Montag, 14. März 2011

Du Schleckmaul,

pflegte meine Oma zu mir zu sagen als ich ein kleines Männchen von sechs war und mein Gesicht hohe Zufriedenheit über ein gelungenes Mahl ausstrahlte. Ich halte auch heute nichts davon, ein gutes Essen nur mit einem „war ja ganz ordentlich“  abzutun, wenn  einem das Mundwasser hinterher noch den Gaumen benässt. Ein Koch braucht das Lob. Auch alle anderen, die am Wohlbefinden des Essers teilhaben. Schön ist es dann, wenn ein Gasthaus für einige Zeit in einen Dornröschenschlaf versunken und dann mit einem Paukenschlag wieder erwacht ist. Das erlebt man immer wieder, und man leidet mit den Waghalsigen, die den Karren aus dem seichten Wohlfühlgekoche mutig wieder den Berg hinaufschieben und etwas Großes daraus machen. Das dauert oft lange und erfordert zielstrebiges Durchhaltevermögen. Meine Großmutter hatte es da leichter, denn sie wusste, was kleinen Jungs schmeckt und wie man schnell ein dankbar-zufriedenes Lächeln auf ihre Wangen zaubert.

Samstag, 12. März 2011

Der Schrei der Möwe am Bodensee


Man hört sie nicht. Sie sitzen auf Pfählen, stoisch in die Ferne blickend. Das kalte Vorfrühlingswetter lässt sie erst einmal abwarten, was da noch kommen könnte. Die ersten Touristen. Narren, die sich zu nächtlicher Stunde versammelt haben, um lärmend ihren närrischen Marsch anzutreten. Schauerlich schön. Wie soll da eine Bodenseemöwe den Überblick behalten? Oder war es Rache? Wofür? Nach einer recht erholenden Nacht im Bürgerbräu, einem historisch gewachsenen Fachwerkbau (Hotel Restaurant in dritter Generation, 12 Zimmer, beste Küche, heißt es in einem Prospekt) fast im Zentrum von Überlingen, (wo waren wir stehen geblieben? ach, ja, die Möwen) fanden wir unser blaues Auto rätselhaft mit Möwenkot bekleckert. Ein Zeichen, das wir nicht anders deuten konnten als „hier sind wir willkommen“. 

Das waren wir offensichtlich auch noch, als wir nach einer knappen Woche aus dem Allgäu kommend, wieder im Bürgerbräu landeten. Wieder war der Tisch für uns und unsere Freunde gedeckt. Wir freuten uns, nicht der manchmal stressigen Prozedur zu unterliegen, in einem renommierten Esshaus etwas Passendes aussuchen und gleichzeitig auf den Geldbeutel achten zu müssen. „Sichwohlfühlen“ ist das Stichwort für dieses Restaurant. Angemessene Preise, Gute Beratung, auch in Trinkangelegenheiten. Die Weine, von denen wir reichlich gekostet, inbegriffen. Ein offensichtlich begabter, und mit vielen Wassern gewaschener Koch, der sichtlich Freude an seinem Tun empfindet, bietet ein reiches Programm an fast exotisch anmutenden Speisen: natürlich kann man sich nicht durch das ganze Menü essen, so schön das auch wäre. Also wählt man auf gut Glück unter den – wie es im Faltblatt heißt – liebevoll zubereiteten Spezialitäten, regionalen Köstlichkeiten aus Wiesen, Wäldern, Seen. Das reicht von ländlichen Delikatessen bis zu asiatischen Finessen. Reines Eigenlob wäre das, wenn Simon Metzler, der Sohn des Hauses, mit seinen originellen Speisen nicht ernst machen würde. Gastronomisches Tralala ist allenthalben vernehmbar, wenn man in die etwas ehrgeizigeren Kategorien aufsteigt, wo man auch schon nach dem Guide Michelin schielt.  Hier hingegen kann man getrost auf Entdeckungsreise gehen. Der Gaumen findet da Erstaunliches. Ich weigere mich, auch nur ein Menü zu erwähnen. Das-sich-überraschen-lassen ist der Clou. Hoffentlich kommen die mäkelnden und leider auch seltsam verkalkten Hüter der französischen Esskultur nicht auf die Idee, den Bürgerbräu von Überlingen in ihre biblischen Annalen aufzunehmen. Es wäre dieser Art zu kochen und zu essen eher abträglich. Wolfi und Cath geben freiwillig fünf Sterne. Nur schade, dass die Möwen vom Bodensee unser schönes Auto bekleckert haben.



Sonntag, 6. März 2011

BlickKontakt in Ravensburg

Maurice Ravel, dem wir die Rhapsodie espagnole und den Bolero verdanken, hat der Welt schon früh ein Rätsel aufgegeben. Impressionistische Klangbilder, nebeneinander  mit feinem Gefühl und emotionaler Spannung gezeichnet: wie soll man das verkraften? Irgendwann sagt man: „Schluss damit“, wenn der Bolero in die finalen Kurven geht und den verzagten Hörer rhythmisch in den Abgrund zu reißen droht.