Donnerstag, 31. März 2016

Rabenschwarz wie die Nacht

Warum wir den Raben heranziehen müssen um die Schwärze der Nacht zu beschwören? Es ist eine alte Tradition, einen Schuldigen zu finden für das Üble, für die dunklen Gedanken. Natürlich sind diese schwarzen Vögel manchmal etwas aufdringlich. Die Menschheit weiß auch schon lange, dass der Rabe sehr intelligent ist und vor der Nähe zum Menschen keine Angst zeigt. Auch der Schwarze Rabe in der Wiener Ottakringer Straße ist nur ein Beispiel für die Allgegenwart dieses Vogels. Er lädt dort - wie könnte es anders sein - zum Essen ein. Und der Schwarze Rabe in Berlin ist sogar ein Erlebnisort, wo man lecker isst und in der Toilette im Keller Vogelgezwitscher hört

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Rabenschwarz können nur Gedanken sein, die jeder Mensch einmal hat. Dann steht das Schwarz für etwas, das man nicht aussprechen kann oder mag. Die einen glauben, der Rabe bringe düstere Nachrichten, für die anderen steht er, vor allem, wenn er an einem Tag dreimal am Fenster erscheint, für den Neuanfang. Ein junges Mädchen wähnt sogar, dass ihre Verlobung, drei Tage nach der Rabenerscheinung, diesem Phänomen zuzuschreiben ist.


Ein weißer Rabe steht für den Widerspruch. Nicht alles so schwarz zu sehen, wäre dann angebracht, wenn man etwas Optimismus an den Tag legt. Damit gewinnt man immer. Geht etwas schief, hat man schwarz gesehen. Gelingt etwas, kann der Unglücksrabe getrost davon fliegen.



Mittwoch, 30. März 2016

Besuch der alten Dame - Schöne alte Frau

Alte Damen, auch die von Friedrich Dürrenmatt, haben eine Vergangenheit. Männer auch, aber die ist uninteressant. Von den alten Pariserinnen weiß man, dass sie sich etwas schämen, betagt zu sein. Das Klischee, Frauen seien hübsch, wenn sie (blut)jung und begehrt sind, aber uninteressant im Alter, ist mehr als überholt. Wie sagte Jean Cocteau so schön? Die Jugend kommt erst mit dem Alter. Ich, als Mann, habe immer schon gefühlt, dass Jugend in erster Linie eine Frage der Perspektive ist. Frauen sollten nicht den Fehler begehen, ihre Jugend durch kosmetische Hilfsmittel ad infinitum zu verlängern. Obwohl, wir Männer schätzen es, wenn Frauen ein wenig nachhelfen und auch mit 70 noch etwas hermachen.

ch möchte hier allen Ernstes von der Schönheit alter Frauen sprechen. Eine Frau, die als Mädchen einmal  hinreißend hübsch war, hat zwei Möglichkeiten, in die Altersklasse "betagt" einzutreten: die eine ist, einfach alt zu werden, mit Runzeln an Gesicht und Händen (siehe Abrecht Dürers Mutti, vom Künstler porträtiert), und die einstige Anmut den Bach hinunter gehen lassen. Die andere Möglichkeit ist die, ohne fremde kosmetische Hilfe die Schönheit zu bewahren. Schon als Kind habe ich bemerkt, dass Schönheit altern kann.


Mit 90 darf man so aussehen 
Das anti-ageing Gemurmel der Kosmetikauguren kann getrost vergessen werden. Falten sind Falten. Wer sagt, dass Falten unschön seien, hat sich die gereifte Catherine Deneuve oder unsere Christiane Hörbiger nicht richtig angeschaut. Trotz der gelegentlichen Nachhilfe durch Mittelchen und Korrekturen ist die gealterte Urfassung der Gesichter gut zu erahnen. Das Facelifting, das eine Art bezahlter Verunstaltung ist, wirkt eher unglücklich. Die früher reizvolle Brigitte Bardot mag ein warnendes Beispiel sein. Bei manchen tritt leider der zehrende Lebensweg allzu deutlich zutage. Auch, natürlich, bei Männern.

Sie hieß Luise, war über 70, als ich 18-19 war, und ich empfand eine tiefe Zuneigung zu ihr. Meine Mutter und meine Tante waren mit ihr befreundet. Luise hatte ein schweres Leben hinter sich. Der Mann im Krieg verstorben, der einzige Sohn in Russland gefallen. Sie floh vor den Sowjets aus der  schönen Villa in Erfurt und lebte bei einem Cousin und dessen Frau im Westen. Es ging ihr gut, doch litt sie unter dem Verlust ihrer Männer. In zarter Zurückhaltung wurde ich so etwas wie ein Ersatzsohn. Liebe Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke inbegriffen. Wir wurden enge Seelenverwandte, von allen mit Achtung bedacht. Damals war ich häufig verliebt, wie es sich gehört. Doch Luise hatte in meinem Leben einen eigenen festen Platz. Ihre Schönheit bestand aus einer Menge Falten, die ihren Edelmut nicht verleumden konnten, sowie das gewisse Etwas einer ehemals begehrten Frau. Zu meinem großen Schmerz habe ich nicht nur meine Eltern verloren als ich im Ausland lebte, sondern auch Luise, die mir nach Jahren, scheu wie ein junges Mädchen, noch das Du angeboten hatte.

Heute habe ich das Alter von Luise und hoffe, dass mein Gesicht noch etwas von dem widerspiegelt, was mich als Jüngling vielleicht reizvoll gemacht hat. Ich weiß also Bescheid über die Nuancen der weiblichen Schönheit und verstehe, dass manche Menschen das Talent besitzen, mit den Jahren schöner zu werden.






Sonntag, 27. März 2016

Unerträglich, diese Petry von der AfD.

Gewöhnlich hört oder schaut man sich ein Interview an, und wenn es gut und informativ ist, lässt man auch die Meinungen des Befragten gelten, auch wenn man sie nicht teilt. Tim Sebastian, ein gestandener britischer Journalist der Deutschen Welle, wollte es genau wissen. Er nahm sich Frauke Petry vor, die ihre Mitstreiter auf dem Weg nach oben geschickt (oder ungeschickt?) weggeboxt hat und nun die Bundesvorsitzende der AfD ist. Drittstärkste Partei in Deutschland? Wie kommt das? Das Interesse der Briten ist geweckt. Die Deutsche Welle betreibt zusammen mit der BBC seit 2008 einen englischsprachigen Sender. "Conflict Zone" ist Sebastians Interviewreihe. Hat man nicht vor einem Dreivierteljahrhundert erlebt, dass aus einer wackeligen Weimarer Republik ein faschistischer Staat hervorgegangen ist, der die Welt mit Krieg und Hass überzogen hat? So weit sind wir hier nicht.


"Rechtspopulistisch" hat man damals als Bezeichnung für eine politische Haltung noch nicht benutzt. Nationalsozialistisch war das Schlüsselwort für alles. NSDAP nannte sich die Partei Adolf Hitlers. Die Juden waren das große Thema. Sie seien an allem schuld. Wie kam es, dass die Mehrheit der Deutschen diesen Unsinn und all die anderen Propagandamärchen einfach glaubte? Des Führers intellektueller Unterbau muss sein Werk "Mein Kampf" gewesen sein. Es wurde oft als (Hochzeits)Geschenk) an junge Paare gereicht, die es dann nicht lasen.  So auch meine Eltern, die Mein Kampf unbeachtet ließen.

Ich wollte es genauer wissen und ging in die UB der Uni Freiburg. In der Universitätsbibliothek gab es nur ein Exemplar, das ich im Lesesaal lesen konnte. Ich tat es und habe es nie bereut. Ich kann Mein Kampf nur jedem empfehlen, der die unausgegorenen Ansichten eines Redners, der nicht schreiben kann, überfliegen möchte. Solche Pauschalansichten tauchen  heute wieder auf, wenn man bei PEGIDA und AfD genauer hinhört. Ja, das Boot ist voll, aber wir sitzen mit drin. Menschlichkeit ist schwer zu verkaufen, aber Gemeinplätze werden leicht verstanden. Das ist das Problem.

Sebastian hat versucht, diese Nuss Petry zu knacken indem er harte Fragen stellte, ohne klare Antworten zu bekommen. Seine neojournalistische Art, nämlich den Befragten häufig zu unterbrechen, wenn die Antworten zu schwafelig ausfallen, war vielleicht nicht das Richtige, aber sie hat etwas zutage gefördert, das unschätzbar ist: Frau Petry ist eine begabte Schwätzerin am Rande des Unsagbaren. Ihr politisches Talent, sollte es existieren, ähnelt einer pubbernden Eintagsfliege, die hoffentlich nicht mehr weit fliegen wird. Hätten die Menschen damals Adolf Hitlers Mein Kampf gelesen, wäre dieser Polemiker mit Charisma auch nicht weit gekommen. Es gibt für einen Politiker nichts schlimmeres als die Verachtung durch die Intellektuellen. Also: Auf in den Kampf! Die Dame Petry hat, so scheint es, ihr Pulver schon verschossen. Politische Führer (Heil Hitler) müssen die Massen überzeugen. Das kann sie nicht. Tut mir leid, sie so nahe an das NS-Gedankengut von einst zu rücken. Sie hat sich im Gespräch mit Sebastian da selbst hinein gemasselt.  Soll ihre Partei doch Fuß fassen. Der Weg durch die Institutionen ist für sie zu weit. Ich vertraue denen mit dem gesunden Menschenverstand. Auch eine Marine Le Pen wird nicht weit kommen. Die Mischung von Gefühl und Verstand stimmt bei denen nicht.


Links? Rechts? Oder beknackt? 


Gut, dass diese Frauke Petry  sich so eindeutig enthüllt hat. Wir werden sie von nun an gerne im Auge behalten.




Samstag, 26. März 2016

Gin&Tonic Festival in Haworth

In unserem Lieblingspub, der Old Hall, ist seit heute der Teufel los. Ostern vor der Tür, und die OLD Hall veranstaltet ein Festival, bei dem 100 verschiedene Ginsorten und etliche Tonics angeboten werden. Selbst Cath hat in ihrem Land so etwas noch nicht erlebt. In weiser Voraussicht ließen wir das Auto zuhause und liefen mit Calum, Cathies Neffen, zum Pub, um unserer Neugier nachzugeben. Bier war dieses Mal also nicht angesagt, sondern das Erraten, welchen Gin man zu welchem Tonic aussuchen möchte.

Der Andrang war enorm. Mir fiel nur ein, dass wir seit ewigen Zeiten Gordon's Gin mit Schweppes tranken, und seit wir den Bombay Sapphire in der blauen Vierkantflasche kannten, keinen  anderen Gin mehr probierten. Jetzt mussten wir vor den 100 Sorten anstehen, bis geübte Gin-Mädchen gegen einen "Token", eine Art Bon, ein großes Glas brachten, das mit dem gewünschten Gin, dem entsprechenden Tonic, Monkey 47  einer Menge Eis und einem Stück Limone oder Zitrone gefüllt war. Die geleerten Tonicfläschchen wurden von den Bedienungen am steinernen Boden hinter der Theke zerschmettert, was einen seltsam aggressiven Lärm verursachte.

Mir gefiel das Etikett Monkey 47, ein Gin, der mir natürlich völlig unbekannt war. Der Zufall hat ihn mir zugeführt. Er schmeckte nicht schlecht. Dann geschah etwas Unerwartetes: ich las in der mitgeführten Broschüre dieses: Monkey 47 SLOE, Germany 29%. Superb Gin, made by macerating Black Forest sloes in spirit for 3 months. Giving a peppery, tangy, complex taste, with a nutty finish. Divine. Ich beginne hinten: "Divine" heißt himmlisch oder göttlich. Ein pfefferiger, scharfer und komplexer Geschmack, mit einem nussigen Abgang.  Also: in Schlehdorn aus dem Schwarzwald drei Monate lang gelagerter Gin. Wir haben uns dann als Schwarzwälder geoutet, Cath und ich, und wurden gefeiert wie die Helden. Dabei hatten wir von der Existenz dieser Schwarzwälderischen Verwendung von Schlehen keine Ahnung.

Auch unser "Abgang" aus der Old Hall, an diesem Karfreitagabend, nach drei G&Ts, fiel etwas  nussig aus. Leicht fröstelnd wanderten wir die Sun Street entlang bis wir zuhause angekommen waren. Dann genehmigten wir uns noch einen.


  

Freitag, 25. März 2016

Tun Muslime genug auf ihrer Seite?

Die erste und wichtigste Frage ist natürlich, was tun wir, Franzosen, Deutsche, Belgier, Briten und die anderen Europäer, um dem Terrorismus durch den IS entgegen zu treten?  Schnelle Antwort: nicht genug. Wir müssen akzeptieren, dass Muslime in unseren Ländern besser integriert werden. Dazu gehört die Merkelsche Willkommenskultur, mit der manche Länder, Deutschland eingeschlossen, zunehmend Probleme haben. Aber auch Hilfe für die Eingliederung und das Verständnis für religiöse Gefühle, die uns weitgehend fremd sind. Materielle, sprachliche und berufliche Hilfe, die vor allem die Heranwachsenden  von der Straße holt.


Die Bildung von Ghettos ist eine der Gefahren, gegen die wir angehen können. Die Aussichtslosigkeit von Jugendlichen, deren Familien nicht genügend integriert sind, ist in manchen Wohnvierteln mehr als greifbar. Der Weg zur Kleinkriminalität ist da oft nicht weit. Von da in den Dschihadismus und in das gewaltbetonte Verbrechen ist so gut wie vorgeprägt. Nur wenige sind es, bei denen Testosteron und verzweifelter Tatendrang das Fass zum Überlaufen bringen. Dschihadismus ist nichts anderes als militanter Angriff auf die nicht muslimische Welt, wobei friedvolle Muslime ebenso hart bekämpft werden.

Natürlich muss man sich fragen, was die friedfertigen Muslime tun können, um selbst gegen das drohende Verbrechen anzugehen. Wenn Frauen und Männer eines gewissen Alters in ghettoähnlichen Häusern das Erlernen der Gastsprachen verweigern, oder Glaubensprinzipien vertreten, die im Gastland keinen Platz haben, ist der Einfluss auf die Heranwachsenden fatal.  Eltern sollten auf jeden Fall die Weitsicht und den Mut haben, die Sicherheitskräfte zu kontaktieren, wenn sie fühlen, dass ihre Kinder zum Außenseitertum neigen. Jugendliche, die nach Syrien reisen, sind für jedes normale Leben bereits verloren. Da müssen Muslime wie Nichtmuslime zusammenarbeiten, trotz Verständigungsschwierigkeiten, Familiensolidarität und Glaubensgegensätze.


Auch schwarze Christen, Hindus, Sikhs, Buddhisten und bestimmte Minderheiten erleben Zurücksetzung und Ungerechtigkeit. Warum werden sie nicht zu Bombenwerfern? Manche muslimische Eltern müssen sich schon selbst fragen (lassen), was sie falsch machen. Man merkt doch, wenn in einer Familie etwas schief läuft.  

Karfreitag, der Tag der Klappern und Ratschen

Hier in Yorkshire beginnt der Good Friday mit grellem Sonnenschein. Das ist nicht nur vorösterlich, sondern eine besondere Gunst des ansonsten sehr heidnischen Wettergottes. Christen wie Nichtchristen freuen sich, solange dieses Wetter anhält. In vielen Ländern der Welt ist der Karfreitag ein Trauertag und offizieller Feiertag. Besonders für die Protestanten. Für die Katholiken in Deutschland wird, im Prinzip, streng gefastet. Die Kirchenglocken werden durch langweilige Holzratschen ersetzt, und die schon die ganze Woche im Radio zu hörende Karfreitagsmusik nimmt einen noch klagenderen Ton an. Oh Haupt voll Blut und Wunden.

Im Vereinigten Königreich bereiten sich viele Paare auf ihre Hochzeit am Ostersamstag vor, denn dann kann man es wieder so richtig krachen lassen. Von gleichgeschlechtlichen Trauungen war bisher noch nicht die Rede. Auch die Angst vor den ohnehin überlasteten Straßen scheint groß. Die Einkäufe der letzten Tage zeigen dies und die Abreisen für Kurzaufenthalte in die Osterferien. Staus, Staus, Staus, traffic jams.



Am Nachmittag holen wir Calum ab, das ehemalige Neffelchen von Cath kommt am Bahnhof von Haworth an. Neffelchen war er mit 10. Jetzt, mit 20, ist er ein hünenartiger, mit üppigem Haupthaar und Bart ausgestatteter Mann, den wir ein paar Tage verwöhnen wollen. Seine als Kind mit seinem Vater erarbeitete Wanderlust hat er sicher gut weiter entwickelt, sodass ich mit dem schlimmsten rechnen muss: schönes Wetter, Verschwörung zwischen Tante und Neffe, mit dem Ziel, mich in Bergstiefeln über das Yorkshire Moor zu jagen. Vielleicht hat sein Bewegungsdrang mit den Jahren auch etwas nachgelassen.




In den Nachrichten spielt das christliche Ostern kaum eine Rolle. Hier geht es um die Attentate von Brüssel und Paris,  die letzten Bestrafungen in Sachen sexueller Überschreitungen (auch ein Dauerthema), und um das Brexitvorhaben, das Großbritannien eventuell aus der EU verabschiedet. Ob die Königin nun dafür oder dagegen ist, wissen wir alle nicht. Hauptsache, unser Entenbraten missrät nicht. Für den badischen Kartoffelsalat kann ich meine Hand ins Feuer legen. Frohe Ostern.

  

Donnerstag, 24. März 2016

Damit scherzt man nicht: Gründonnerstag

Die Karwoche zerfällt in mehrere Teile: Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersamstag, O'sonntag undsoweiter. Am heutigen G'tag habe ich mir vorgenommen, zu putzen. Keine Angst, Osterputz fällt mir nicht im Schlaf ein. Obwohl das kühle Wetter, hier in Yorkshire, schon einen gewissen Tatendrang nahelegt.



Also hole ich einen Eimer, Bürste und Lappen und schaue mir die Küchen-Außenseite an, die durch eine Doppelglastüre hinauf (5 Stufen) in den österlich sein wollenden Garten führt. Der Winter und einige seiner Vorgänger haben die untere Seite der eigentlich weißen Türrahmen mit einem zarten aber hartnäckigen grünlichen Schleier überzogen. Diesen will ich bekämpfen.


Vor-Ostern in der Sun Street 
Es ist 8 Uhr morgens. Kühl wie sich noch alles anfühlt, den Bademantel an, mache ich mich an die Arbeit. Dabei denke ich an die Gründonnerstagseinkäufe, die auch ein Yorkshirer, am besten mit der Gemahlin zusammen tätigen muss. Es werden Gäste erwartet, und das Haus ist innen im Großen und Ganzen so gut wie sauber. Aber der Küchenzettel ist noch nicht gemacht. Entenbrust und Stutzerln sind angesagt. Stutzerln heißen in Österreich die Hähnchen- oder Hühnchenschenkel. Cath und ich haben aus drei Jahren Wien das Wort Stutzerln mit nach England gebracht. Sie sind mir bereits in einem Bauernladen aufgefallen.



Nun, ich gehe ans Putzen und Scheuern, um den grünen Belag von den Türen zu entfernen. Dabei überkommt mich die bekannte Ostermüdigkeit. Die Türrahmen sind wieder weiß. Ich habe meinen guten Willen gezeigt. Jetzt kann der Gründonnerstag woanders grünen. Dabei fällt mir auch der Leidensweg Jesu ein. Das sitzt tief in uns. Ich sende ihm einen flüchtigen Gedanken und freue mich, wenn das alles wieder vorbei ist. Jetzt kommt die Sonne heraus und Cath schläft noch ein wenig.

Mittwoch, 23. März 2016

Easter in Yorkshire - Lambs go crazy.

This is what I imagine. Easter eggs as well, maybe.  Less cars on the roads. Never! But lovely sheep and gorgeous cows. Beautiful horses. Human beings will come to see us. Half vegetarian, half meat eaters. We will easily cope with that.


Life in politics will come to a rest. So will we. Easter menus will consist of duck with potato salad*. Salmon with a wonderful salad, nicely composed with garden herbs such as parseley, dill, sage and chives. Bumpkin oil coming as an extra to make the dressing divine. Did I get carried away again? Well, Easter is Easter. Is one not allowed to daydream?


* This is a speciality I brought from the South of Germany. I have been praised and honoured for it. Considering that there are at least 20 different ways of manufacturing potato salad, my method is the best one. The potatoes come normally from Cyprus, North or South. The recipe can be obtained.


Montag, 21. März 2016

What to do?

There was the moon. Bright as ever. And the girl, God knows why. Werewolves like that. They loose their self respect  and look for a good bite. Would one care?               
        
             



Don't worry. It's over.



Zentralfriedhof Wien - alles austeigen!

Gestorben wird immer. Das Handwerk der Bestattung ist krisenfest. Auch in mageren Zeiten. Die Zerstörung Pforzheims (Deutschland) brachte ein Massengrab und viele Einzelgräber für geschätzte 20000 Tote, die am 23. Februar 1945 ihr Leben ließen. Solche Katastrophen geschahen und geschehen überall in der Welt. Am Hl. Abend, kurz bevor das Weihnachtsfest beginnt, fahren bei Einbruch der Dunkelheit viele Pforzheimer Überlebende hinauf zum Friedhof um der Umgekommenen zu gedenken. Eine rührende und aufwühlende Tradition seit 1945.


Heute ist es fast ein Privileg, nach einem schönen langen Leben unbehelligt abzuleben. Dann heißt es Abschied nehmen. Für viele Wiener ist es der Zentralfriedhof auf dem man zu liegen kommt. Er liegt nicht sehr zentral. Bis zu 1 Stunde Anfahrt mit der U-Bahn oder der Straßenbahn, wenn man um jemand trauert. Einmal im  Jahr muss man schon hin. Man kann auch mit dem Auto in den Friedhof fahren.



Dort gibt es sogar ein Friedhofsmuseum, das berühmte Verblichene bei ihrem Heimgang zeigt. Der Friedhof gehört zu den schönsten und größten Beerdigungsarealen Europas.  Nur der Hamburger Friedhof soll größer sein. Der Wiener Witz lautet: Der Zentralfriedhof ist nur halb so groß wie Zürich, aber doppelt so lustig. Wer in Wien lebt, muss einmal dort gewesen sein. Nicht unbedingt wegen Falco.
Es gibt Ehrengräber und Gräber von eher Ehrsüchtigen. Man kann das schon an der Aufmachung erkennen. Pomp ist oft, was bleibt. Nach drei Jahren Leben im vitalen Wien, machten wir uns auf, den Ort des Todes zu besuchen. Dann zogen wir weg. Einige von den bekannten Toten hatte ich gekannt, wenn auch nur kurz: Bruno Kreisky,  Fred Sinowatz, Thomas Klestil, Otto von Habsburg und Josef Klaus.


Dieser Nicolic war ein Autofan. 
Am besten erinnere ich mich an den quadratischen Klotz von Arnold Schoenberg. Das Musikerviertel beherbergt viele berühmte Künstler. Wien, die Stadt der Musik, ist voller toter Prominenter. Beethoven fällt mir ein und Mahler, die Straußens und Schubert. Hugo Wolf und Franz von Suppé. Mozart blieb wohl außen vor, denn schließlich ist der Zentralfriedhof nur 100 Jahre alt. Doch ein Standbild von ihm darf auch hier nicht fehlen. Denkmäler sind Grabmäler und umgekehrt. Deshalb ist es nicht so wichtig, ob nur an einen Großen erinnert wird oder ob er hier auch selbst seine ewige Ruhe gefunden hat. Der Wiener Zentralfriedhof ist auf alle Fälle ein unerlässlicher Teil eines Wienbesuches.







Nice walk, up some hill

It was near Huddersfield, one of the confusing places of Yorkshire, when we decided to go for a walk, inspite of the doubtful weather lurking around. Castle Hill or so. Never heared  of it before. Put your rain anorak on, said Cath, and be brave, we go up some steep hill she said. So I did and we took off.


My expectations weren't high, when Cath declared that there was no pub waiting for us up there. Courrageous as I am I did agree to walk up with her, knowing that we would have to come back all the way to find some food and a beer.


To put it positively: there was not a drop of rain. We did not  slip down the hill. We managed to have the most wonderfull sight of the most beautiful landscape, eventually divided by stone walls to keep the sheep apart from each other, when they belong to different owners.


Most fascinating is the variety the Yorkshire wall building culture has produced over a few centuries. Does Her Majesty the Queen have knowledge of this? I wouldn'd be surprised if she had. Close to her rural and sheep growing country as she usually is.


Nice smells, a few dogs lovingly accompanied by their Mummies and Daddies,  stunning views and hungry stomacs as well as a lot of strong winds. That was the outcome of yet another healthy walk in Yorkshire.


Sonntag, 20. März 2016

Yorkshire Tagebuch - 5

Ich hasse den Vorfrühling. Er ist kalt, nass, unfreundlich. Ich friere ungern. Die Gewöhnung an mildere Temperaturen geht viel zu langsam. In Yorkshire, kurz vor Ostern (wie schnell das geht!) scheint die Sonne, aber man hat das Gefühl, dass sie das unwillig tut. Ebenso zögerlich scheinen Büsche und Bäume auszuschlagen. Gegen ihren Willen, so vermutet man, zeigen sie die ersten grünen Triebe, die zu Blättchen werden. Der Wind bläst kalt durch sie hindurch. Ich vermisse schon jetzt die blühende Natur meiner badischen Heimat. Tausende, ja Millionen Bäume blühen dann weiß und rosa, alle zur gleichen Zeit. Es ist ein Fest für Herz und Auge. Man strebt in die warme Sonne. Das ist Frühling in Baden. Und die Kirschen, Pflaumen und Pfirsiche lassen nicht lange auf sich warten.



Hier in Haworth geht man in die Old Hall, eine gemütliche Kneipe, in der man auch gut essen kann.
Morgen wollen wir dort hin und sehen wie der Erzählabend ist. Vielleicht werde ich ein paar Worte sagen über meine Kindheitserinnerungen, die sich um das Ende des 2. Weltkrieges drehen. Wer von seinem Leben als 5-9 Jähriger erzählt, kann vieles nicht erklären. Andere können das vielleicht. Diese
Erinnerungen werden immer wertvoller, je weniger Zeitzeugen es noch gibt.


Main Street 
Das hat nichts zu tun mit der Schokolade, die ich bei meinem Freund Simon in der Main Street gekauft habe. Gelegentlich lässt er sein kleines Töchterchen kleine Kostproben vor der Ladentür verteilen. So wurde ich süchtig. Salted Toffee & Coconut Truffels, verpackt in kleinen Zellophantüten. Handgemachte belgische Schokolädchen. Heute hat er mir den Preis ermäßigt. Ich bekam drei Tütchen für 10 Pfund Sterling.  Da fragt man nicht lange, ob das Vereinigte Königreich aus der EU verschwinden wird oder nicht. Schoko bleibt Schoko.


Samstag, 19. März 2016

Yorkshire Tagebuch - 4 - The Milkman Rattles

Cath erzählt mir vom Milchmann, der am Morgen, sehr früh, schon bei der Anfahrt mit seinen vollen Milchflaschen hörbar klapperte. Diese Zeiten scheinen vorbei. The milkman sits in his van, unhörbar hält er vor der HaustürDer frühe Vogel fängt den Wurm. Wenn du die Tür aufschließt, stehen die 2 Flaschen bereits auf der obersten Stufe der Treppe, und der Milchmann ist längst weitergezogen. Samstags holt er sein Geld ab. Er kommt gegen 9 Uhr, klopft diskret an die Tür, liefert seine Flaschen ab und nennt den Betrag. Bei einer Milch, die direkt vom Bauernhof kommt, muss man nicht erst nachlesen, wie lange sie haltbar ist. Wie der Milchkonzern heißt. Nicht einmal das Frischaufdentischdedönse auf der Verpackung muss man über sich ergehen lassen. UND: die Milch schmeckt wie früher.



Der frühe Vogel fängt den Wurm. Hier in Yorkshire habe ich noch keine Würmer gesehen. Doch wenn ich die Zimmertemperatur am Kamin ablese, stelle ich zu meinem Entsetzen fest, dass wir zwischen 16 °C und 18 °C haben, beileibe keine Wärme, die man als Älterer benötigt, wenn man aus dem warmen Bett kommt. Ich muss mir sagen lassen, dass Briten, vor allem die Leute aus dem Norden, mit weniger Temperatur zurecht kommen. Ich schaudere schon, wenn ich einen Spaziergänger sehe, der im kühlen März mit T-Shirt und kurzen Hosen auf Wanderschaft geht. Wahrlich eine Wahnsinnstat.

Guido Westerwelle ist gestern 54jährig gestorben. Welch trauriges Ende eines sehr talentierten Politikers. Die Medien, hier, würdigen ihn, obwohl er einmal einen britischen Journalisten angeblafft hat und das einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatte. Sein Mut, sich als einziger Außenminister  der Welt zu outen, hat ihm große Anerkennung eingebracht.

Cath fühlt die niedrige Temperatur im Haus und vermutet, dass die Heizung sich von selbst abgeschaltet haben muss. Wie klug doch Frauen sind. Sehr bald haben wir wieder 20 °C und können frühstücken. Inzwischen brachte der Milchmann die Milch. Das Bezahlen wollen wir, wie er sagte,  am Ende des Monates erledigen. Wie angenehm.

Draußen ist es grau und neblig und drinnen duftet der Kaffee.

Donnerstag, 17. März 2016

Architekt? Journalist? Autor?

Ich dachte immer, dass der Zusammenhang zwischen den drei Tätigkeiten irgendwie sichtbar ist, ohne dass man mit der Nase draufgestoßen wird. Das benutzte Vokabular ähnelt sich: Aufbau, Konstruktion, Überblick, Sandkasten, Baustein, Perspektive usw. Oder liege ich daneben? Die Kindheitsträume haben mich Häuser und Brücken zeichnen lassen, sogar Wolkenkratzer. Dann wollte ich über mein erstes Erlebnis einer internationalen Bau-Ausstellung berichten. Mein Artikel wurde nicht veröffentlicht, aber der Chefredakteur lobte mein Erzeugnis. Leider hatte die Zeitung gerade über die IBA in Berlin berichtet. Dafür hatte eine von mir angebetete Schulfreundin schon in meinem Kindesalter ein Gedicht auf ihrer Schreibmaschine für mich getippt. Ich träumte davon, ein großer Dichter zu werden.


Schöne Mädchen 
Was mich mein Leben lang angetrieben hat, war eine Mischung aus Mut und Neugier. Keine Angst zu haben vor den Großen, auch den aggressiven und muskelbepackten, war immer mein Ding. Auch Ausbünde des Bösen konnten mir nichts anhaben. Ich schaute ihnen einfach in die Augen und sah ihre Angst. Nur einmal kam ich bei einer kindlichen Schlägerei etwas unter die Räder. Meist gewann mein Selbstvertrauen die Oberhand und ich den Kampf. Das ist für ein Kind eine schöne Entwicklung. Ich wechselte dreimal die Schule, weil meine Eltern umziehen mussten. Immer musste ich mit meiner Schüchternheit meinen kindlichen Mann stehen.

Was ein junger Mensch natürlich ebenfalls benötigt, ist ein gehöriges Maaß an Neugier. Damit meinte ich nie das Herumschnüffeln in anderer Leute Sachen, sondern eher, dass man vor etwas Neuem nicht davonlaufen sollte. Hinschauen, statt wegschauen, auch wenn der Anblick schrecklich ist. Das hat mir auch immer geholfen, mir nicht selbst in die Tasche zu lügen. Bei solchen Eigenschaften fragt man sich sofort, was stimmt bei dem nicht? Es gibt nur weniges, für das ich mich schämen möchte. Das ist die Wahrheit.

Tagträumen geht immer 
Was bei mir nicht stimmt, ist die Neigung zum Tagträumen. Erst in späten Jahren erfuhr ich, dass ich als Träumer nicht alleinstehe. Viele tun es, reden aber nicht darüber. Vieles habe ich mir als Junge ausgedacht und mich nicht gewundert, dass es in meinem Leben eingetroffen ist. Abgesehen davon, dass ich mich schnell und gründlich in die schönsten Mädchen verlieben konnte, habe ich das kindliche Ziel von einst geschafft, nämlich eine Partnerin zu finden, die mich glücklich macht.  Architekt bin ich nicht geworden. Nach zweimonatigem Praktikum an einem Hochhausneubau, wandte ich mich anderem zu.



Das Schreiben ist mir geblieben. Das tu ich noch fast jeden Tag. Ich blogge, denn zum Schriftsteller reicht mir die Ausdauer nicht. Vielleicht auch das Talent? Nur die Fantasie und der Tagtraum sind  geblieben. Der Traum vom wohlhabenden, einflussreichen und begehrten Intellektuellen wurde nicht geträumt. Dafür bin ich mir noch heute dankbar. Schämen muss ich mich im wesentlichen für einige andere, die ihre Träume nie gelebt und der Wahrheit nie mit Mut ins Gesicht geschaut haben. Das ist das einzige im Leben, das bescheiden macht und Zufriedenheit aufkommen lässt.

The endlessly quacking box: das Fernsehen

Stephen King, vielen bekannt durch seine zahlreichen literarischen Produkte, Romane, Kurzgeschichten und sonstiges, vielleicht erinnert man sich an "The Shining", hat auch ein Buch geschrieben über das Schreiben: ON WRITING, a memoir of the craft. Also ein Buch über das Handwerk des Schreibens. Hochinteressant für alle, die schreiben wollen, müssen oder hoffen, schreiben zu können.

Ich sitze hier in Haworth, Nord-Yorkshire, und lese mir die Augen wund, denn draußen stürmt es, und die Sonne, wenn sie schon auftaucht, scheint viel zu grell in diesem März. Wie man herausfindet, ob man Talent zum Schreiben hat? Durch viel Lesen, natürlich. Gestern Abend haben wir, Cath und ich, einen etwas erschöpften Fernsehabend hingelegt und "Happy Valley" zu Ende geschaut, und die nächste Folge von "Night Manager". Beide Krimis sind absolut hervorragend gemacht. Man muss dem britischen Fernsehen zugestehen, dass es die besten Krimis macht, weltweit.


Stephen King allerdings will seinen Leser dazu bringen, sich auf das Schreiben zu konzentrieren. Da hat das Fernsehen keinen Platz mehr.  Endlose Quatschkiste nennt er das.  Zurecht. Wenn man bedenkt, was TV als Industrie kostet, verschlingt, in den Sand setzt, vor allem durch endlose Serien von schwachsinnigem Bildersalat, könnte man Kulturpessimist werden. Dabei meinen es manche Produzenten noch gut. Stephen King hat sicher recht, Fernsehen tötet den Geist. Der Ehrgeiz, für die Volkserbauung tätig zu sein, ist auf die Dimension eines Stecknadelkopfes geschrumpft.

Wer schreiben möchte, so schreibt King, soll das Fernsehen vergessen. Es tut nicht gut. Ich teile diesen Geist weitgehend, doch sollte man auch dem Fernsehen zugestehen, dass es Talente birgt, fördert und zutage fördert.  Mehr jedoch nicht. Die tägliche 24Stundenberieselung tötet das menschliche Denk- und Urteilsvermögen. Am besten wäre es, wir würden das Fernsehgucken in  krass reduzierten Dosen aufnehmen, ähnlich dem vorsichtig gewordenen Cocacolagenuss, der trotz der Beteuerungen (Nullzuckercola, kein Zuckercola etc.) immer noch an Gesundheitsvernichtung erinnert. Die Kiste abschalten, ist eine der Herausforderungen unserer Zeit.

Mittwoch, 16. März 2016

Yorkshire Tagebuch - 3

Glückliches Land, wo man dir schon frühmorgens im Radio erzählt, dass es im Königreich über 31 Millionen Maulwürfe gibt. Ich weiß nicht, warum man das wissen muss, aber, einmal ehrlich, wir wissen viel, mit dem wir nichts anfangen können. Die Statistik jedoch lehrt, dass sich je Einwohner ein halber Maulwurf im britischen Untergrund wühlend an die Oberfläche wagt. "The mole claws its way through the soil", der M. wühlt sich durch die Erde, oder so. Wer den Weg durch die Yorkshire Moore schon einmal gegangen ist, oder aufmerksam sein winziges Rasenstück hinter dem Haus genauer betrachtet hat, hört auf, an der Zahl von 31 Millionen zu zweifeln. Im Gegenteil.


Maulwurffreie Zone? 
Der Maulwurfhügel regt mit 27 verschiedenen Rezepten auch die kochende und backende Bevölkerung an. Allerdings eher in Deutschland, wo Dr. Oetker die Sache in die Hand genommen hat. Ein brauner, schokoladiger Hügel mit einer cremigen Füllung ist der allbekannte Maulwurfkuchen, den auch ein untergetauchter Schnüffler in seiner ahnungslosen Umgebung problemlos verzehren kann. "Wir haben einen Maulwurf" nimmt dann eine ziemlich ärgerliche Bedeutung an. Oft wird ein solcher exekutiert noch bevor er mit dem Wühlen richtig begonnen hat. Da wird nicht lange gezögert.

Ob man sich hier besonders für die Rettung des Maulwurfes einsetzt, ist nicht bekannt. Aber ansonsten wird viel im Land gerettet, und wo das Geld fehlt, machen sich allerhand Persönlichkeiten stark, die dann eine Woche durch Wind und Wetter wandern, begleitet von Kameras, und auf eine bedrohte Tierart hinweisen oder auf einen Missstand, für den  Geld gesammelt wird. Charity nennt man das gerne. Das Land schwelgt geradezu in solchen Initiativen, die teilweise die öffentliche Hand ersetzen. Glückliches Land.


Glückliche Kühe 

Dass von den rund 23 Millionen EU-Kühen 1,88 Millionen im Vereinigten Königreich herumstehen, wusste ich auch nicht. Doch ist das Land reichlich mit Milchprodukten gesegnet. Vor allem, interessante Käsesorten wie Stilton, Cheddar, Wensleydale oder Stinking Bishop. Die Kombination mit Blueberries oder Cranberries ist besonders lecker. Das Naserümpfen der Franzosen, wegen der verwegenen Verwendung von süßen Beeren, wird dabei gelassen hingenommen. Der Verdacht regt sich, dass England ebensoviele Käsesorten  aufweist wie das berühmte Käseland Frankreich.  Glückliches England.


Dienstag, 15. März 2016

Yorkshire Tagebuch - 2

Der Alltag in Yorkshire kann ganz schön nerven. Nehmen wir an, du musst nach Pudsey, zwischen Bradford und Leeds? Jedenfalls zu Marks & Spencer zum Großeinkauf. Dieses Mal nimmt Cath die Autofahrt auf ihre Kappe. Verworrene Kurven, endlose Staus. Wir vermeiden das Schulende in den verschiedenen Ortschaften, weil da die Kleinen über die Gehsteige wuseln. Mehrheitlich asiatische Kinder, wie mir scheint. Mädchen, teils mit Kopftüchern. Zu solchen Stoßzeiten merkt man wie diszipliniert die Engländer autofahren. Vielleicht sollte man hinzufügen, zuvorkommend, kinder- und omafreundlich, überaus höflich. Sonst würde der Verkehr noch öfter zusammenbrechen. Oft wird angehalten. Aus jeder Nebenstraße versucht einer, herauszukommen. Das geht nur mit äußerster Rücksicht.

Cath zeigt mir, wo sie als Mädchen einmal gewohnt hat. Wie gesagt, kurvenreich, mit vielen Kreisverkehren, die in den 30 Jahren ihres Fernseins von hier hinzukamen. Das Leben hier wird ohnehin durch Kreisverkehre definiert. Und durch hügelige Auf- und Abfahrten, oft unterbrochen durch Ambulanzen, die einen Höllenlärm veranstalten, um im Verkehrschaos voran zu kommen. Dazu die vielen "potholes", Schlaglöcher, derer man mit normalen Mitteln nicht mehr Herr wird. Also müssen provisorische Ampeln eingesetzt werden. Wahrlich nicht zum Lachen. Manche sagen, das Land sei hoffnungslos übervölkert.


Da wir in Haworth noch nicht ganz eingerichtet sind, kaufen wir eine zitronengelbe Zitronenpresse. Hausschuhe für die Dame und für den Herrn. Vier Sofakissen und zwei Bettkissen. Gürtel und Hose für mich. Dann essen wir in einem 400 Jahre alten Pub. Fish und Chips mit Erbsensoße und Tatar. Das klassische Essen im Land, wenn man sicher sein möchte, dass es schmeckt. Es schmeckt herrlich, auch wenn wir uns das Glas Wein versagen. Das Wetter ist heute grau. Den Optimismus muss man sich irgendwie anders zuführen. Sich freuen auf einen großen Gin'n'Tonic am Abend, wenn die Verkehrsstrapazen überstanden sind.


Montag, 14. März 2016

Queen backs Brexit? Unsinn!

Es wurde anfangs klar gesagt, dass das einzige gekrönte Haupt im Lande, Königin Elizabeth die Zweite, zu der Frage, ob Großbritannien aus der EU aussteigen soll, sich neutral verhält. Doch eine Gerüchteküche ist immer am Kochen, egal was in den Töpfen wartet um ausgekocht zu werden. Angeblich soll die Königin dann doch für den Ausstieg sein. Das Dementi folgte auf dem Fuße. So geht es im Lande seit Wochen hin und her.

Es ist höchst aufregend zu sehen, wie in einer abgesegneten und eingesegneten Demokratie wie England die Meinungsmache herumirrt, je nach Wunschdenken der einen oder der anderen. Dabei scheint man nicht vom Fleck zu kommen.  Jetzt ist das Ausland dran: angeblich mischen sich fremde Regierungen ein, die das Referendum beeinflussen wollen. Man scheint diesseits des Kanals noch nichts von Meinungsfreiheit im Rest der Welt gehört zu haben. Was ist Einmischung? Die Äußerung von Meinungen?

Man muss zugeben, dass die britischen Reaktionen auf die Ergebnisse dreier Landtagswahlen in der Bundesrepublik sehr neutral und zurückhaltend ausgefallen sind. Da wird also fröhlich über bundesrepublikanische Wahlen geredet, die AfD als rechtslastige Möchtegernpartei dargestellt, und man merkt nicht einmal, dass auch hier der Unterschied zwischen Einmischung (die wir uns gerne gefallen lassen) und Meinungsausdruck nicht leicht zu machen ist.


Man muss hoffen, dass bei der EU-drin oder draußen-Debatte endlich eine gewisse Ermüdung auftritt, sonst weiß am Ende keiner mehr, was er zu denken hat.  Man mutet auch hier dem Bürger zu, dass er nicht in der Lage ist, eine eigene Meinung zu haben. Es gehört zu den altbekannten Krankheiten der Demokratie, dass man immer wieder versucht, oft mit unfairen Mitteln die Meinungsbildung zu beeinflussen. Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt haben gezeigt, dass keine klare Meinung über den Ausgang möglich ist. Die Dinge liegen halt etwas kompliziert. Das wird auch das Vereinigte Königreich spätestens beim Referendum im kommenden Juni herausfinden. Prognosen? Die Königin wird ruhig schlafen, so oder so.

Sonntag, 13. März 2016

Die Tücke des Objekts - the general cussedness of things?

Da habe ich eine Lawine losgetreten, als ich versuchte, die Tücke des Objekts für Cath ins Englische zu übersetzen, und für mich, zu beschreiben, was man damit meint. Entschuldigt bitte, ihr Schweine, aber als Kind muss ich von den tückischen Augen eines Schweines gehört haben, die ich dann später, viel später, bei DDR-Funktionären entdeckte und ähnlichen Monstern, denen man das Böse an sich ansah. Aber die echten tückischen Schweinsäuglein haben noch selten jemandem geschadet. Was ist also die Tücke des Objekts? Tücke bedeutet zweifellos Hinterlist, Gefahr, Gehässigkeit, aber auch Glück, im Sinne vor Schwein gehabt.


Wenn ich versuche, diesen Ausdruck einigermaßen korrekt in die Sprache Shakespeare zu übertragen, merke ich, dass das nicht geht. The general cussedness of things ist wahrlich keine adäquate Übersetzung. The perverseness of the inanimate - wer will das verstehen? Im Deutschen ist das alles relativ klar: wenn du einen angeschnittenen Fußnagel hast und eine Socke darüber stülpen möchtest und diese hängen bleibt, mehr als einmal, weil man vergesslich ist, handelt es sich um eine Tücke des Objekts. Oder, du öffnest in einem lose geschlossenen Bademantel die Tür und ein heftiger Windstoß entblößt dich unbeabsichtigt, dann kannst du getrost von der Tücke des Objekts sprechen.


Natürlich gibt es schwerwiegendere Beispiele für solche Objekte. Aber, mir fallen jetzt keine ein. Oder doch? Mit List und Tücke etwas durchsetzen. Da tritt das Hinterhältige zutage. Gehen wir einmal in die Politik. Da wird es schwierig, weil bei Hinterlist und Gehässigkeit gerne ein süffisantes Lächeln mitspielt. Doch wer möchte so etwas etwa einem Politiker anlasten? Als neu zugezogener Yorkshirer möchte ich wissen, ob Herr Cameron bei seinem Tun um den Brexit eher mit List und Tücke oder mit blauäugiger Unschuld vorgegangen ist. Wir werden sehen ob the general cussedness of things tatsächlich passt. 

Mittwoch, 9. März 2016

Was passiert wenn wir aussteigen?

Die Königin hat es klar und undeutlich ausgesprochen: der Hof sagt dazu nichts. Wahrscheinlich ist er genauso gespalten wie der Hof des Londoner Oberbürgermeisters. Sonst hätte Boris Johnson, der ehemalige Schulfreund und jetzige Rivale von David Cameron, seinen Mitarbeitern keinen Maulkorb verpasst. Obwohl, er scheint es nicht so gemeint zu haben. Wer gegen den EU-Austieg ist und dagegen Stellung nimmt, fliegt. Aber - wie der normale Suppenesser weiß, wird diese zwar von irgendjemand ausgelöffelt werden müssen, aber nie so heiß gegessen wie gekocht. Also, was nun?


Majestät sagen nix 

Werden die Briten im Juni den Abgang aus der EU wählen, was Cameron nicht zu wollen scheint? Dafür aber Boris. Werden sie die Vorzüge gegen die Nachteile aufwiegen können oder die propagandistischen Flunkereien dafür oder dagegen? Was mit dieser Fragestellung im ganzen Land losgetreten wurde, ist zu einem Dauerthema geworden. Alle Nachrichten und Kommentare kreisen um diese Frage, die immer mit theoretischen Wenns und Abers zu beantworten ist. Und was passiert, wenn die Abstimmung knapp ausfällt? Dann entscheiden ein paar Wähler, die nichts begriffen haben, über das Schicksal einer Nation.



Die Schotten könnten dann ihrerseits wieder versuchen, durch ein eigenes Referendum, das Land aus dem Vereinigten Königreich hinaus zu komplementieren. Wer aber zwischen den Zeilen zu lesen versteht, der nimmt den Ernstfall ohnehin nicht ernst. Es wird alles beim alten bleiben, und man fragt sich dann, warum dieses unsägliche Manöver? Wäre es nicht besser, mit den anderen EU-Ländern gemeinsam an der Verbesserung der Verhältnisse zu arbeiten? Jedes dieser Länder hat eine Liste von Wünschen und Forderungen, die zusammen mutig angegangen werden könnte. Niemand in Großbritannien glaubt aufrichtig, dass ein Ausstieg das Leben billiger und angenehmer gestalten könnte.

Die gegenwärtig grassierende Hysterie wird die Briten nur noch europamüder werden lassen. Das kann man in einem bereits zerfetzten, egoistischen und unentschlossenen Europa überhaupt nicht gebrauchen.  

Yorkshire Tagebuch

Gerade finde ich heraus, dass unser neues Bad keine Steckdose besitzt. Wie soll man sich da föhnen? Rasieren, elektrisch natürlich. In den Bädern des Vereinigten Königreiches sind Steckdosen verboten.  In Hotels ist allenfalls ein Rasieranschluss genehmigt. Wieviele Leben dadurch gerettet werden, ist statistisch nicht belegt. Ich fange an, mir um meine Heimat, den Schwarzwald, elektrisch gesehen, Sorgen zu machen. Leben wir in Deutschland so gefährlich? Oder spielt das Elektrorisiko in deutschen Bädern angesichts der Drogen- und Verkehrstoten keine so erhebliche Rolle?


Yorkshire Fahne 

Es ist März und recht kalt, nasskalt. Also ziehe ich meinen Bademantel an und öffne die Haustüre. Nur einen Spalt, denn die Milchflasche, nein, die Flasche Milch, steht direkt am Eingang. Es ist Vollmilch, denn wir lieben diese Milch, während die Magermilch (Skimmed milk) oder die Halbmagermilch (semi skimmed) nicht zu unseren Favoriten gehören. Sie schmeckt wie ein Industrieprodukt. Also, es gibt hier noch den Milchmann, der Milch und Eier vorbeibringt und einmal die Woche sein Geld abholt. Schöne alte Zeit, die noch nicht abgeschafft ist. Die frischen Brötchen kann ich mir allerdings an den Hut stecken.

Draußen fließt der Verkehr. Auf der falschen Seite. Das gehört zu den englischen Errungenschaften, die das Inselreich nie aufgeben wird. Wir fahren links und damit basta. Als Kontinentaleuropäer hat man damit seine Probleme. Vor allem beim Überqueren der Straße. Man schaut automatisch in die falsche Richtung. Zur Sicherheit schaue ich rechts und links. Doch irgendwann wird es mich erwischen. Die Busse haben so eine hinterhältige Art, um die Ecke zu kommen. Ich warte, bis ein asiatischer Fußgänger nach bravem Warten den Fußgängerweg beschreitet, dann wage auch ich es.


Heute frage ich mich, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen der tieftraurigen Trostlosigkeit des Wetters hier im Norden und der hilarischen Darstellung jedes einzelnen Schnipsels an Regen, Schnee oder Reifglätte. Jedenfalls im Fernsehen, das sich in Wetterfragen hochkompetent fühlt und jeden Tag ergussmäßig ganze Sagas über die meteorologische Entwicklung des Landes loslässt. Der Engländer lässt es über sich ergehen, zumal die Wetterpropheten in der Regel hübsche Frauen sind, die das Ganze recht appetitlich präsentieren. Ich hingegen schaue in den Himmel und ahne, was es geschlagen hat.

Für die Spaziergänge im Yorshire Moor habe ich endlich ein wasserdichtes, anorakähnliches Kleidungsstück gekauft, das auch bei Sprühregen und Windgestöber seine Pflicht tut. Mein Gesicht ist dabei fast gänzlich verhüllt. Unter meinem Regenschutz trage ich dicke Pullover.


Freitag, 4. März 2016

Sorry, oder "Hoppla", das kommt nicht mehr vor.

Das britische Selbstbewusstsein hat spätestens dann einen Knacks bekommen, als Königin Victoria, die Kaiserin von Indien, hochbetagt im Jahr 1901 das Zeitliche segnete. Königin Viktoria, in der deutschen Schreibweise, war ebenfalls eine Pflaumenart und - wie könnte es anders sein - eine Torte, der man auch noch nachsagte, dass sie schmeckte. Der Knacks könnte damit zusammenhängen, dass mit der Unabhängigkeit ehemaliger Kolonien die britische Insel fast allein mit sich zurecht kommen musste, während andere Länder allmählich zu Supermächten aufstiegen. Sorry, aber ein Geschichtskurs ist jetzt nicht angesagt.


Während ich noch nie davon gehört habe, dass es in Frankreich oder in Deutschland hinreichende Literatur über die Frage gibt, warum man sich entschuldigt, gar noch, wenn man selbst unschuldig ist, florieren die Untersuchungen dieser Art im Vereinigten Königreich. Um es kurz zu machen: jeder Engländer nutzt das Wort "Sorry" mindestens achtchmal am Tag, und jeder achte Brite mindestens 20mal. Da ist viel Luft dazwischen, was zusätzliche Erläuterungen geradezu erheischt. Auch die Zahl der Sorrys in Deutschland darf nicht unbeachtet bleiben, denn seit einiger Zeit haben sich viele Deutsche angewöhnt, statt das umständliche "T'schuld'jung" das hereingeschneite "Sorry" zu benutzen. Es darf aber bezweifelt werden, dass die Anlässe für die Sorrys im deutschsprachigen Raum die gleichen sind. Wer erklären muss, dass der Bus mit Verspätung ankommt, ist gut beraten, ein Sorry anzufügen. Das trifft auf beide Nationen zu.



Ansonsten wird sorry beim Briten hauptsächlich gebraucht, wenn das Wetter schlecht ist: Sorry, it's raining. Oder, wenn der Sorrysager selbst gar nicht angeeckt ist. Man vermutet, dass dies Vertrauen schafft und auch eine Unterhaltung einzuleiten vermag. Wie schön. Ein Henry Hitchings verrät in seinem Buch mit dem Titel "Sorry!", dass der Brite sich gerne für etwas entschuldigt, das er nicht getan hat, während er es ungern tut, wenn er etwas verursacht hat. Eine Kate Fox wollte es noch genauer wissen. Sie hat Hunderte von Passanten angerempelt, und 80% von ihnen haben sich dafür entschuldigt.

Das kommt meiner Erfahrung nahe, die ich in Paris gemacht habe: Auch dort wurde gelegentlich gerempelt, wobei der Rempler selbst ein herrisches "Pardon" ausstieß. Das konnte leicht in der Metro passieren oder beim Treppensteigen, während der Franzose an sich ja die Höflichkeit in Person sein kann, wenn er möchte. So sind die Menschen verschieden.


Auf einer großen Werbetafel ist zu lesen:

ALL DAY BREAKFAST                                                   FRÜHSTÜCK DEN GANZEN TAG
        BAD FOOD                                                                              SCHLIMMES  ESSEN
   LOUSY SERVICE                                                                           MIESER SERVICE
    WE'RE OPEN                                                                             WIR SIND GEÖFFNET
         SORRY                                                                                               SORRY

Wie soll man das verstehen?  Haben wir nicht schon genug Probleme? Doch eines ist sicher: wer sich nett entschuldigt, hat die Sympathien auf seiner Seite. Sorry.