Nigel Slater loves food 
Zurück in Haworth gibt es wieder den frischen Fisch. Manchmal eine richtig gute Gemüsesuppe. Während Cath ihre leicht exotische Kochphase zum Tragen bringt, mache ich mir einen Gin&Tonic und warte auf den Apple crumble, zu dem ich dann noch einen G&T trinke. Die Dead man’s legs hat ihr Vater erfunden, um little Cath nach der Schule aufzuheitern. Sie behauptet, dass das köstlich schmeckte, doch den Beweis ist sie mir bis heute schuldig geblieben. Also essen wir unbadisch. Bei den vielen Möglichkeiten im Brexitgeladenen England, kann das Essen eine ungewohnte Entdeckungsreise werden. Das ist es doch, was wir Feinschmecker wollen: mit Lust und Liebe das essen, was dem Magen am besten zusagt. Und kein schlechtes Gewissen dabei  haben. 




Sonntag, 22. Januar 2017

Es reimt sich vieles nicht.

The harp, the old man's only joy
Was carried by an orphan boy.

Nein, die einz'ge Freud' des alten Herrn
war nicht, dass er den Waisenknaben gern.

Irgendwie haben mich die Zeilen des schottischen Dichters Walter Scott eigenartig berührt. Scott schrieb so vieles, dass man die Stelle mit dem Waisenknaben nicht mehr findet. Es war die Zeit der Romantik. Europa war auf diesem Gebiet damals fast eine Einheit. Das Dichten hat sich weiterentwickelt. Man fragt sich, wohin?


Poesie ist der Versuch, einem Inhalt eine bestimmte Form zu geben. Oft ist der Versuch gelungen, doch manchmal sinkt die gereimte Form ins Unverständliche ab. Beispiel:

Wilde Wasser wabern wolkig
Rechnen fest mit Kaviar.
Doch der Stöhr zahlt seinen Zoll nich,
Die Währung kommt aus Sansibar.

Gereimt hat es sich, doch zu welchem Behuf?  Erich Kästner sagte:

Des Menschen bester Zeitvertreib
ist der mit seinem Unterleib. Dieser Reim sitzt!


Man sieht aus diesen Zeilen, dass ich kein Dichter bin.
Sonst würde ich verweilen und suchte nach dem Sinn.
Drum lasst uns fröhlich - was denn?
Noch kurz vor Ostern fasten.

So gesehen, war Walter Scotts Vers von dem Waisenknaben gar nicht so schlecht. Ich muss mich jedoch entschuldigen, dass mir heute nichts Besseres eingefallen ist.


Blog über das Bloggen



Zuerst gefiehl mir diese Freiheit, meine Gedanken auszudrücken und in das Internet zu pusten. Alle Themen, alle Aspekte, alle Spinnereien waren mir gerade gut genug. Der Erfolg stellte sich ein: viele Aufrufe aus mindestens 50 Ländern bestätigten ihn mir. Dann kamen die Schreier vom rechten Lager, und die anderen Unbehirnten. Ich konnte nicht schweigen und habe mehrmals heftig gekontert. Vor allem, gegen den internationalen Aufmarsch der braunen Hetzer, die sich überall ähnlich daherkommen. Im Internet sind sie zuhause. Facebook und Twitter sind ihr Kommunikationsmittel. Wer da dumme oder agressive Meinungen zum Ausdruck bringt, ist selbst schuld. Man fühlt sich getroffen und schlägt zurück. Und verdummt mit den Autoren dieser Hetze.  


Wer versucht, die Menschen zu erheitern, unterhalten, vielleicht zu belehren, kann auf Reaktionen hoffen, sogar auf Lob. Doch, wer sich per Blog an den ganzen Globus wendet, sollte nichts erwarten. Der Hut ist zu groß, den man sich da aufsetzt. Das ist reizvoll und kann befriedigen. Kommentare sind dann kurz, vielleicht dankbar, eigentlich nie feindlich oder herablassend. Bei Facebook oder Twitter wird der gesamte Erdball angesprochen.  Wenn Scheiße geredet wird, sind theoretisch Milliarden Erdenbürger angesprochen. Wer die deutsche Sprache benutzt, kann schätzungsweise bis zu 200 Milionen erreichen. Das genügt, um mindestens 200 wütende Reaktionen auszulösen. Bei den ganz Gehirnlosen sind immer noch genügend schreibfähige Hetz- und Drohprofis übrig, um dir das Leben schwer zu machen: ich weiß, wo du wohnst!  Sorge dich um deine kleine Tochter! Du menschliche Kacke! Grenzen nach oben oder unten sind da nicht gesetzt.


Solche Rede verführt auch den frömmsten Zeitgenossen, sich zu vergessen und dagegen zu hauen. Meist bricht der Kontakt dann ab. Oder, es wird eine Schimpfkampagne ausgelöst. Wir haben schon genug Erfahrung und könnten jetzt einfach lernen, zu ignorieren, zu verzeihen, zu vergessen. Warum soll ich eine aufwändige Feindschaft mit einem mir völlig unbekannten Idioten führen, der nicht einmal seine Muttersprache beherrscht? Facebook, etwa, kann ja auch ferne Freunde und Verwandte übers Internet wieder näher bringen. Deshalb wird es gerne genutzt. Wie persönlich und kostspielig kann dagegen das Telefon sein.


Ich habe bisher in 6 verschiedenen Ländern gelebt und gearbeitet. Da freut man sich, von dem einen oder anderen zu hören. Man kann das Maß des Gedankenaustausches auch selbst bestimmen und sich eine variable Gemeinschaft von Freunden „einrichten“. In England, wo ich lebe,  gibt es über 130 000 Deutschsprachige, von denen die meisten - wie ich vermute - facebooken und/oder twittern. Etwa 500 000, weltweit, haben einen oder mehrere meiner über 1000 Blogs aufgerufen. Kein böses Wort kam da zurück.Ein etwas unklarer Kommentar. Ich werde geduldet, und da die Zahl meiner „Kunden“ ständig steigt, darf ich annehmen, dass ich erfolgreich bin. Oder, werde ich weltweit nur aus Versehen angeklickt? Dann werde ich trotzdem weiterbloggen, denn ich mag, was ich tu, und ich tu was ich mag.

Trumpeffekt: das Toupet auf dem Toupet 
Bloggen ist der kosmopolitische Austausch von Gedanken, Meinungen, Fehlmeinungen und Lügen. Wie und wo das alles ankommt, ist fraglich. Es kann auch in der unmittelbaren Nachbarschaft des Autors landen. Dann entsteht der Trumpeffekt. Ein ungebildeter, Frauen verachtender, steinreicher Schwätzer schafft es, Präsident zu werden und Drohungen auszustoßen. Achtung vor einem Demokraten dieser Art? Dass ich nicht lache. Ein Land wie die USA wird öffentlich in die Pfanne gehauen und scheint auch noch mitzumachen. Die Brexiterfahrung hat gezeigt, dass ein im allgemeinen unauffälliges Land wie Großbritannien den größten Lügen über die EU aufsitzt und entsprechend Entscheidungen trifft, für die schwer bezahlt werden muss. Wer die Profiteure dieser Manipulation sein werden, ist noch nicht klar. Teresa May sicher nicht.

Der Unterschied 
Die neue Freiheit des weltweiten Zugangs zu Information, Desinformation und Kommunikation ist noch jung und kann total missverstanden werden. Ich selbst blogge weiter und bin bereit, alles zu verantworten, was ich vertrete. Ohne mich an Donald Trump messen zu wollen, kann ich sagen, dass ich mich für all das von diesem "Herrn" Hinausposaunte irgendwie mitverantwortlich fühle, wenn ich dem nicht laut und deutlich widersprechen kann. Meinungsfreiheit könnte man das nennen.



Samstag, 21. Januar 2017

Schnee, Schnee, Schnee.

Das Thermometer weiß nicht, ob es hinauf oder hinunter soll: o,o °C scheint der Kompromiss zu sein. Es schneit ein wenig, aber ununterbrochen. In der Nacht gehen wir gerne unter null, um bei Tagesanbruch gerne wieder auf Plusgrade anzusteigen. Ist es nicht so, reden wir von klirrender Kälte, oder bei föhniger Stimmung von einem zu milden Winter. Oft ist uns das Wetter nicht sehr angenehm. Die Sonne ist dann ein Kapitel für sich. Zu heiß, oder überhaupt unsichtbar. Für Tage. Dann wird geklagt.


Von Yorkshire kommend um im Schwarzwald Weihnachten zu feiern und unsere Lieblingsärzte aufzusuchen, Familie zu treffen usw. ließen wir zuerst die Winterreifen aufmontieren. Dann warteten wir auf den Schnee, obwohl das Jahr 2016 schon als wärmstes seit Menschengedenken angepriesen wurde. Dann stürzten die Temperaturen auf unerhörte -7 Grad. Davon kann man in Yorkshire nur träumen. Die Schneedecke erreichte 40 Zentimeter. Der Schneepflug war ständig im Einsatz.


Da wir uns bereits an den Medieneifer gewöhnt haben, wenn etwas neues zustößt, erdulden wir die katastrophenartigen Schilderungen über den Schneefall. Der Winter hat uns im Griff, bei minus sieben eine wahrlich kühne Behauptung. Die hirnlosen Ausfälle eines Bernd Höcke, der sich über das Holocaust-Mahnmal in Berlin aufregt, werden mit der gleichen Hingabe ausgebreitet. Auch was Donald Trump noch sagt, bevor er endlich Präsident ist, wird medienmäßig verarbeitet. Und die von der Nationalen Front in Frankreich, Marine Le Pen, lässt in Deutschland verlauten, wir hätten jetzt einen patriotischen Frühling. Da die Farbe des Schnees weiß und nicht braun ist, kann man dem Wetter in dieser Hinsicht nichts in die Schuhe schieben.


Und der Schnee rieselt leise. Macht nicht viel Aufhebens. Auf dem Weg zurück zur Fähre in Seebrügge, die uns nach Hull im Norden von England bringen soll, weicht der Schnee mit jedem Kilometer zurück. In Belgien, bei Brügge, hüllt uns ein kalter Nebel ein, gerade durchsichtig genug um die Straßenschilder noch lesen zu können. Bei der Ankunft in Hull am Humber haben wir es geschafft. Die Flasche Rioja auf der Pride of York und die engen Kabinenbetten der Fähre haben uns sanft entschlafen und gestärkt wieder erwachen lassen. Der Schnee ist eine schöne Erinnerung. Hier in Yorkshire weiß das Thermometer noch nicht, ob es hinauf oder hinunter soll. Um die Null würde ich sagen. Deshalb wird auch hier das Wetter den gleichen Stellenwert einnehmen wie Donald Trump, der jetzt vereidigt ist. Wird er Teresa May helfen, die Brexitmisere zu mildern? Man darf Zweifel haben. Trump will zuerst Amerika wieder groß machen. Waffen im Privatbesitz gibt es dort ja schon genug. Auch Amerika hat seinen patriotischen Frühling. Da wollen wir nicht stören.


Was ist ein Scheißjahr? 2016? 2017?

Meinen Beitrag zum Jahreswechsel habe ich, dusselig wie ich bin, selbst gelöscht, bevor er ins Netz ging. Wahrscheinlich kein Epochen machender Verlust. Jetzt beginne ich von Neuem. Es war mir aufgefallen, dass die Welt 2016 eine Rechtskurve hingelegt hat, die noch nicht beendet ist. Dieser Trump ist gerade Präsident der USA geworden. Wer soll sich darüber freuen? Seine Antrittsrede, mit erhobenem Daumen, mehr posaunt als gehalten, könnte das Fürchten lehren, wenn sie nicht milliardenfach von Weltbürgern gehört und gesehen worden wäre. Ein Strolch, der sein Land wieder groß machen möchte. Wie finden wir das? Anfangs konnte man dieses unintelligente Gebrabbel nicht glauben. Jetzt sollen wir das alles für die neue Realität halten? Ohne mich.


Als wir über Weihnachten im Schwarzwald waren, haben wir auch den braunen Soßenerguss der Rechtsradikalen im Internet zu sehen bekommen. Kein schöner Anblick. Ein gewisser Höcke, ob Bernd oder Björn ist noch nicht entschieden, hat inzwischen die oberen Stufen der Bekanntheit in Deutschland erklommen. Seine Rede über den Holocaust und das Denkmal in der Mitte unserer schönen Hauptstadt hat seine Partei, die AfD, ein wenig erschüttert, denn so krass wollen die Braunen dann doch noch nicht vorgehen. Ein wenig Zurückhaltung, bevor die Katze aus dem Sack gelassen wird, kann nicht schaden. Die ganze Naziblase ist durch diesen Vaterlandsbeschwörer in den Ruch geraten, alte Leichen aus dem Schrank graben zu wollen. Die Ähnlichkeit dieses Agitators mit Goebbels, seine Gestik als Volksverhetzer, ist so frappierend, dass kein Zweifel besteht: die beiden müssen miteinander verwandt sein. Seine wiederholten Drohungen, gegen angeblich unzutreffende Behauptungen rechtlich vorzugehen, sind Schall und Rauch. Mit seinen 2 Semestern abgebrochenen Jurastudiums kann er sich wohl ausdenken, was das für ihn bedeutet. Die übrigen Kollegen dieses Herrn aus der AfD werden hier bewusst übergangen. Er hat ihnen vorerst die Schau gestohlen.

Ein schöner Anblick 
Natürlich hat uns auch der Brexit im letzten Jahr erschüttert. Jetzt muss Teresa May, die Premierministerin damit herumeiern, um dieser Fehlentscheidung einen Sinn zu geben und einen Triumph daraus zu machen. Nigel Farage, mit seiner dreisten Lache, wartet wohl auf seinen nächsten lügengebeutelten Auftritt. Und der britische Außenminister, Boris Johnson, Teil dieser Anti-EU-Verleumdungskampagne, rudert einfach weiter. Ob er irgendwo ankommt, steht in den Sternen. Also auch hier in Großbritannien, vor allem in Schottland und London, ist das EU-Referendum wie eine Katastrophe angekommen. Die Brexitverhandlungen kosten Geld und Nerven. Wenn sogar Nachfahren von Juden aus Deutschland, die für immer das Recht haben, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, plötzlich ihre diesbezüglichen Rechte beanspruchen wollen, dann kann man sich die Verwirrung vorstellen, in der sich viele Briten und EU-Ausländer befinden.


Leider handelt es sich beim weltweiten Rechtsruck nicht um ein isoliertes Phänomen, sonst würden sich nationale Hetzer (gegen Ausländer und Linke) wie Marine Le Pen in Frankreich oder ein Herr Orban aus Ungarn etwa nicht im Aufwind fühlen. Das Jahr 2016 hat also, neben vielem Interessanten auch die düstere Seite unserer Demokratien zutage gebracht: Die mangelnde Glaubwürdigkeit und die weitere Verarmung der Mittelschichten. Die sechs reichsten Männer der Welt besitzen jetzt so viel wie die Hälfte der Menschheit. Diesen Skandal können die Milliarden armer Menschen nicht mehr lange hinnehmen. Also wird auch das Jahr 2017 höchst interessant werden. Mit Donald Trump als selbsternanntem Führer der Geldseite kann man sich auf einen totalen Krieg des Kapitals gegen den Hunger und die Armut vorstellen. Wie bewahrt die Welt da einen kühlen Kopf?


Macht Euch vom Acker!