Dienstag, 28. Februar 2017

Aus für Dödels - Haben wirs geschafft?

Also das mit Trump hat noch nicht ganz geklappt. Aber auch die intelligenteren unter den Weltbeobachtern denken jetzt darüber nach, ob unser Donald wirklich ein pathologischer Märchenerzähler ist, oder ob er es überhaupt noch nicht gemerkt hat. Da es Wahrheiten, Halbwahrheiten und überhaupt keine Wahrheiten gibt, ist es nicht leicht, die richtige Karte zu ziehen. Und, vielleicht spinnt sogar der Rest der Welt? Wir müssen noch ein wenig warten. Doch seinen lügnerischen Glanz hat er bereits verloren, und wir müssen uns fragen, ob Amerika nicht einfach eine von uns eingebildete Luftblase ist. Es könnte doch sein, dass irgend jemand, etwa unser Geografielehrer oder die katholische Kirche, einen Traum von einem Amerika einfach erfunden haben und das Internet diesen Traum heute einfach mitspielt? Die Sache mit den Indianern also: zu schön um wahr zu sein. Karl May war nie in Amerika. Die Landung auf dem Mond? Zu schön, um wahr zu sein.

Wie lange macht ers noch? 
Auch Albträume müssen nicht wahr sein. Man verdrängt sie einfach. In Deutschland haben wir die AfD, der schon viel selbstgemachter Wind aus den Segeln geflogen ist. Die Petry, die Storch (Ladies first!), der Höcke, der Meuthen, (echte Herren?), der Albtraum unserer Gesellschaft. Sie verlieren an sogenannter Zustimmung und sind schon einstellig geworden. Das ist gut für die Wahlen. Das Hadern als Grundphilosophie scheint sie gerade selbst zu verzehren. Es ist auch etwas stiller um sie geworden. Ruhe vor dem Sturm? Eher ein stiller Furz ins Wasserglas. Der Leichengeruch dieser braunen Sippschaft stört fast nicht mehr. Der Führer kann wieder schlafen gehen. Die internen Kämpfe der wenig intelligenten Nazi-Erwecker sind nichts für den braunen Oberrassisten, der sich selbst ausgelöscht hat.

Ein Außenminister als Lügenbaron?
Die Wahrheit ist doch die: wir haben viele Flüchtlinge. Daran können wir nichts ändern. Auch Schwule und Transmenschen gibt es genug. Abgesehen davon, dass uns ihre Befindlichkeit nichts angeht, könnten wir uns bemühen, mehr davon zu verstehen. Oder, gehören sie - wie die Behinderten, die Flüchtlinge, die Zeugen Jehovas und die Rhönradfahrer zu jenen Minderheiten, die wir ausmerzen müssen? Wer hat das gesagt? Nicht einmal die Helden vom rechten Ufer trauen sich, das deutlich zu fordern. Was sie geschafft haben: die Farbe Braun ist in Jedermanns Mund. Auch das werden wir noch hinunterschlucken.

Wahrheitsfanatiker oder Brechmittel? 
Chauvinismus klingt sehr französisch, schimmert jedoch sehr braun. Marine Le Pen hat es aus dem intellektuellen Nichts ins internationale Rampenlicht geschafft. Doch auch hier zerbröselt die gespielte Gemeinsamkeit mit den deutschen, englischen, amerikanischen, niederländischen, polnischen und ungarischen Nazis schon wieder. Chauvinismus, Patriotismus, Nationalismus und Hegemonialdenken vertragen sich halt nicht. Und der Hang zur Korruption, zum Geldmachen, zur Manipulation ist so deutlich, dass er diesen Rechten wie ein schlechter Mundgeruch vorauseilt.

Brown is beautiful? 
Das Teuflische an diesen "Bewegungen" ist der Drang zur Macht. Die Intelligenz des Bösen ist das Mindeste, das man erwarten kann, wenn der Leibhaftige aus dem Loch kriecht. Doch selbst dieser Grips fehlt diesen lauten Propheten. Die Farbe Braun, das hat unsere Geschichte gezeigt, ist kein gutes Symbol. Also, ihr Neunmalgescheiten: überlasst das Denken und Reden den Gescheiten. Euer Geschrei braucht niemand. Ihr löst nur Ungeduld aus. Sonst nichts.




Montag, 27. Februar 2017

Er sieht gut aus und ist Hahn im Korb.

Hans-Georg bestimmt wo's lang geht. Die Selbstverständlichkeit, mit der er seine Mädchen herumdirigiert, passt zu seinem gelassenen Gesichtsausdruck. Selten merkt man ihm an, dass er auch wütend sein kann. Er ist die Ruhe in Person. Ich teile mit ihm die Vorliebe für reife Mangos. Und für das rauhe Wetter in West-Yorkshire.


Wenn die schüchternen Krokusse ihre Köpfchen einziehen und die gerade aufgeblühten Narzissen, vor allem die kleinblütigen, die ihren trotzig hängen lassen, dann haben wir wieder das Moorwetter: Regengüsse, Windböen, das Narren der Sonnenstrahlen, ihr Kommen und Gehen, das die Wetterfrösche des Landes verständnisvoll mit sunny spells bezeichnen. Mit anderen Worten, ein Sauwetter, kalt und unfreundlich.


Dann gehe ich hinüber zu Hans-Georg und stecke ihm diskret eine junge Karotte zu, denn Hans-Georg liebt das. Als wir nseren Nachbarn zum erstenmal sahen, hatten wir Schwierigkeiten, ihn in einen Katalog für natürliche Schönheiten aufzunehmen. Dann legte sich das schnell. Hans-Georg wurde von allen Mit-Tieren, auch den Hühnern und Gockeln mit Wertschätzung behandelt. Bei den Hähnen konnten wir ein äußerst soziales Verhalten feststellen. Wenn es Brotstücke gab, traten die Gockel sofort um ein paar Schritte zurück, um der gackernden Weiblichkeit den Vortritt zu lassen. Hans-Georg indessen widmete sich den Mangoresten. Es durften auch Bananenschalen darunter sein.


Jetzt ist die Zeit der Lämmer. Es wird schon allenthalben gelammt, und Bill, unser Nachbar, hat alle Hände voll zu tun, den Nachwuchs in seine umfangreiche Tiersammlung aufzunehmen. Was Hans-Georg betrifft, einer der Väter unseres Lammbestandes, so zögern wir noch, Bill einen talentierten Schafdentisten zu empfehlen. Vielleicht ergibt sich noch eine Gelegenheit dazu. Woran nicht zu denken ist, wäre ein gelegentlicher Lammbraten auf unserem Tisch. Dieses Tabu werden wir nie brechen. Unsere herrlichen Nachbartiere führen ein Leben in Würde und Zufriedenheit. So soll es bleiben.


Infoschrott - es wird zu viel!

Meine Neugier hat sich nie in die Handtaschen und Puderdöschen meiner Geliebten begeben. Der Respekt, auch vor den weniger Geliebten, hielt mich immer davon ab. Ich weiß nicht, was Cath in ihrem Täschchen herumträgt. Ein Taschentuch vielleicht? Die Hausschlüssel? Eine Trillerpfeife gewiss nicht, denn sie ist nicht ängstlich.


Doch in letzter Zeit klagen wir beide über ein seltsames Suchtverhalten. Kaum ist Cath zuhause angekommen, zieht sie ihr rotes I-Phone aus der Tasche und tippt daran herum. Dann sage ich ihr, dass Donald Trump nicht zum traditionellen Pressegespräch im Weißen Haus kommt und der Guardian jetzt zu den media non grata gehört, obwohl die Zeitung zu den besten der Welt zählt.  Weiß ich doch schon, flötet sie ungeduldig und legt ihr I-Pad beiseite.

Jetzt kommt meine Testfrage: wusstest du, dass W. Auden, der englische Dichter auch Amerikaner war und mit einem Freund zusammenlebte, sozusagen, mit der Liebe seines Lebens? Ich hatte in der Nacht "auf Ohr" eine interessante Radiosendung darüber von BBC Radio Four gehört. Sie wusste auch das. Meine eigene Sucht nach Neuigkeiten und alten Hüten rührt daher, dass auch ich in den Medien tätig war. Neben der täglichen Berieselung durch die Presseagenturen, die noch per Telex geschah, erhielt ich 4 Tageszeitungen: die Süddeutsche, le Monde, El País und die FAZ. Auch wenn ich oft erst gegen Abend dazu kam, sie zu überfliegen, hatte ich auch noch die Nachrichten der ARD und von TF 1 unterzubringen. Persönliche Interessen, wie etwa das Liebesleben des spanischen Königs oder, wer gerade für einen Oscar nominiert wurde, durften ebenfalls nicht ganz unter den Tisch fallen.

Lüge? Wahrheit? 
Das alles haben Cath und ich bravourös gemeistert. Wir waren den Anforderungen gewachsen und wunderten uns nur, dass es so vieles gab, von dem wir noch nie ewas gehört hatten. Das musste akzeptiert werden. Dann kam die Zeitenwende mit dem weltumspannenden Wissen, das unaufgefordert über das Internet, Facebook, Twitter, E-Mail, I-Pad usw. in unsere Privatsphäre drang. Seitdem müssen wir unterscheiden zwischen Wichtig und Unwichtig, Lüge und Wahrheit, Historisch und Banal.

Das Selfie des Papstes? 
Da ich nicht mehr täglich mit Journalisten zu tun habe, kann ich selbst bestimmen, was mich interessiert. Ist es der Rosenmontagszug in Mainz? Oder, ob Julio gerade in Barcelona gelandet ist und facebooked, it's sunny? Das Foto mit dem Papst, der sein erstes Selfie macht und von Nonnen begrüßt wird? Das ist wohl ein Fake, natürlich, aber dennoch irgendwie sehenswert? Oder: das kleine Mädchen, das einem Straßenmusiker mit Bassgeige, im Frack, eine Münze in den Hut wirft und dadurch belohnt wird, dass er die Europahymne spielt und nach und nach ein ganzes Orchester auf die Straße tritt. Dazu noch ein Chor? Rührend, überraschend, originell, einmalig. Ist das wichtig oder nicht? Du entscheidest, wie wohl schon Tausende anderer entschieden und ihre LIKES verschickt haben.

Ist das nicht Höcke? 
Wir hängen an dieser Angel und müssen haushalten mit unserer Neugier. Unserem Wissensdurst und unserer Zeit. Und unseren Geschmack herausarbeiten. Bei allem sind wir plötzlich allein. Sollen wir Donald hassen oder ihn ignorieren? Was machen wir mit dem Höcke oder dem unsäglichen Farage, hier in England? Cath und ich haben uns jetzt vorgenommen, selbst zu entscheiden, was uns interessiert und wieviel Zeit wir verschwenden wollen. Schließlich gibt es noch Wichtigeres als Internet mit seinen tsunamiähnlichen Infoergüssen, die schnellsten vergessen sind. Wirklich?










Sonntag, 26. Februar 2017

Foie gras de canard: es reicht jetzt.

Es ist fürchterlich, wenn man sich schämen muss. Aber Scham kann auch befreien. Da ich aus einem kulinarischen Entwicklungsland stamme, jedoch 30 Jahre in Frankreich gearbeitet habe, darunter auch in der Welthochburg des guten Geschmacks (Paris), bin ich mit den französischen Ikonenspeisen von Anfang an vertraut gemacht worden. Einwände wie: die armen Gänse, die armen Enten und ihre Lebern, wie kann man die Tiere so quälen, indem man sie stopft bis ihre Lebern erkranken? Diese Einwände wurden rigoros vom gut gedeckten Tisch gefegt. Ein Banause ist, wer keine Gänseleber mag.


Die Zeiten haben sich etwas geändert. Auch Frankreich kennt die Proteste der Tierschützer. Doch, un petit péché mignon, die süße kleine Sünde, muss erlaubt bleiben. Die Froschschenkel sind inzwischen vom Auststerben bedroht und die Austern sind im Preis gestiegen, sodass es manchmal nur noch eine statt einem Dutzend zu essen gibt. Schließlich sind sie eine Vorspeise, die auch noch mit teurem Wein geschlürft werden, und dem unberühmten pain de seigle als obligatorische Beilage.


Gut, zelebrieren kann man heute auch mit flaschengegärtem Sekt, denn der französische Champagner ist schon lange ein teures Prestigegetränk, das jeder Heini weltweit kennt und zu besonderen Anlässen trinkt. Als die USA, Japan, die Deutschen und alle anderen den Schampus verinnerlicht hatten, stiegen die Preise. Manche sagen, dass damit auch die Qualität abgenommen hat, beziehungsweise über den Preis zu definieren ist.

Fauchon in Paris (ich ging oft daran vorbei), hinter der Eglise Madelaine, nicht weit von der Gare Saint Lazare, bietet eine Fülle von Delikatessen und ist schon lange eine landesweite Institution geworden. Fauchon-Sachen gelten als Krönung jedes Essereignisses in Frankreich. Kein Wunder, dass man sich gelegentlich dort hinein schleicht, um wenigstens zu begutachten, was noch nicht gänzlich verboten ist.


Ich habe jahrelang gegen mein eigenes Gefühl angekämpft, das mir sagte, dass Gänsestopfleber zwar köstlich aber unmoralisch ist. In unserem Lieblingsgasthaus Badischer Hof im Renchtal waren wir seit Jahren nicht mehr, da wir nicht mehr in dieser Gegend wohnen. Dort gibt/gab es als Vorspeise frischgebackene Gänseleber auf Rapunzelröschen, mit Balsamiko beträufelt. An Köstlichkeit kaum zu überbieten. Diese Vorspeise würden wir beibehalten, weil die Gänseleber ungequält auf den Tisch kommt.

Bei einem Besuch in Straßburg um die Weihnachtszeit konnte ich nicht widerstehen und kaufte ein Glas ganzer Entenleber aus dem Südwesten (Gers, Landes, Périgord und so). Meine Scham hatte ich großzügig in den Untergrund geschickt. Cath hatte ich zunächst nichts davon erzählt, bis wir in Yorkshire eingetroffen waren. Die Haltbarkeit des Fauchonproduktes war mit 17/11/2018 angegeben. Geschickt versteckten wir das Glas Foie gras de canard vor Verwandten, die bedingungslos vegetarisch leben. Dann machten wir uns ans Öffnen unseres sündhaften Genusses, unter gleichzeitiger Köpfung einer Flasche Champagner, die etwas aufdringlich mit der britischen Nationalflagge geschmückt war. Der Union Jack, als Champagneretikett hätte uns vorwarnen sollen.


Cath bleibt immer höflich, wenn ihr etwas nicht schmeckt. Doch die Entenleber im Glas hatte keinen Geschmack. Wir probierten und probierten und kamen zum Schluss: diese Entenleber ist am unteren Ende der Genussskala angelangt. Auch die Foie gras Industrie hat es also erwischt: Möglichst viel produzieren, zulasten der Qualität, bei saftigen Preisen. Wie es schmeckt, ist egal. Hauptsache, es steht Foie gras drauf. Heute haben wir den Rest im Glas in den Garten gestellt, wo Elstern und andere Vögel daran herumpicken können. Selbst wenn es irgendwo noch gute Foie gras geben sollte: wir haben für IMMER den letzten Schritt vollzogen. Nie mehr auf unseren Tellern wird es das geben. Und, wir müssen uns dann nicht mehr schämen. Der Champagner schien ebenfalls keine allzu große Achtung vor dem britischen Champagnerkenner zu haben. Wir leerten die Flasche dennoch.


Ein tröstendes Wort für unsere französischen Freunde: diesen Entenleberkram würde ich Euch am wenigsten gönnen. Hoffentlich habe ich nur die halbe Wahrheit gesagt, denn eine mediokre Enten- oder Gänseleber bedeutet für mich das Ende der Cuisine francaise. Das wollen wir nicht. Und, das hat die französische Küche auch nicht verdient.















Samstag, 25. Februar 2017

Yorkshire Tagebuch - 17 - Draußen jagt Doris.

Sie ist ein Tief, das keine Grenzen kennt. Auch in der Schwarzwäldischen Heimat ist man mit Doris vertraut. Der Sturm hat bereits Dächer abgedeckt und Autos beschädigt. Hier, im Norden Englands gibt Doris sich bescheiden. Blattlose Bäume sind solches gewohnt. Die morschen Äste wurden schon lange weggefegt. Jetzt wird nur noch gerüttelt, das Land mit Regen übergossen. Die schon blühenden Ostersterne halten dem locker stand. Auch unsere beiden Kätzchen - sie gehören den Nachbarn - toben kindlich in unserem Garten herum. Hoch oben lassen sich Vögel wie Stofffetzen von Doris durch die Luft jagen. Auch das sind trügerische Vorzeichen von Frühling, so will ich doch hoffen.

Das ist Arthur 
Das Maß für den Winter ist fast erreicht. Rein meteorologisch soll er am 29. Februar zuende sein. Wer's glaubt....Noch überlegen wir, ob wir nicht eine neue Lieferung Brennholz für den Kamin benötigen. Der Wind zieht durch alle Ritzen. Dennoch: das Tosen hat nachgelassen, und meine Gedanken folgen meinen Blicken, hinauf auf das Yorkshire Moor, wo in Wolle gehüllte Schafe unbeeindruckt und den vielen Pfützen trotzend ihr Gras mampfen.


Die Zärtlichkeit meiner Gefühle rührt wohl vom Wunschdenken.  Irgendwann stillt die Natur sich selbst. Und die Menschen. Die Ruhe ist dann zum Greifen nahe. Geradezu fühlbar. Eine Art windgesteuerte Sehnsucht lässt mich träumen, obwohl die linden Lüfte alles andere als erwacht sind. "Mehr Sonne", muss Goethe ausgerufen haben. "Mehr Licht" lässt sich durch die E-Werke herbeiführen.

Goethe 
Erstaunlich, dass der Guardian heute auch eher friedfertig gestimmt ist. Zwar sagt Nigel Farage, der nichtssagende Hetzer für den EU-Austritt des Landes, dass Trump und Brexit der Beginn einer weltweiten Revolution seien. Doch der Kleinkrieg zwischen dem amerikanischen Präsidenten und dem Rest der Welt hat offensichtlich einen Schrumpfungsprozess erfahren. Donald Trump wurde im Sensationhandel klar herabgestuft. Dabei hat das Weiße Haus gerade noch dem Guardian, der als eine der besten Zeitungen der Welt gilt, den Zugang zu einem Pressegespräch verweigert. Die "Normalität" ist also wieder am Einziehen. Oder nicht? Hat es sich endlich ausgetrumpt?














Freitag, 24. Februar 2017

Hinterm Vorhang - The Man Behind the Curtain.

Zehn Monate Wartezeit, bevor man reingelassen wird. Der Mann hinterm Vorhang hat ganz sicher ein Messer in der Hand und eine Schürze um. Viele haben ihn im Fernsehen gesehen. In England ist das eine Empfehlung, denn viele sind kochend und plaudernd so prominent geworden, dass sogar die französischen Michelin-Sterne-Verteiler genauer hinschauen. Ein bis drei Sterne, mehr gibt es da nicht. Frankreich gilt als Heimat der krönungswürdigen Essplätze, während andere Länder sich sehr anstrengen müssen, um endlich mal einen zu bekommen. Drei-Sterne-Restaurant ist also das Non-plus-ultra. Michael O'Hare ist ein Essabenteurer. The Man Behind the Curtain in Leeds ist sein Werk.


Ich habe meine Esserfahrungen eher auf der Straße gemacht, denn die Menschheit teilt sich - gastronomisch gesprochen - in zwei Teile: die einen essen etwas Gutes und wollen es immer wieder neu auf dem Teller haben. Die anderen sind kleine Abenteurer. Sie gehen auf Entdeckungsreise und legen ihre Geschmacksnervenzusammenbrüche getrost beiseite, um immer wieder Neuland zu betreten. Wie meine damals dreijährige Enkelin Maite. Als wir an einem Gasthaus vorbeifuhren, in dem wir mit ihr ein paar Tage zuvor gegessen hatten, sagte sie : Opa, das ist der Ochsen. Hier kann man gut essen. Recht hatte sie, die Kleine. Heute liebt sie gutes Essen. Zwei Prinzipien, die sich nicht beißen. Das Bewährte und das nie Dagewesene.

Das Box Tree in Ilkley 
Cath und ich wohnen in West Yorkshire, nicht allzuweit von Leeds. In der Nähe aßen wir neulich, in einem 1-Sterne-Resto namens Box Tree in Ilkley. Eigentlich ganz gut. Der Sommelier aus Frankreich hatte seine Sache gut gemacht. Wir versprachen, wieder zu kommen. Jedoch hatten wir etwas Glück mit dem anderen Michelin-Restaurant in Leeds, denn es gab eine Annullierung, und wir konnten schnell einspringen. Ehrlich gesagt, ist eine zehnmonatige Wartezeit für einen Tisch für mich unattraktiv. Wer weiß, ob sich so etwas überhaupt lohnt.

Die Auster: köstlich 
Ich las einige Kritiken. Die erste besagte, dass das Personal nicht hilfreich sei und das Essen unter aller Kanone. Der Kritiker, so streng und kompetent er auch sein mag, muss sich total vertan haben. Cath und ich haben es genossen. Wir erlebten eine Achterbahn der Genüsse, bis hin zu der Schokoladesoße mit Kartoffelschnee. Wir gerieten in einen Strudel voller Überraschungen. Aesthetisch präsentiert, etwa 10 kleine Gänge, jeder wie ein Kunstwerk präsentiert von angenehm-freundlichen Helfern.

Schwarzer Kabeljau 
Wir nahmen die große Auswahl kleinster Portionen. Cath ließ sich zu jedem Gang den passenden Wein kredenzen, während ich ziemlich lange an meinem Champagnerglas nippte, etwas später einen weißen Prinz von Hessen zu mir nahm, um dann mit einem köstlichen Glas Rioja abzuschließen.

Weiß nicht mehr was das war! 
Nein, zur exotischen Zusammenstellung von Austerportionen, Gänseleberhappen, Fleischfetzchen und Geschmacksbömbchen möchte ich nicht viel sagen. Sie sprechen für sich selbst. Die Kühnheit der Kompositionen grenzte an abstrakte Grafitti-Einfälle, die uns aus dem Erstaunen kaum entließ.

Und, und, und 
Cath erwähnte dann noch das quittengelbe Klopapier, das ich selbst nicht zu sehen bekam. So betrachtet, hat der Meister, der noch unter 40 ist, etwas gelandet, was mühelos zu den abenteuerlichen Unternehmungen eines weltweit einmaligen Kochkünstlers zählen darf. Michelinsterne haben damit wenig zu tun.


Ob es geschmeckt hat? Aber, ja doch!


Nachtrag: so sieht das Klopapier aus. Auch daran hat man gedacht.










Die Demokratie am Abrutschen.

Vergessen wir nicht, dass Adolf Hitler demokratich gewählt wurde, obwohl die Umstände besorgniserregend waren. Vergessen wir auch nicht, dass er demokratisch nicht wieder abgewählt wurde, sondern sich im Bunker das Leben nahm, als es keinen Ausweg mehr für ihn gab. Seit Jahren krebsen wir mit dem Gedanken herum, die Demokratie sei das einzige Mittel, Politik zu machen und den Willen des Volkes  zu honorieren. Hitler und seine Parteigenossen haben sich einen Dreck um den Willen des Volkes geschert. Sie nutzten demokratische Wahlen, um an die Macht zu kommen.

Oberdemokraten 
Jetzt operieren Nazisympatisanten wie Höcke, Petry, Meuthen und Storch mit der Idee herum, man könne sich frei äußern, schließlich lebten wir in einem demokratischen Land. Hier wir für jeden ernsthaft fühlenden Demokraten die Sache brisant. Wieviel Demokratie ertragen wir, wo sind die Grenzen, und was wollen wir? Wenn es heute möglich ist, mit Hilfe der Medien, vor allem der sozialen Medien, die Massen gegen Minderheiten aufzuwiegeln, ihnen Furcht und Unzufriedenheit einzuflößen, die Wirklichkeit zu verdrehen, dann haben wir eine Situation erreicht, die durch einfache demokratische Mittelchen nicht mehr zu bewältigen ist.

Hitler behauptete, die Juden seien an allem schuld. Die Versailler Verträge zerstörten die Existenz Deutschlands und die Welt wolle den Untergang unseres Landes. Diese Mischung von hassgeprägten und furchtgetriebenen Äußerungen bestimmten das Wahlvolk, das den Faschisten ihre Wünsche erfüllte, durch Wahlen, also ganz demokratisch.

Vater als Holocaustleugner 
Haben nicht die USA durch die Wahl eines Donald Trump gerade gezeigt, dass die Demokratie nicht mehr intakt ist? Eine nicht einmal raffinierte Mischung aus Charisma, Lügen und Verleumdungen reichte aus, mit einer fraglichen Mehrheit einen Menschen in die Präsidentschaft dieses Landes zu spülen, der in jeder Hinsicht unfähig zum Regieren ist. Wie kann die Demokratie so etwas in Zukunft verhindern? Dabei drohen ähnliche Gefahren in Holland, Frankreich und Deutschland. Der Brexit in England war ebenfalls scheinbar demokratisch zustande gekommen. Ein Austritt aus der EU, der durch weniger als 30 Prozent der vorhandenen Stimmen manipulativ herbeigeführt wird und sicher keinen Fortschritt bewirkt.

Erinnerungskulturbanause 
War es nicht Winston Churchill, der gesagt hat, dass die Demokratie die schlechteste Regierungsform sei, außer all den anderen, die davor ausprobiert wurden? So, oder ähnlich. Der bloße demokratische Gedanke, basierend auf der Gleichheit vor dem Recht, der Möglichkeit der Abwahl und der Achtung vor Minderheiten, um nur einige Grundzüge zu nennen, ist nicht mehr der Leitfaden für das Regierungsgeschäft. Der Zwist unter den Parteien und sonstigen Interessengruppen ist zu groß. Die Gegner beschnüffeln sich wie Feinde. Eifersüchtig beobachtet jeder jeden. Es müssen vermittelnde Elemente in den Meinungsstreit eingeführt werden.

Vielleicht sollten wir auf neue Töne aufmerksam werden.  Wie geht man miteinander um, wenn man miteinander auskommen möchte? Milliardäre können sich alles leisten. Auch den Streit um Besitz. Zu essen gibt es für sie genug. Arbeiten müssen sie nicht unbedingt. Die Reichen dieser Welt, etwa 1% der gesamten Weltbevölkerung weden keine Vorschläge zur Verbesserung von Demokratien machen. Sie können sich Besitz, Gänseleber, Sex und eigene Inseln leisten. Wenn sie geliebt werden wollen, müssen sie sich etwas einfallen lassen. Ungefähr so wie die ersten Christen.


Jede Gemeinschaft hat im Laufe der Zeit Werte entwickelt, die auf gegenseitiger Rücksichtnahme beruhen. Das geht bis hin zur selbstlosen Liebe, Achtung, Gastfreundschaft und Fürsorge. Jeder echte Staat erkennt dieses als Grundwerte an. Natürlich gehören Offenheit, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit dazu. Hinterhältige Wahlversprechen gehen da nicht. Mahatma Ghandi wäre der Führer einer solchen Demokratie, nicht ein Donald Trump oder eine Marine Le Pen. Hatten die Blumenkinder von einst nicht propagiert, Liebe zu machen sei besser als Krieg zu führen? Auch die frühen Christen kamen diesen Idealen sehr nahe. Ich glaube, eine moderne Demokratie kann nur bestehen, wenn die Liebe einer ihrer Grundpfeiler ist.








Mittwoch, 22. Februar 2017

Patrik Stewart und mein Vater

Es ist ein wenig unfair, den Vater mit Captain Picard zu vergleichen, der die Enterprise in der Serie Star Trek führte, während Papa außer einem Autounfall, der ihn für drei Wochen ins Krankenhaus brachte, nichts Verkehrsmäßiges aufzuweisen hatte. Ich behaupte oft, dass Papa nie ein Ei abgekocht hat. Auch einen Nagel sah ich ihn nie an die Wand klopfen. Das war nicht seine Art. Er war ein bewunderter Lehrer und eine Autorität. Schwer zu glauben war seine Sportkarriere, vor allem als Hockeyspieler. Sein Sohn hatte damit nie etwas am Hut, und er trägt auch keinen solchen. Nichteinmal bei regennassen Anlässen. Papas Haupthaar war wie eine dicke schwarze Wolke, die den wichtigsten Teil des Körpers zu bedecken schien.

Captain Picard 
Mein Vater schwärmte für das Weltall, wusste alles darüber und erzählte mir von den unendlichen Weiten des Alls. Patrick Stewart hingegen gilt in der Filmwelt als Glatzenträger. Einmal soll er eine Rolle gespielt haben mit Haaren auf dem Kopf, was er fürchterlich fand. Captain Picard von der Enterprise gilt mit der Blöße am Kopf fast als Sexsymbol, während Papa mit seiner stolzen Frisur nichteinmal ins Kino ging, weil er seit seinem Autounfall an Platzangst litt.

Papa mit seinen Schwestern 
In Patrick Stewarts Erinnerungen spielt der Vater eine dunkle Rolle. Er schlug Patricks Mutter, wenn ihn die Wut packte, meist an den Wochenenden, wenn er angetrunken nach Hause kam. Obwohl als Kind nicht selbst geprügelt, muss dem Sohn ein kindliches Trauma geblieben sein, denn nicht nur setzt der Star sich heute gegen den Gebrauch von häuslicher Gewalt ein, sondern er hatte zunächst auch Schwierigkeiten damit, die Rolle eines echten Bösewichts glaubhaft zu spielen. Papa gab allenfalls mal den Nikolaus. Angst einflößend war das nicht. Und bei mir und meiner Schwester war von häuslicher Gewalt keine Rede. Erst, wenn ich mit meinen Kameraden sprach, ahnte ich jedoch, was Prügel zuhause bedeuteten.

Gewaltfrei 
Es ist natürlich auch wichtig, ein Ei kochen zu können, vor allem als Mann. Für Kinder ist es aber wesentlich, dass sie ohne Angst leben und den Eltern, auch dem "starken" Vater voll vertrauen können. Nur einmal hatte ich als Kind etwas ausgefressen, was mich väterliche Strafe befürchten ließ. ch war vielleicht um die 10 Jahre alt. Er kam auf mich zu und sagte lächelnd: siehst du, was du angerichtet hast? Man stelle sich Donald Trump als Captain Picard in der Enterprise vor. Spock oder ein Vulcan würden wohl sehr schnell die entsprechenden Knöpfe drücken, um den Schleudermechanismus auszulösen. Ich als sein Sohn (Gottverhüte!) hätte größte Bedenken, ihm nicht mit meinem linken Bein einen Tritt zu versetzen, denn auch ich bin ernsthaft gegen jede Gewalt.




Dienstag, 21. Februar 2017

Händedruck und Charakterstimme.

Ich werde ihm wohl nie die Hände schütteln, selbst wenn er sie mir entgegenstreckte. Ich habe den Händedruck schon verweigert, wenn der Händehalter mir nicht passte. Doch als Kind wird man  dazu gezwungen, wenn möglich noch mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht. Mit 10 habe ich einem honorigen Herrn (für mich war er ein Schwein) den "Diener" verweigert und er drückte mir den Kopf nach unten. Das war meine letzte Andeutung eines Dieners. Es kann nichts so menschlich Hochgestelltes geben, dass man sich davor verbeugen muss. Ein freundlicher, ja warmer Händedruck, und/oder ein ehrliches Lächeln tuns auch.


Man kann über ihn sagen was man will, aber eine sanfte, fast gewinnende Stimme hat er. Man möchte ihm vertrauen. Doch dann hört man, was er sagt, traut seinen Ohren nicht, und möchte ihm auch nicht mehr die Hände schütteln, denn der point of no return scheint erreicht. Wahrscheinlich hat er sich mit seiner Stimme in die Herzen mancher vertrauensseliger Mitbürger eingeschlichen. Ich weiß, dass das geht.

Ich musste oft von Straßburg aus völlig unbekannte Gesprächspartner in Paris anrufen. C'est de la part de qui? wurde ich oft unfreundlich angeherrscht. Doch meine unbekannte Stimme leistete Großes: der feindliche Ton machte einer sachlicheren, ja fast vertaulichen Version Platz, und das Gespräch konnte stattfinden. Als dann ein Kollege, der auch Toningenieur war und Aufnahmen mit mir machte, zu mir sagte: ich liebe deine Stimme, war mir klar, dass ich mit diesem Kapital wuchern konnte.

Ich muss 13 gewesen sein, als ich mich von meinen Schulkameraden per Handschlag verabschiedete, weil meine Eltern in eine andere Stadt zogen und ich in eine neue Realschule gehen musste. Mein Herz war schwer. Sie hieß unromantisch Rosa, war die letzte meiner Klasse, die mich verabschiedete.  Ein tiefer Blick, der mich überraschte, und ein intensiver Händedruck bleiben bis heute in der Erinnerung. Hände und Stimme, beides sind Körpersprache. Beides sagt Wesentliches, wenn nicht gar  alles über den Charakter eines Menschen aus. Der verräterische Judaskuss hat da keine Chance, außer, dass er eine glitschige Version von Lüge ist. Dagegen küsste mich mein alter Lateinlehrer väterlich auf die Stirn und sagte bei der Übergabe meines Zeugnisses: Bleib anständig. Mach weiter so.

Wer die Stimmen Hitlers, Mussolinis, Goebbels und etwa Nigel Farages aus England irgendwie im Ohr hat, weiß, was das Verräterische daran ist. Ein lascher Händedruck verrät sich ebenfalls sehr schnell. Was dieser nicht mehr ganz neue Präsident schon alles über sich verraten hat, ist mehr als genug. Deshalb wird ihm die Welt nicht vertauen können. Schweigen ist Gold, auch wenn seine Türme eben dieses Edelmetall vorzutäuschen vermögen. Und: es ist nicht alles Gold was glitzert.







Montag, 20. Februar 2017

Orangen wollen geschält werden.

Als ich das Haus auf Zypern erwarb, fiel mir auf, dass man auf dem Markt von Kyrenia/Girne, oder auch ganz in meiner Nähe in Bellapais, 3-5 Kilo schwere Plastiksäcke voller Orangen kaufen konnte. Der Staub der Felder war ihnen noch anzusehen. Die Orangen waren relativ klein aber ungeheuer saftig. Nachdem ich sie gewaschen und halbiert hatte, presste ich sie in meiner Handpresse aus. Wenn ich mich richtig erinnere, bewegte sich der Ertrag um die 1-2 Liter Orangensaft. Der Genuss dieses Saftes machte süchtig, ließ Bier und Wein vergessen.

Ich habe den Granatapfel vergessen 
In der deutschen Heimat konnte man überall die herrlichen spanischen Naveles kaufen. Drei Stück ergaben ein Kilo. Die Schalen waren sehr dick, wohl, weil man sie wachsen ließ, bis die Süße der Früchte vollkommen war. Das Schälen war fast ein erotisches Vergnügen, der Verzehr eine Wonne. Gibt es außerhalb Spaniens noch Naveles zu kaufen? Oder Apfelsinen, wie die Norddeutschen sagen. Meine erste Orange erhielt ich von meinem Vater, der von Freunden eines Tages aus Nordafrika ein hölzernes Kistchen geschickt bekam. Darin hatten gerade 9 Orangen Platz. Meine Augen müssen übergroß gewesen sein, als ich die Orangen sah, denn Papa gab mir sofort eine und sagte, ich schäle sie dir. Seit dieser Zeit bin ich ein offizieller Freund der Orange.


Hier in England ist das nicht anders. Neben den Pomelos, Satsumas, Mandarinen und Blutoragnen fände man auch gerne die Naveles aus Spanien im Angebot. Nichts dergleichen! Naveles scheinen schon seit Jahren wie ausgestorben. Das ist wie mit den Weinbergpfirsichen. Die besten Pfirsiche der Welt! Warum versucht die rührige Obstindustrie nicht, die köstlichsten Früchte dieser Erde in großem Umfang anzupflanzen? Stattdessen gibt es billige Bananen, die noch grün sind, wenn sie ihre Reise hinter sich haben. Sind sie gelb, haben sie keinen Geschmack. Ein indischer Freund brachte von seinen Heimatreisen, einmal im Jahr reife Mangos mit, die an Köstlichkeit nicht zu überbieten waren. Die heute im Supermarkt erhältlichen faserfreien Früchte, etwa aus Brasilien, erinnern kaum mehr daran, wie eine Mango schmeckte. Man ist gerade dabei, auch die Mangos zu zerstören.


Jetzt zur Erdbeere. Die besten gab es in unserem Garten. Sie mussten warten, bis sie reif waren. Mama machte dann gerne eine Erdbeertorte, ließ aber auch genügend Früchte auf dem Teller für Kinder und Papas. Szenenwechsel: das Ende des Winters ist für den 29. Februar angesagt. Hier, in Yorkshire, kann man sich massenhaft frische Erdbeeren im Supermarkt kaufen: ohne Geschmack, doch leicht säuerlich, oben rötlich und die Hintern noch schamlos weiß. Unsere lieben Mitmenschen, die das Zeug als Verkünder des Frühlings kaufen, haben das nicht verdient. Die schwarzen Johannisbeeren in unserem Garten, mussten mit der Ernte warten, bis sie bedenkliche Zeichen von Überreife zeigten. Dann wurde daraus eine herrliche Konfitüre gemacht.


Was ist wohl in uns gefahren, dass wir jedes freche Angebot auf dem Obstmarkt annehmen müssen? Wo sind meine Naveles? Hat nicht Donald Trump sich seinen goldenen Trump Tower  in New York mit Erdbeeren aus Costa Rica erworben? Oder mit Bananen aus Island? Die neueste Katastrophe in Schweden herbeifantasiert? Oder, habe ich wieder etwas nicht verstanden? Warum ist die Welt so widerlich geworden? Kann es sein, dass wir alle ein wenig daran schuld sind?








Samstag, 18. Februar 2017

Liebe Amerikaner

Es ist nicht so, dass alles was aus Amerika kommt, gut ist. Heute erhielt ich von Freunden in den Staaten einen Artikel geschickt, in dem dargestellt wird, dass deutsche Touristen zur Zeit nicht in die Staaten reisen wollen, weil Euer Präsident nicht alle Latten am Zaun hat. Schon unter Bush, dem Jüngeren, war manchem sauer aufgestoßen, dass wie gedruckt gelogen wurde. Es ging um die Frage, ob Saddam Hussein im Irak über Massenvernichtungswaffen verfügt, die den "Weltfrieden" bedrohen  könnten. Keine amerikanische Fehleinschätzung einer militärischen Lage war das Problem, sondern, dass offiziell gelogen wurde, um befreundete Nationen mit in einen Krieg zu ziehen, den niemand wollte. Im Falle Deutschland und Frankreich ging das schief. Die beiden machten nicht mit.

Massenvernichtungswaffen? 
Dann die 4 Milliarden Dollar, wöchentlich, die im Irak in die Aufrechterhaltung der Ordnung nach dem verbrecherischen Regime Saddam Husseins in das Land gesteckt wurden. Man stelle sich vor: wöchentlich 4 Mrd Dollar amerikanische Steuergelder.  Oder waren es mehr? Wem kann man da glauben? Die größenwahnsinnige Einstellung der amerikanischen Politik wurde da so richtig sichtbar. Auch die Arroganz der Großmacht. Und die Sorglosigkeit, mit der man Milliarden verpulvert. Eine wöchentliche Milliarde für die Verbesserung der Lage der armen irakischen Bevölkerung hätte im Jahr 365 Mrd Dollar Hilfe ergeben. Völlig unvorstellbar.

George Dabbelju Bush, schon vergessen? 
Wenn dann einer Präsident wird, der Amerika wieder groß machen möchte, wie er gebetsmühlenmäßig verkündet, wird vor aller Welt sichtbar, dass hier etwas nicht stimmt. Niemand hat etwas dagegen, sein Land zu lieben, obwohl übertriebener Patriotismus schnell zum Himmel stinkt. Aber alles Bisherige auf den Kopf zu stellen, ist sicher kein Weg, das eigene Land zu sichern, und alliierte Freunde grundlos zu vergraulen. Was dieser Donald Trump an Selbstüberschätzung und an ungeheuren Behauptungen bisher von sich gegeben hat, ist beängstigend. Hier wird mit dem Hammer auf alles eingedroschen, was nicht nach einfältiger Amerikaliebe aussieht.

Geht's nicht etwas kleiner? 
Die Pressekonferenz von gestern gibt nicht gerade Hoffnung, dass dieser Politschwärmer noch die Kurve kriegen könnte. Bei allem wohlmeinenden Verständnis eines Großteils der Weltbevölkerung muss befürchtet werden, dass  das Maß bald voll sein wird. Wenn man seine amerikanischen Freunde auf Dauer nicht verlieren möchte, muss ihnen klar gesagt werden, dass die Zeit für diesen Spinner eigentlich schon abgelaufen ist. Diplomatisches Hin- und Hergerutsche kann da auch nicht mehr helfen. Liebe Amerikaner, es ist scheißegal, wieviele von Euch noch ahnungslos hinter ihm stehen. Habt den Mut, mit diesem Herrn Tacheles zu reden und ihn in Würde zu verabschieden.





Freitag, 17. Februar 2017

Zypern, immer wieder Zypern.

Die immer noch geteilte Insel, die drittgrößte im Mittelmeer, liegt nur wenige Kilometer vor der asiatischen Küste. Bei gutem Wetter kann man die Türkei, Syrien und Israel sehen. Das Wetter ist meist gut, die Sonne scheint auch im Dezember und Januar, im Juli-August brennt sie eher heiß. Ein französischer Freund hatte mich eingeladen, einen Resturlaub bei ihm zu verbringen, den mir meine Verwaltung sonst für immer gestrichen hätte. Also flogen wir über Istanbul nach Ercan (Ertschan), einem Flughafen auf der türkisch-zyprischen Nordseite der Insel.

Die Festung von Kyrenia 
Nur eine Woche hatte ich, während mein Freund Felix sich einen längeren Aufenthalt in seinem herrlichen Bergnest mit Meeresblik leisten konnte. Zwei einzelne Herren, die zusammen des Französischen, Deutschen und auch der englischen Sprache mächtig waren, verbrachten sonnige Tage im Oktober des Jahres 1990 auf dieser Insel. Es duftete nach Jasmin, und am Abend nach allerhand natürlichem Parfüm, das die Natur großzügig in unsere Nasen wehte. Dazu kam der überwältigende Blick über Bellapais, aus etwa 400 Metern Höhe bis hin zur Küste.


Wir fuhren täglich die etwa 20 km zu unserem Lieblingsstrand. Die Temperaturen stiegen manchmal bis 30°C, das Meer blieb in der Regel bis in den Dezember hinein für Schwimmer angenehm. Am Strand aßen wir umständlich zu Mittag. Oft waren wir die einzigen Besucher. Sezgin sagte uns, was sie anbieten konnte. Meist waren es Mezes, gefolgt von kleinen Lammkoteletten, Gemüse und Salat. Dazu leisteten wir uns eine Flasche Yakut-Rotwein aus der Türkei und einen türkischen Kaffee.


Bei den Späziergängen in den Bergen oder am Strand trafen wir auch Vipern, die sich totstellten und denen man aus dem Weg gehen musste, oder die bis zu zwei Meter langen Anatolischen Pfeilnattern, die harmlos waren und auch schnell die Flucht ergriffen, wenn man sich näherte. Der Ort, der uns am meisten anlockte, war Kyrenia, von den Türken Girne genannt. Eine venezianische Festung beherrschte den kleinen Hafen der Stadt, der mit seinen Cafés und Gasthäusrern alle anlockte, die im Umkreis von einigen Kilometern in dieser reizvollen Landschaft wohnten.

Eine traumhafte Insel, politisch in einen größeren griechisch-zyprischen und einen türkisch-zyprischen Teil getrennt. Nachdem die Insel 1959 die Unabhängigkeit von Großbritannien erreicht hatte, brach der Konflikt zwischen den beiden Ethnien offen aus. Die griechische Mehrheit wollte zu Griechenland, die türkische Bevölkerung, etwa ein Drittel, wehrte sich dagegen. Schließlich gehörte die Insel auch über 300 Jahre dem osmanischen Reich an. Bei der Unabhängigkeit wurde vereinbart, dass Griechenland und die Türkei jeweils die Garantiemächte für die Sicherheit der beiden Inselethnien sein sollten. Nach schweren Diskriminierungen der Minderheit, besetzte die Türkei einen Teil der Insel, der später zur Republik Nordzypern umbenannt wurde. Seitdem sind die Probleme auf der Insel ungelöst.


Ein Versuch des Generalsekretärs Kofi Annan, durch ein Referendum die Annäherung der beiden Seiten zu bewirken, scheiterte 2004 an der Ablehnung durch die Griechisch-Zyprer. Es wird zwar wieder verhandelt, doch eine 100prozentige Einigung wird es nicht geben. Griechisch-orthodox und türkisch-muslimisch können einfach nicht friedlich gemischt miteinander leben. Das Ideale wäre eine föderative 2 Staatenform, bei der die Modalitäten genau ausgearbeitet sind und eine neutrale Instanz den Frieden garantiert. Das kann noch Jahre dauern. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union reicht da nicht aus.


Meine sofortige Verliebtheit in diese Insel führte schon im Jahr nach meinem ersten Besuch dazu, mir ein Haus zu kaufen. Ich verbrachte, sobald ich Ruheständler wurde, insgesamt etwa 2 Jahre dort. Erst als Cath voll in mein Leben getreten war, gaben wir das Paradies wieder auf. Zypern ist, wer versteht das nicht, ein wenig zu einer Rentnerkolonie für Engländer geworden, ähnlich der Insel Mallorca für sonnenhungrige Deutsche. Das hat seine Nachteile, nicht nur was die Lebenshaltungskosten betrifft. Der leicht dominante konservative Anteil der sogenannten Expats, gefällt nicht allen. Cath wollte nicht bei jedem Gang zum Gasthaus, Strand und beim Einkauf mit der Kolonialgeschichte ihres Landes zu tun haben.


Jetzt sitzen wir im winterlichen Yorkshire und träumen von der anderen Insel. Zypern, ein Paradies auf Zeit, in dem die Sonne statistisch an 360 Tagen hellleuchtend auf- und untergeht. Grau und kalt kann das Leben hier in Yorkshire sein. Wann werden wir es schaffen, wieder einmal für ein paar Tage auf Aphrodites Insel zu sein, Chamäleone und Schildkröten zu studieren und die Düfte von Pakistani Night einatmen? Pakistani Night ist, was eine unscheinbare grüne Pflanze nach Sonnenuntergang verströmt, einer der vielen betörenden Düfte dieser Insel zwischen Europa, Asien und Afrika.