Freitag, 30. März 2012

Karl May und der Weg dorthin

Hat er nicht das beste aus uns herausgeholt? Wir standen im Schulhof, beendeten unsere Gespräche mit "Hugh, ich habe gesprochen" und fanden die Mädchen doof, weil sie Trotzkopf und Heidi lasen. Mit dem Schacher um die über 60 Karl May Bände war nicht zu spaßen. Man hatte Wartezeiten bis zu mehreren Wochen, bis man endlich Band 3 Im Reich des silbernen Löwen ergatterte. 600 Seiten. "In zwei Tagen brauche ich ihn wieder, denn meine Schwester hat ihn ihrem Freund geklaut. Wenn der dahinter kommt habe ich ein Problem". Dafür musste ich meinem Freund Durchs wilde Kurdistan leihen, das ich von Heide bekam, das einzige Mädchen in meiner Knabenwelt, das Karl May las. Sie trug auch Lederhosen, kletterte auf Bäume, und ihre Mutter sagte immer zu ihr: "An dir ist ein Junge verloren gegangen".


                                                        Am Rio de la Plata


Ich selbst gehörte zu den armen Hunden, die lediglich den dritten Band von Winnetou ihr Eigen nannten. Damit waren kaum Geschäfte zu machen. Andererseits schaffte ich es immer wieder, einen Karl May mit nach Hause zu nehmen. Dort fing der Kampf erst richtig an. Am Rio de la Plata wurde raffiniert versteckt, bis die Hausaufgaben gemacht waren. Dann, nach dem Abendessen, schützte ich Müdigkeit vor. Fernsehen gab es zum Glück noch nicht. Dafür aber Am Rio de la Plata. Mit einer Taschenlampe im Schlafanzug verzog ich mich, verdächtig früh und begab mich unter die Bettdecke. Natürlich musste ich darauf achten, dass ich den mütterlichen Kontrollgang nicht verpasste, denn sie schaute immer nach, ob ich schon schlief. Das wurde ihr dann perfekt vorsimuliert, bis ich wieder weiterlesen konnte. Die Batterie war oft leer, wenn die 600 Seiten gelesen waren. Mit geröteten Augen ging es dann an den Frühstückstisch, wo wenig darauf geachtet wurde, wie müde man aussah. Schließlich mussten die Kinder (meine kleine Schwester und ich) rechtzeitig zur Schule. Dort wurde Am Rio de la Plata diskret zurückgegeben und später Der blaurote Methusalem in Empfang genommen. Einen dieser Bände konnte ich auf der Fensterbank bei Vollmond lesen. Kein Wunder, dass ich eine Erkältung bekam, und als Langzeitfolge, eine Brille tragen musste.




Danke, Karl May. Du hast viele glücklich gemacht. Ich pfeife auf die hämischen Bemerkungen Arno Schmidts, des Verfassers von Zettel's Traum, einem grandiosen aber völlig verrückten Werk, der in einer psychologischen Studie, "Sitara und der Weg dorthin", unseren geliebten Karl May als Homoerotiker zur Schnecke machte. Natürlich wusste wir damals schon, längst erwachsen geworden, dass bei Karl May kaum Mädchen vorkamen (ich  las ja auch die Bücher meiner Schwester, wo es nur so von Mädchen wimmelte), aber das fiel uns kaum auf, denn wir waren die Freunde von Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand, und nicht von irgendwelchen Mädchen. Die großspurige Männerehre lernten wir von Hadschi Halef Omar  Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Davud Al Gosara, und den vornehmen Charakter der Rothaut Winnetou machten wir uns zum Vorbild. Da war kein Platz für Mädchen. Dass Arno Schmidt mit seinen nicht ganz unbegründeten Unterstellungen uns im Nachhinein Karl May madig machte, war nicht nett. Viele von uns haben noch geschluckt, als uns schon der Adamsapfel gewachsen war.

Zweihundert Millionen Karl May Bücher wurden gedruckt. Jetzt ist dieser Autor hundert Jahre tot. Was uns bleibt, sind die Erinnerungen an einen seltsamen Aufschneider, einen mittleren Betrüger, einen total verlogenen Reiseschriftsteller, der uns Jungen von damals in wilde Träume versetzte und auf abenteuerliche Reisen mitnahm. Vielen Dank, Karl May.

Donnerstag, 29. März 2012

Ihr Schnarcher, hört genau hin!

Ich meine das, wie ich es sage, obwohl man das eigene Sägegeräusch, gar im Traum, nicht selbst hört. Ein Partner oder eine Partnerin, es darf auch die Ehefrau sein, oder ein gleichgeschlechtlicher Mitbetroffener, sind am besten geeignet, über die Schnarchgewohnheiten des jeweils anderen Aussagen zu machen.




Noch habe ich im Fernsehen keine Panik verbreiten wollende Werbung zum Thema gesehen. Das liegt jedoch in der Luft. Bei meiner Hausärztin finde ich heute ein achtblättiges Faltblatt, während ich im Warteraum sitze. "Schnarchen...ist lästig...schadet Herz % Kreislauf...mindert Lebensqualität". Gewöhnlich bin ich immun und auch allergisch gegen Gesundheitsflyer, bei denen man im Anschluss seinen Arzt oder Apotheker befragen muss. Hier, auf der letzten Seite, stand: "Selbsthilfegruppen Schnarchen-Schlafapnoe des Landesverbandes Baden-Württemberg e.V." Zwölf solcher Verbände sind aufgeführt, einer davon ganz in meiner Nähe. Welche Wohltat, nicht eine Pharmafabrik genannt zu bekommen, bei der man sich bedienen kann, wenn man Abhilfe sucht. Motto: Schnarchen kann tödlich sein.

Also Schnarchen und Schlafapnoe gehören irgendwie zusammen. Wer hätte das gewusst? Ich schnarche schon seit Jahrzehnten. Meine Frau, die, wenn zuhause, noch nie woanders als neben mir geschlafen hat,  bezeugt, freundlich und verständig wie sie ist, dass ich schnarche. Jede Nacht. Ich leugne das aus Prinzip, aber nur ganz schwach. Klaglos legt sie sich zwei kleine Wachsstöpsel in die Ohren, die sie beim Erwachen automatisch wieder herausnimmt. Ich bin also ein glücklicher Schnarcher, denn mich trifft kein Vorwurf.


Bei Durchsicht  dieses Faltblattes jedoch wird mir schwummrig, denn, Schnarchen kann ein Symptom für eine gefährliche Krankheit sein, nämlich, wenn durch Erschlaffung der Schlundmuskulatur die Luftröhre blockiert wird. Nicht nur bei Älteren und Übergewichtigen kann das passieren. Dann wird nicht mehr geatmet, obwohl das Zwerchfell weiterarbeitet. Diese Atempause nennt man Apnoe. Wer folgendes bei sich feststellt oder von dem Mitschlafenden es bestätigt bekommt, sollte sich kümmern: Tagesschläfrigkeit, Konzentrationsschwäche, Gedächtnisstörungen, Kopfschmerz beim Erwachen, Nachtschweiß, häufiges nächtliches Wasserlassen, gesteigerte Reizbarkeit, morgens Schwindelgefühl. Dabei treten nicht immer alle Symptome auf. Herauszufinden, was Sache ist, sollte Ehrenpflicht jedes Schnarchers sein.

In leichten Fällen hilft schon ein zahnärztlicher Schnarchschutz und eine Beatmungsmaske bei Schlafapnoe. Um mehr Information zu erhalten, pirsche man sich vorsichtig ins Internet (www.schnarcherhilfe.de) und sucht sich die Therapie zusammen. Viele Betroffene können da schon helfen bevor sie ihren A. o. Apoth. fragen, der vielleicht komplizierte und teure Antworten auf einfache Fragen hat. Ich werde es jetzt einmal mit dem preiswerten Schnarchschutz versuchen. Ein Japaner, der in der Pariser Metro einen Mundschutz trägt, schämt sich schließlich auch nicht.

Mittwoch, 28. März 2012

Adolf Hitler und das Mikrofon

Lasst uns sachlich bleiben, es gab schon Fernsehen, sogar öffentliches, in Berlin, aber schwarz-weiß, und so gut wie niemandem zugänglich, im Jahr 1936. Auch Radio, Film, Fotografie, Telefon und Zeitungen. Was es nicht gab, waren Internet, Farbfernsehen, Transistoren, die den Empfang auf der Toilette oder beim Joggen möglich machten, und natürlich Mobilfone, mit denen man jederzeit jeden über alles anquatschen kann.


                                                   Mahnmal in Nürnberg


Der arme Adolf Hitler: er musste in Mikrofone schreien ("Mein Volk, patatipatata.."). Damit wirkte er auf dem Nürnberger Reichsparteitagsgelände, wie der große Erlöser, der seine Botschaft in klaren Worten unverständlich machte. Nur wer wollte, konnte den Führer verstehen. Und das waren auf dem ersten nationalsozialistischen Reichsparteitag, 1934, sehr viele. Frauen mit verklärtem Blick. Männer, zu allem entschlossen. Kinder als zukunftsweisende Elite, die Mädchen mit reizenden Zöpfchen, fast alle blond, die Jungs mit kurzem männlichem Haarschnitt, die Körpersprache deutete Testosteron an, wo es keines gab.

Ich sah neulich den Film von Leni Riefenstahl wieder, "Der Wille zur Macht", ein Doku, würde man heute sagen, im Auftrag des Führers. Da Leni eine begabte Filmemacherin war, hat sie alles in diese Arbeit gesteckt: Zwischenschnitte mit Hermann Göring, Rudolf Hess, Göbbels ... und viele unbekannte Gesichter, die Begeisterung zeigten. Immer wieder geballte Männlichkeit, die Leni so bewunderte, und den Führer selbst, Kinder tätschelnd, aufrecht im Wagen stehend, hinter dem Mikro posierend. Es fällt auf, dass der deutsche Gruß im wesentlichen in drei Ausführungen praktiziert wurde. Der Führer stand im Wagen, sein rechter Arm schwenkte scharf nach rechts aus. Der Arm galt denen, die den Straßenrand säumten. Der Führer befand sich frontal vor der Masse: sein rechter Arm wippte steil ausgestreckt nach oben. Der Führer saß und gab sich entspannt: der Arm beugte sich, die Hand zeigte nach hinten oben, als hielte sie eine wertvolle Frucht (in der Karikatur wurde daraus das imaginäre Anheben eines Frauenbusens). Die Zeit war auf Pomp eingestellt.

Hätte der Führer kein Mikro gehabt, wäre er nach seiner ersten langen Rede heiser gewesen. Einige wären eingeschlafen, andere hätten lauter (als er) brüllen können, etwaige Protestler. Hätte er sein Buch "Mein Kampf" nicht geschrieben, niemand hätte es gemerkt. Bei meinen Eltern fand ich dieses Buch, als der "Feind" schon im Lande war. Es wurde ungelesen weggeworfen, und ich musste mir das einzig vorhandene Exemplar in der Unibibliothek in Freiburg holen, um es Seite für Seite dort lesen zu können. "Mein Krampf" hätte ich dieses Buch genannt. Emotionale Enthüllungen eines Unreifen. Unnötiges Charisma. Ohne Buch ging es halt damals schon nicht. Fehlerhafter, bedeutungsloser Unsinn, dieses Buch.

Adererseits, hat Charlie Chaplin im Großen Diktator diesen Charismatiker so getreu dargestellt, dass das deutsche Volk sich vor Lachen den Bauch gehalten hätte, statt ehrfurchtsvoll zu den Urnen zu gehen. Zum Reichskanzler haben sie ihn gemacht. Wer Leni Riefenstahls Film gesehen hat, versteht auch, dass die gezeigten Nazigrößen 1934 noch keine Kriegsverbrecher waren. Man hätte sie vielleicht noch ausbremsen können, aber der Mut fehlte. Dann ging es geradewegs in den Abgrund. Wieviele Millionen sind Opfer dieses Wahnsinns geworden? Eine Partei, die auch nur halbwegs diese Nazivergangenheit nostalgisch wiederbeleben möchte, muss von der Demokratie ausgeschlossen, d.h. verboten werden.

Dienstag, 27. März 2012

Krank nach Indien - gesund wieder nach Hause




"Ach, sie fahren nach Indien? Haben sie sich das gut überlegt"? Das sagen Ärzte gerne, wenn man sie fragt, was man für seine Gesundheit tun kann. Gefährlich ist es aber nicht, vorausgesetzt, man hält sich an gewisse Grundregeln: Hygiene beachten, also kein unbehandeltes Wasser trinken, auf Moskitostiche achten und keine offenen Wunden mit sich herumschleppen. Auch einen Schnupfen kann man in Indien bekommen, oder einen Schlangenbiss, oder von einem Elefanten umgeschubst werden....Man ist als Europäer gegen vieles eben nicht immun, vor allem Bakterien. Dafür kann man in Europa leichter von Rheuma befallen werden.




In Europa neigt man dazu, Krankheiten in körperliche, psychische oder psychosomatische Gebrechen einzuteilen. Die entsprechende chemische Keule scheint unumgänglich, denn die Pharmaindustrie hat alles fest im Griff. Andererseits entdecken mehr und mehr Menschen die Wohltaten der Ayurveda-Medizin, eine chemiefreie Heilkunst, die aus Indien kommt und im Südstaat Kerala besonders ausgeprägt ist. Diese uralte, ganzheitliche Heilmethode beruht dort auf zwei wesentlichen Merkmalen: der Körper soll von Giften gereinigt werden, die sich durch falsche Ernährung und unausgewogenen Lebensstil angesammelt haben; dann soll das fehlende Gleichgewicht im Körper mit pflanzlichen Mitteln wiederhergestellt werden, mit Hilfe von Pflanzenölen und verschiedenen Massagetechniken. Dazu gibt es eine spezielle Ernährung und eine kraftvolle , tägliche Ganzkörpermassage. Näheres ist in dem Buch "Indien - Der Süden", herausgebracht von Stefan Loose (Travel Handbücher) nachzulesen. Über Risiken und Nebenwirkungen fragen sie vor allem nicht den Arzt oder Apotheker, denn sonst landen sie wieder bei den Pharmakonzernen. Indien ist billiger, braucht jedoch für die Heilung manchmal etwas länger.





Samstag, 24. März 2012

Samstag ist's, und Frühling!

Man wird nicht fertig damit: diese Freude, diese Sonne! Sie wärmt, lässt träumen und treibt die Triebe aus den Pflanzen. Die ersten Aprikosenblüten sind schon im Garten. Da, auch die Veilchen. Der Rasen ist schon vertikultiert. Oder nennt man das anders? Ein stahlbläulicher Hauch, Dunst, Schimmer liegt über allem.


Vielleicht ist es verwegen, jetzt schon an die Bohnen zu denken. Diesen importierten Dreck im 400 Grammbeutel nicht mehr anrühren müssen. Nein, auch die naturschädigenden Erdbeeren, die wie vergiftete Leckerbissen aussehen, werden nicht gekauft. Spargeln aus Holland? Jetzt? Niemals! Warten wir, bis das Land sie im Übermaß anbietet. Aber die Ungeduld wächst. Wir müssen hinaus, diese Wärme in den noch lichten Wäldern genießen. Warum nicht auf der Terrasse sitzen, ein Bier trinken? Oder den Wein, der so herrlich schmeckt. Ein Gläschen zuviel? Na, und!

Es ist eben Frühling. Da ticken sie wieder anders, die Uhren. Wie schön, wenn man eine Geliebte hat. Oder einen Liebsten. Ich habe eine. Nach vier Tagen Abwesenheit in einem östlichen Land trudelt sie heute wieder ein. Meine Gefühle schlagen Purzelbäume. Ich muss noch die Forsythien schneiden. Sie blühen schon. Einen üppigen Strauß werde ich ihr ans Bett stellen. Dann hoffe ich, dass die sprichwörtliche Frühjahrsmüdigkeit nicht sofort zuschlägt. Samstag ist's, und Frühling.



Hugh, Gauck hat gesprochen

Der neue Bundespräsident ist vereidigt. Seine Rede wollte uns allen Mut machen, die angeborene Feigheit unserer Mitbürger mildern und denen, die rechten Terror wollen, klarmachen, dass wir "ihnen unsere Angst nicht schenken". Dass die Geschichtsbewältigung der Deutschen defizitär ist, hat Gauck auch gesagt, und, dass er unser Land für ein "Demokratiewunder" hält.




Die Kaffeesatzrührer werden noch einige Zeit zu tun haben, um Dinge aus dem Zusammenhang zu reissen. Das kann ihm nicht schaden. Beate Klarsfeld wurde nicht erwähnt, der Vorgänger, ein wenig schmeichelhaft zwar, aber angemessen. Das schadet auch niemandem. Wir haben also einen Präsidenten, den man ruhig alleine lassen kann. Ich werde mir solche Reden nicht mehr anhören, denn was er sagt, kann man ohne Aber gutheißen. Wir haben einen Präsidenten zum Herzeigen. Wenden wir uns wieder anderen Themen zu. 

Freitag, 23. März 2012

Equal Pay Day - dass ich nicht lache!

Vor grauer Vorzeit fand man in Frankreich, dass es ein Problem mit den Frauen gibt. Dann hat man das Ministerium "pour la condition féminine" geschaffen. Ob es das heute noch gibt, will ich gar nicht wissen. Aber typisch. Da ist der Equal Pay Day, der aus Amerika kam, viel besser: es gibt ihn auch schon lange. Heute, am 23. März, ist der Tag, bis zu dem statistisch und weltweit Frauen wegen des niedrigeren Einkommens praktisch umsonst arbeiten müssen. Eine bayrische Sozialministerin gab dazu ein Interview. Sie gab dem die Fragen stellenden Mann irgendwie recht. Die Dinge sind halt so. Außer banalen Antworten scheint von der Politik zu diesem Thema nichts Neues zu kommen. Traurig.



Die Frauen sind jedoch selbst schuld. Sie wollen von Männern geliebt werden, nehmen Trinkgelder an, und wenn ihnen der Mann etwas zusteckt, rennen sie sofort in die Boutique und kaufen sich Tand. So geht das nicht. Auch bei Schwangerschaften seid ihr weitgehend arbeitsunfähig. Und das Müttergenesungswerk ist schließlich auch kostenlos. Ich sehe also nicht ein, warum Frauen unbedingt den gleichen Lohn haben müssen wie die Männer, die an der vordersten Front stehen, Autos reparieren, Traktoren und Rasenmäher bedienen und dann an der Bar kaum noch die Kraft haben, das wohlverdiente Glas zu halten.

Ist es nicht an der Zeit, mit brutalstmöglicher Vehemenz an diese schändliche Frage zu gehen?
Es hat sich herausgestellt, dass Frauen auch Menschen sind. Manche müssen sogar ihre Intelligenz verstecken, damit die Männer nicht neidisch und ungehalten werden. Wie wär's mit "gleicher Lohn für gleiche Arbeit", geschlechtsunspezifisch? Eventuell könnte man vereinbaren, rein symbolisch an jedem Monatsende den Frauen einen Euro abzuziehen, um die Ungleichheit fortbestehen zu lassen. Dafür würde dann der Boss (falls er ein richtiger Mann ist) als Ausgleich den  Mitarbeiterinnen einen nicht zu feuchten Kuss auf den Mund drücken. Irgendwie müssen WIR MÄNNER dieses Problem endlich lösen.


Donnerstag, 22. März 2012

There was once a girl.....


                                                                                   My sister, isn't she sweet?

A girl from Shanghai
There was once a girl from Shanghai,
Who suffered and asked herself why?
And then she found out,
She`d married a kraut,
And suddenly  wanted to die.




 The Girlie from Berlin
There was once a girlie from Berlin
She found a most beautiful pearl in
A box that was her`s
And what was still worse:
The pearl in the box sucked the girl in.



Das Mädchen aus Dortmund
Es war mal ein Mädchen aus Dortmund.
Das rannte ganz traurig dort fort und
Ging auf einen Tanker.
Und liebte `nen Punker,
Sie tat es zunächst nur an Bord kund.






Dienstag, 20. März 2012

Lasst Gauck in Frieden!



Am Freitag wird er seine Rede halten. Da wird für Kaffeesatzschnüffler und Kremlauguren genug drin stehen. Was ich schon jetzt zu wissen glaube - und dieser Glaube genügt mir vorerst - ist, dass der neue Bundespräsident nicht das Händchen aufhalten wird. Er wird auch nicht in laufende Kameras hineinflunkern, und er braucht Euch Medien nicht, weil nicht Ihr ihn gemacht habt, sondern die Umstände. Was mir bei dem Geküre eines Präsidenten aufgefallen ist: die Medien wollen ihn zu einem Objekt machen, das jederzeit Rede und Antwort zu stehen hat. Er wird Euch die entsprechenden Reaktionen liefern. Schließlich hat er von Freiheitsliebe gesprochen, nicht Ihr!

Ich habe auf beiden Seiten gearbeitet: vor und hinter der Kamera, vor und für die Presse. Wenn man früh etwas lernt, dann ist es folgendes: Unter den Journalisten gibt es kompetente Leute mit Charakter und Prinzipien. Sie wollen die Wahrheit ans Licht fördern und wagen manchmal auch etwas. Das sind Journalisten mit Leib und Seele. Ich könnte Namen nennen. Tu ich aber nicht. Sie bleiben diskret im Hintergrund, weil sie es so wollen. Die anderen zerfallen in verschiedene Kategorien. Leichenfledderer. Schmierfinken. Hellsichtige Karrieremenschen. Unfähige, die nichts kapieren. Geschichtsklitterer. Geld- und Quotenmacher. Unkluge und Klugscheißer. Der Gedanke, ich hätte einer dieser Kategorien angehört, macht mich schaudern.

Was den Präsidentenvorgänger betrifft, so hat er das meiste sich selbst zuzuschreiben. Anderes war billiges Herumhacken auf einem Kadaver, der noch keiner war. Kesseltreiben, ja, aber der Medienmacher fühlte sich dabei instinktiv wohl. Also hat man weitergemacht. Er war ja auch zäh, dieser Herr. Wollte und wollte nicht. Mit Gauck geht es nicht so. Er lässt sich nicht vor Kameras zerren, um zu behaupten, er wolle nun den gesamten Sozialbereich abdecken, dazu noch die Ausländerproblematik, die latente Rechtslastikgeit vieler Deutscher. Einen Teufel wird er tun. Lasst ihn endlich in Ruhe (seine Arbeit machen)! Er ist ganz sicher kein Getriebener. Und heiraten muss er auch nicht, denn das geht niemand etwas an.  

Sonntag, 18. März 2012

Guten Tag, Joachim Gauck


Noch bist Du nicht Präsident, sondern Wunschpräsident. Dieser Blog wird erst rausgehen, wenn das Radio Deine Wahl zum Bundespräsidenten bestätigt hat. Dann werde ich zum respektvollen "Sie" übergehen, und zwar mit Freude. So lange möchte ich mich noch in der Illusion wiegen, dass Du, der gestandene Bürger aus Ost, mit dem altgenugen Bürger aus West so viel Gemeinsames hast, dass das "Du" eine Möglichkeit ist. Übergeschnappt? Ich? Wieso?

Als einer aus Hessen mit größtmöglicher Brutalität etwas aufklären wollte, hatten bereits zu viele Köche den Brei verdorben. Es ging um Geld, und der Aufklärer hat sich in die Büsche geschlagen, bevor er dazu kam. Als Du die berühmte Behörde übernommen hast, die Deinen Namen immer noch stolz trägt, hatten sich andere so unglaubwürdig gemacht, dass ich sie auf jeden Fall siezen würde, und meine Hand wäre mir zu schade, um sie einem solchen zu reichen. Dass Deine Behörde nicht auf Rache aus war, sondern auf Gerechtigkeit, hat jeder sofort gespürt


                         


Bei der Wende hatte ich das Glück, mit meinem schwedischen Parlamentspräsidenten (der Parlamentarischen Versammlung des Europarates) ganz offiziell nach Ostberlin reisen zu können. Nicht nur trafen wir die damaligen Größen der nochDDR, inklusive den Runden Tisch, nein, noch im Januar 1990 wurden wir mit den Insignien der schwindenden Macht mit schwarzen Volvos durch die nochHauptstadt der DDR gefahren. Die Fahrer waren noch an die alten Machtgesten gewöhnt: Bei Rot natürlich über die Ampel (das gibt es auch in Rom und Athen), die Motorradeskorte scheuchte die Fußgänger beiseite, und ein störrischer Radfahrer, der die Nase voll hatte, hob verächtlich seinen Arm und fuhr stur weiter. Ich im Volvo und mein Präsident, wir haben uns gefreut ob solchen Ungehorsams.

                                           Wrong building, but who cares?

Von Dir, lieber Joachim, hatte ich damals noch nichts gehört. Die Zeiten waren aufregend, und wir mussten alle ganz schnell ganz viel lernen. Von Dir kann ich sagen, dass Du auf den Ehrensold aus Scham verzichten würdest, hättest Du Dir die "Eskapaden" Deines Vorgängers geleistet. Ich übrigens auch. Man soll doch nicht behaupten, man kenne seine Pappenheimer nicht. Nur wer nicht ganz dicht ist, ist für alles offen (einer der genialen Sprüche, die den Bayern über seine Grenzen hinaus berühmt gemacht haben). Der Wahnsinn heißt heute: Geld. Alles was Geld bringt ist gut. Das müssen wir gemeinsam bekämpfen. Ich hoffe dabei auf einen Präsidenten, der sein Amt wieder zu dem Macht, was es eigentlich immer war: eine verantwortungsvolle, integre und beispielgebende Aufgabe, die seinen Träger ehrt und auch den kleinen Bürger, der zu einem großartigen Präsidenten aufschauen möchte. Nicht zu einer Sparbüchse für Frührentner.

Joachim, ich warte jetzt nur noch auf die Meldung aus dem Radio. Dann werde ich respektvoll mein aufmüpfiges "Du" zurückziehen und zum bürgerlichen "Sie" übergehen. Nicht, ohne Ihnen, Herr Wunschpräsident, für Ihre neue Aufgabe alles, alles  Gute zu wünschen.

Samstag, 17. März 2012

Das Geheimnis des Schuhs

Meine Großmutter muss es gewesen sein, ganz sicher bin ich jedoch nicht. Jemand hatte mir gesagt, ich war vielleicht 20, ich hätte einen klassischen, griechisch-römischen Fuß. Seit dem bewundere ich immer wieder meine Füße. Ihr Maß ist auch heute noch so, dass kein Schuh sich schämen muss, meinen Fuß schützend und wärmend zu begleiten. In der Tat, es ist fast nie vorgekommen, dass der beim Kauf einmal ausgesuchte Schuh mich enttäuscht hätte. Dankbare Füße, dankbare Schuhe.





Vielleicht ist es diese allgemeine Fußzufriedenheit, die mich manchmal an die Ursprünge des Schuhs denken ließ. Selbstverständlich ist dies nicht. Da durchschreitet man Jahrhunderte als zivilisierter Mensch, weiss, dass die Stöckelschuhe nur deshalb erfunden wurden, damit die Schönen des Trottoirs (im Paris des 19. Jahrhunderts) nicht mehr im Kot der Straße waten mussten, der überall zu sehen und zu riechen war. Denn, den Nachttopf auf die Straße kippen war nicht nur in Paris eine frühmorgendliche Spezialität der Städter. Während die Freier diskret mit der Kutsche anreisten, mussten die armen Freudenmädchen bei Wind und Wetter im Unrat herumstehen. Mit Freuden hatte das wenig zu tun. Und was weiß man nicht? Woher der Schuh kommt.

Meine Theorie ist eine abenteuerliche: Der Mensch der Frühzeit, hungrig und von Frau und Kind getrieben, streifte zunächst nackten Fußes durch die Natur, natürlich auf der Suche nach Nahrung in Form von Wurzeln und genießbaren Vierbeinern. In China durfte auch immer schon ein Hund darunter sein. Der Weg war steinig, dornig, nass, und überall lauerten Schlangen. Die allmählich entstandenen Trampelpfade waren beim Vermeiden von Fußkrankheiten und blutigen Verletzungen schon eine große Hilfe. Dann kam der Einstein des modernen Schuhs. Es muss um die Jahrtausendwende irgend eines Vorzeitalters gewesen sein. Da dachte der Begabte einige Monate nach und hatte es: wenn ich etwas erfinde, das wie ein angenehmer Weg aussieht, bequem, weich, gefahrlos, und den ich als ständige Straße um die Füße wickeln und überallhin mitnehmen kann, habe ich den Schuh erfunden, sozusagen die mitnehmbare Autobahn des Fußes. So muss es gewesen sein. Der Schuh, die tragbare Straße. Die Entwicklung des Hammerzehs, eine Zivilisationskrankheit der Neuzeit, konnte inzwischen durch orthopädische Tricks wieder auf wenige Fälle reduziert werden.




Gestern habe ich ihn wieder gesehen: er lag am Rande eines Parks in Straßburg, der Square de la Ménagerie heißt, und wegen des schönen Frühlingswetters von vielen Müttern mit Kindern aufgesucht wurde. Fast neu, hellbraunes Leder, leicht zum Reinschlüpfen. Ein Mädchenschuh. Wo war der andere?, schoss es mir durch den Kopf. Neulich, in Indien, am Strand der Arabische See, ein einzelner Schuh. Vor Jahren, bei meinen Spaziergängen am Mittelmeer, entlang der zyprischen Küste, einzelne Schuhe, immer wieder. Will mir da jemand etwas sagen? Mich interessiert brennend, wo der andere Schuh abgeblieben ist. Oder, steckt hier eine Schuhmafia dahinter? Oder ein Prinz, der krampfhaft nach dem Aschenputtel sucht, das den anderen Schuh zuhause versteckt hält? Nachdem ich die mitnehmbare Fußautobahn entdeckt habe, lässt mich der Gedanke nicht mehr los, dass diese nur vollständig ist, wenn sie zwei-vier- oder sechsspurig daherkommt. Also, wo ist er, der zweite Schuh? Es muss ihn irgendwo geben. Ich arbeite noch daran.

Donnerstag, 15. März 2012

Erzkonservativ? Konservativ? Stockkonservativ?

Man mag gerne darüber streiten, wie konservativ Politiker sind. Weil die Mehrheit im (Wähler)Volk eher dazu neigt, ängstlich auf Veränderungen zu reagieren, abwartend, unsicher, feindlich, gelingt es den volksnahen Politrednern immer wieder, über ihre wahren Überzeugungen die Aura von Nebelkerzen wabern zu lassen. Unklar genug ausgedrückt?



Bei den konservativen Amerikanern, die jedem neuen Mist auf dem Markt begeistert zujubeln, ist es nicht anders, als bei denen, die den Neuerungen skeptisch, aber nicht total ablehnend gegenüberstehen. Wes Geistes Kind jemand ist, stellt sich oft heraus, wenn jemand bereits zum Präsidenten gewählt ist. Leidvolle Erfahrung haben die Bundesbürger mit einem solchen gemacht, bis er sich (halb sank er hin), nicht ganz überzeugt, davon trollte.

Jetzt ist Amerika dran. Der nächste Präsident soll gewählt werden. Barack Obama muss um seine Wiederwahl fürchten. Auf der konservativen Seite hat die Schlammwahlschlacht begonnen. Die Kandidaten der Republikaner müssen sich bis Ende August 2012 an die Spitze geboxt haben. Dann wird der Sieger, der noch keiner ist, mit Barak Obama um die Gunst des amerikanischen Volkes ringen. Für Europa ist es immer noch wichtig, wer in den USA den Ton angibt. Wer das Gleichgewicht zwischen israelischem und iranischem Säbelgerassel halten kann. Ein Demokrat mit Augenmaß? Ein Republikaner mit verschwommenen Sprüchen, die er im Falle eines Wahlerfolges wieder und wieder revidieren müsste? Ein Republikaner, der unter dem Druck der Lobbies ruppige Kompromisse machen muss? Schauen wir uns die konservative Seite einmal näher an:

Mitt Romney, konservativ, religiös, gut aussehend. Seit Kennedys Wahl wissen wir, dass die Ansehnlichkeit von Politikern, die ja im Fernsehen täglich zu besichtigen sind, von Frauen bestimmt wird. Gefällt er den Frauen, ist er gewählt. Gefällt er nicht, muss er zum Ausgleich ein hervorragender Redner sein. Mitt ist ein 1947 in Detroit geborener Millionär. Ehemals Gouverneur von Massachusetts, ist er in der 5. Generation Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Als Jungmormone war er zwei Jahre lang in Frankreich missionarisch tätig. Von 1981 bis 1986 war er sogar mormonischer Bischof. Man schätzt sein Vermögen auf lumpige 250 bis 350 Millionen Dollar. Für amerikanische Verhältnisse eine Hungerexistenz. However: Good looking! Interessant ist, dass er in Massachusetts die Todesstrafe wieder einführen wollte, und zwar für Terrorismus, Massenmord und Mord an Polizisten. Ein Gesetz gegen Stammzellenforschung hatte er auch geplant. Dieses scheiterte im Repräsentantenhaus. Was seine Popularität betrifft, so erhielt er 2005 unter den 50 amerikanischen Gouverneuren den Platz Nummer 31. Das hätte Wulff auch geschafft. Nun hat er wieder eine der Vorwahlen gewonnen: die in Florida. Seine Super PACs haben ihm dabei geholfen. Das sind politische Aktionskommittees, zusammengesetzt aus Multimillionären, die den Wahlkampf Mitt Romneys finanzieren. Dass er zwar gegen Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehen ist, aber eingetragene Partnerschaften toleriert, macht ihn eher zum Konservativen, ohne das Erz davor.

Newt Gingrich, geboren 1943, der Vater war 19, die Mutter 16. Seine Halbschwester (er war schon erwachsen) Candace Gingrich, ist eine anerkannte Aktivistin der Lesben- und Schwulenbewegung in den USA. Er selbst spielte eine führende Rolle bei der damals gescheiterten Amtsenthebung von Präsident Bill Clinton, der wegen einer Monika Lewinsky ins Schleudern geraten war. Herr Gingrich musste sich dann aber selbst aus der Politik verabschieden, weil auch er in eine außereheliche Affäre verstrickt war. Trotz schon eingeheimster Niederlagen bei den Vorwahlen will er nicht aufgeben. Die New York Times vom 16. November 2011 nannte ihn "Professor of Profits". Das spricht Bände. Die FAZ am 30. Januar 2012: "Der Parallelweltkrieger". Vielleicht sollten wir diesem Kandidaten noch nicht die nötige Aufmerksamkeit schenken.

Rick Santorum, mit 54 Jahren der jüngste unter der engeren konservativen Vor-Wahl. Stock- oder erzkonservativ ist hier die Frage. 1995 bis 2007 war er Senator für Pennsylvania. Sieben Kinder und ein achtes, das kurz nach der Geburt starb. Beachtenswert. Hat ein Problem mit der Gewissensfreiheit, die er als korrupt anprangert. Was er wohl damit meint? 2003 verglich er gleichgeschlechtliche Ehen mit Pädophilie und Bestialität. Ein Verfechter der Homorechte, ein erfolgreicher Blogger, machte ihn lächerlich. Jetzt hat Santorum ein Problem, das man Santorum's Google Problem nennt, während er vergeblich dafür streitet, diese "Art von Vulgarität" aus dem Internet streichen zu lassen. Wie er zur Todesstrafe steht? Wen interessiert das eigentlich? Ein gewinnendes Lächeln wird ihn noch ein wenig weiter bringen. Präsident der Vereinigten Staaten? Das geht uns nichts an. Sollen sie doch wählen, wen sie wollen. Ausbaden müssen sie es auch selbst. Oder nicht? Wir erinnern uns an Dabbelju Bush. Auch ein Konservativer.

Ich persönlich hoffe, dass die wenigen Infos zu diesen Kandidaten für den jetzigen Präsidenten sprechen. Aber, das geht uns auch nichts an. Barack Obama, obame dich unser!

Sati - die Witwenverbrennung in Indien

Im Jahr 2002 soll es wieder eine solche Verbrennung gegeben haben, obwohl diese seit dem 19. Jahrhundert verboten ist. Sati, Frau, die den richtigen mutigen Weg wählt: sie lässt sich mit ihrem verstorbenen Mann verbrennen. Muss Liebe schön sein. Nein, Liebe verbrämt das nur: der Sprung auf den Scheiterhaufen war religiös motiviert. Oder wirtschaftlich? Hinterbliebenenentsorgung? In Indien habe ich niemanden getroffen, der eine solche Grausamkeit noch befürwortet hätte.




Da ist es mit den Hexenverbrennungen im alten Europa schon anders. Man lächelt heute darüber, und es ist völlig wurst, ob es sich bei der Hexe um eine areligiöse Intellektuelle, eine hässliche Zauberin, eine unschuldige Witwe oder ein hübsches Mädchen handelte, das einem Priester oder Mönch zu nahe kam. An Grausamkeit war dieses nicht zu überbieten. Vielleicht war es auch nur ein kollektiver Rausch des Sadismus, der irgendwann den Status des Offiziellen erhielt. Interessant: bei Hitler wurden keine Witwen verbrannt, obwohl ihre Zahl am Ende in die Millionen ging (man brauchte sie aber später als Trümmerfrauen), nein, man rottete Männer, Frauen und Kinder gleichzeitig aus. Die lustige Witwe blieb eine operettenhafte Traumvorstellung von Franz Lear, dem österreichisch-ungarischen Komponisten, der auch die Vorstellungswelt von Massenmördern beflügelte. Es ist so schön, grausame Gefühle mit gefühlvoller Musik zu verquicken.

Auf den Friedhöfen, vor allem der frommen Art, kann man sie sehen: sie treffen sich am Vormittag an den Gräbern ihrer Männer, mit der Gießkanne in der Hand. Gerne kommt es zum Gespräch über den Verblichenen. Wie gütig er war, oft brachte er Schokolade für die Kinder mit nach Hause (vor allem, wenn er ein schlechtes Gewissen hatte). Gut, er trug seit seinem 40. Lebensjahr eine Glatze und einen Bierbauch. War nicht immer ein schöner Anblick. Manchmal kam er auch besoffen nach Hause, und die künftige Witwe musste ihn ausziehen und ins Bett bringen. Mit der Gießkanne in der Hand lässt sich an einem akzeptablen Verklärungsmythos trotzdem stricken. Lasst uns nicht an solchen Dingen rütteln.



Eines muss aber gesagt werden: Ob Witwe oder Witwer, wer den anderen, eventuell sehr geliebten Lebensgefährten überlebt, hat es schwer. Alleine weiter zu leben ist schrecklich, wenn man zuvor alles geteilt hat. Dann ist Schluss mit lustig. Solche Menschen, von denen es viele gibt, verdienen unsere Aufmerksamkeit und Zuwendung (ja, auch Liebe!), denn ein solches Schicksal ist ungerecht. Vielleicht kommt der mittelalterliche Gedanke des Verbrennens von da her. Verbrannte Erde à la Hitler einerseits, reinigendes Feuer auf der anderen Seite. Wie soll man das verstehen?

Dienstag, 13. März 2012

Indien und der Pyjama

Als ich vor zwei Wochen ins Krankenhaus eingeliefert wurde, hieß es, "haben sie einen Pyjama"? Ich bejahte und freute mich irgendwie darauf, obwohl es nie dazu kam, denn man verpasste mir zunächst einen jener nicht gerade erotischen Umhänge, die man hinten mit einem Bändchen schließen kann, wenn man das schließen kann, und das war gut so. Dabei blieb es, bis ich das Krankenhaus wieder verließ. Dabei musste ich feststellen, dass mein Pyjama seine bläuliche Shorthose verloren hatte, die farblich so gut zum Oberteil passte. Sie tauchte nie wieder auf, was mich immer noch nicht stört, denn ich gehöre seit meinem 10. Lebensjahr zu jenen überzeugten Nacktschläfern, denen man auch nicht mit winterlichen Schlafzimmertemperaturen drohen kann.

                                     Das Hemdchen ist hinten nicht geschlossen


"Meine Mamma war aus Jokohama,
und aus Paris war der Papa.
Meine Mamma ging nur im Pyjama,
Weil Papa das gerne sah".

Wunderschöne Operette, die den Schlafanzug verherrlicht, während bei uns zuhause nur Papa einen solchen trug. Meine Mutter ging nur im Nachtpölter, banal, auf Süddeutsch: Nachthemd. Als Kind nimmt man so etwas als gottgegeben hin, bis man sich outet: mich störte schon früh, dass sich meine Pyjamahosen beim Schlafen immer nach oben strampelten und ich mir schrecklich eingewickelt vorkam. Beim Nachthemd war es nicht anders. Auch das verhedderte sich regelmäßig. Und jetzt weiß ich es: das Wort Pyjama heißt eigentlich Hose und kommt aus Indien.
                                               Die Übergänge sind fließend

Wer die neuesten Trends in der Pyjamaindustrie verfolgen möchte, hat dazu Gelegenheit, denn die internationale Mode kapriziert sich gerade wieder auf Schlafkleidung. Da gibt es Pyjama, Joop! Bodywear, Tanktop Buffalo, Langarmshirt Petite Fleur, Schlafanzug Ascafa und ganz einfache Bettjäckchen. Ja, die Schlafindustrie ist nach wie vor umtriebig. In manchen Ländern kann man sich sogar vorstellen, mit der normalen Nachtkleidung am hellen Tag auf die Straße zu gehen. Ungestraft, natürlich.

Wissen wir eigentlich, wie viele Wörter aus Indien tief in unsere Sprache eingedrungen sind? Oft über das Englische, wie etwa: Veranda, Sandale, Bungalow, Shampoo, Turban oder Yoga. Und, wie steht es mit Kaste? Ayurveda? (altindische Medizin), Baksheesh? (Spende, Trinkgeld, Bestechungsgeld), Burka? (den orthodoxe Mosleminnen tragen, Fakir? (moslemischer Bettelasket), oder Dhoti bzw. Lunghi (bunte Version), ein überaus attraktiver weißer oder farbiger Wickelrock für Männer, der an der Hüfte zusammengebunden wird und auf Frauen aus westlichen Ländern aufreizend sexy wirken soll. Auch das ist Indien. Lernen wir also dazu.









Montag, 12. März 2012

Hochzeit auf Indisch

Dass zwei Verliebte, ohne die Zustimmung und das Wissen der Eltern nach Gretna Green abhauen, womöglich, weil sie noch minderjährig sind, und sich dort verheiraten lassen, kommt bei Indern wohl nicht vor. Eher bei wildentschlossenen Europäern, die mit der nachträglichen Segnung durch den Familienverband rechnen. Dass nach 25 oder 50 Jahren Silberne oder Goldene Hochzeit gefeiert wird, kann auch in Indien passieren. Und noch vieles mehr, wenn man das Glück hat, bei einer solchen Hochzeit in Indien als Gast dabei sein zu dürfen.

                         
                                                 Hier kommt der Bräutigam


Wie die Braut den Bräutigam, oder der Bräutigam die Braut findet, bleibt im Dunkeln. Eltern und Großeltern übernehmen wohl die Verantwortung dafür. Sie sagen den Jungen, dass sie diese oder jenen heiraten sollen. Die ganze Angelegenheit ist ein riesiges , auch finanzielles Unternehmen. Die Eltern der Braut müssen oft lange sparen, um dem Schwiegersohn eine massige Mitgift der Braut geben zu können. Das ist zwar verboten, wird aber dennoch häufig praktiziert. Die Chancen, dass ein so geschmiedeter Bund doch eher fürs Leben als für den Scheidungsrichter ist, sind gut. Bei Gretna Green oder Las Vegas kann man da oft mit schwerwiegenden Fehlentscheidungen rechnen.


                                         Irgendwo hier muss die Braut sein


Cath hatte  an der Internationalen Frauenkonferenz im Ashram von Bangalore teilgenommen. Tage später war dort eine riesige Hochzeit geplant, zu der hunderte Gäste kamen, und zu der wir eingeladen waren. Natürlich haben wir nach unserem Ausflug in den tiefen Süden den Weg nach Bangalore nochmals zurückgelegt, um dabei zu sein, wenigstens an einem von drei Tagen. Für die vielen Gäste war bestens gesorgt. Es gab Konzerte, Ballettaufführungen und Bankette an endlos langen Tischen. Riesige Bananenblätter wurden vorgelegt, auf denen dann Portionen von Reis, Gemüse-Currys, Dhal, Chutney, Joghurt serviert wurden. Puris und Rasam  sind dünne, etwas pfeffrige Suppen. Ständig kommen Helfer für unbegrenzten Nachschlag vorbei. Dabei wird viel Chapati gegessen, ein herrlich schmeckendes Brot. Allerdings ist es schwer, herauszufinden, welche Gewürze jeweils vorschmecken. Tamarinde? Kokosmilch? Curryblätter? Grüne oder rote Chilis? Wichtig ist, dass man mit der rechten Hand isst, denn die Linke ist für die unappetitlichen Handlungen bestimmt und darf nicht mit dem Essen in Berührung kommen.


Ein riesiges Fest hat es auch für Mumtaz gegeben, die Lieblingsfrau des Shah Jahan, der 1628 an die Macht kam und als Groß Mogul ein bedingungsloser Förderer der Architektur war. Zu den vielen Bauwerken gehört heute das Taj Mahal, vielleicht das schönste Bauwerk der Welt, das man in Agra auch heute noch bewundern kann. Das Mausoleum, das er seiner Mumtaz widmete, zeugt von unendlicher Liebe. Hoffen wir, dass die jung Vermählten ihr gemeinsames Leben in Glück und Wohlstand genießen können. Sollen wir in, sagen wir, 10 Jahren wieder kommen und nach dem rechten sehen?

Donnerstag, 8. März 2012

Südindien - die Backwaters

Thiruvananthapuram, ein Zungenbrecher, den man bequem umgeht, indem man diese Stadt im Süden Keralas elegant Trivandrum nennt. Sie liegt am Meer, fast an der Südspitze Indiens und hat einen kleinen Flughafen. Dort kamen wir für einige Tage, aus Bangalore kommend, an. Es war Wahlzeit. Das konnte man an den unzähligen roten Fahnen mit Hammer und Sichel sehen, die neben Porträts von Stalin, Lenin und Che Guevara die Straßen säumten. Inzwischen  soll die kommunistische Partei in Kerala wieder gewonnen haben. Der Fahrer, ein jugendlicher und kompetenter Familienvater, brachte uns ans Hotel Rockholm, das auf einem felsigen Hügel, unter Palmen versteckt, direkt am Meer liegt.


Die beiden älteren Knaben, die uns das Frühstück, Mittagessen und Abendessen servierten, waren uns treu ergeben. Cathies Blondheit mag dazu beigetragen haben, aber auch die Tatsache, dass nur wenige Gäste im Rockholm wohnten. Das Essen war gut. Alkohol gab es nicht, aber frische Krebse und die üblichen Säfte.



Wir denken manchmal an den eiskalten Winter im Schwarzwald zurück und freuen uns, bei 30 °C ins Meer gehen zu können. Dennoch ist Vorsicht geboten, denn die Wellen kommen mächtig heran, werfen Massen von Sand an den Strand, den sie dann wieder etwas heimtückisch zurück ins Meer befördern. Neben etlichen Besichtigungen haben wir uns vorgenommen, auch die Backwaters bei Kollam zu entdecken.


Es handelt sich hier um ein Flussgebiet, das weit verzweigt im Dschungel liegt und irgendwo an die Küste zum Arabischen Meer grenzt. Stelzvögel und anderes Urwaldgetier säumen die Kanäle, und badende Anwohner sind ein überall präsentes Bild.


Als wir dann nach langer Fahrt an die Stelle kommen, wo das Boot uns für eine Besichtigung an den Strand bringt, werden wir sofort von einer überschwappenden Welle erfasst und bis an die Nabelgegend durchnässt. Macht nichts. Wir ertragen das mit Hochgefühl.


An unserem Strand beim Hotel halten sich vielleicht 10-20 Strandgänger und Badende auf. Nur einige Stufen und ein geschwungener Pfad führen uns von unserem Nebenbau hinab ans Wasser. So vieles haben wir gesehen. Buchhalterische Beschreibungen und Aufzählungen sind nicht mein Ding. Indien ist ein Kontinent auf dem Weg, irgendwie, zur Beherrschung der Welt. Über eine Milliarde Inder gibt es schon. Noch viel mehr kommen hinzu. Hightech, Mikrochips und Bollywood schreiten voran. Sie werden die Zukunft Indiens, aber auch die der restlichen Welt mitgestalten. Schauen wir uns diesen Kontinent genauer an.


Mittwoch, 7. März 2012

Mir schwimmen die Felle davon




Eigentlich lief alles ganz gut: ich wurde einem Sympathieträger aus dem Osten vor die Nase gesetzt und gewann, allerdings erst im dritten Durchlauf. Zwei Jahre residierte ich im Präsidentenpalast, bis man anfing, an mir herumzumäkeln. Vorteilsannahme. Privatkredite. Einträgliche Freundschaften....Dann, das kennt man ja, haben sich die Medien eingeschaltet. Die wollten sich nicht belehren lassen. Was die alles herausgefunden haben, wie sie behaupten.

Ich schwieg beharrlich. Auch das hat man mir angekreidet. Kein bisschen Verständnis für mein schweres Amt. Und meine Frau? Immer tapfer an meiner Seite. Auch ein Präsident schweigt und genießt, solange es etwas zu genießen gibt. Kesseltreiben könnte man das nennen, was Medien und gegnerische Parteien mit mir angestellt haben. "Treten sie zurück, um das Amt nicht noch mehr zu beschädigen", hieß es. Doch wie bekommt man eine Kuh wieder vom Eis?

Die Vorwürfe? Haltlos, doch muss ich an Überzeugungsmangel gelitten haben, denn aus meiner eigenen Partei, die, die immer so breit aufgestellt ist, regnete es Attacken. Die Brüder von der Koalition, die dann sofort den aus dem Osten als Nachfolger vorschlugen, meinten sogar, ich müsse den wohlersessenen Ehrensold wieder hergeben. Das ist eine (Früh-)Pension in Höhe von fast 200.000.- € im Jahr, die ich gut gebrauchen kann. Meine Berater (das bin im wesentlichen ich) raten mir, auch das noch auszusitzen, wenigstens bis der große Zapfenstreich vorüber ist. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass meine Felle schon davon geschwommen sind. Meine vier noch lebenden Vorgänger haben alle abgesagt. Verstehe ich nicht. Schließlich bin ich einer von ihnen. Oder?

Montag, 5. März 2012

Indien: Mysore, die Stadt mit dem Palast


                             
                                             Maharadschas, gut untergebracht

Mysore, wer möchte dort nicht gewesen sein? Alles auf einmal: ehemalige Hauptstadt des Staates Mahishur/Mysore, voll geheimnisvoller Geschichte, ein Mittelpunkt der Sandelholzverarbeitung. Als 1956 ein neuer Staat gegründet und Bangalore zur Hauptstadt ausgerufen wurde, setzte man den Maharadscha von Mysore als Gouverneur von Karnataka ein. Als ich vor über 20 Jahren Mysore zum erstmal besuchte, stand der Besuch im Palast schon im Mittelpunkt. Ein orientalisches Bauwerk mit Architektur und Pracht, vermischt mit kostbaren Importen aus Europa. Es fehlen die Worte, diesen Prunk zu beschreiben. Aus Eisen gegossene Pfeiler aus Glasgow, kristallene Lüster aus Böhmen, 2 Silberstühle, eigens für den Maharadscha und seinen Gast, Lord Mountbatten, angefertigt. Gegen ein höflich erzwungenes Bakschisch von 50 Rupien, erhielten wir diesmal Einblick in die Räume mit den Türen, die mit elfenbeinernen Einlegarbeiten geschmückt sind. Man könnte Tage mit der Besichtigung verbringen.



Am frühen Morgen waren wir mit unserem Fahrer von Bangalore aufgebrochen. Die Fahrt dauerte etwa drei Stunden, doch auf dem Weg gab es einiges zu besichtigen: die Festung von Srirangapatnam und den Tempel von Sriranganathaswamy. (Man kann sich gut vorstellen, wie solche, für unsere Ohren ungewöhnliche Namen, wie nichts wieder im Gedächtnis verschwinden). Den Namen unseres Fahrers haben wir uns gemerkt: Suami. Er kannte sich aus und fuhr uns sicher an die richtigen Orte. Die Festung von "Srira" war der Ort, an dem Haider Ali lebte, der "Tiger von Mysore", der gegen die Briten siegte, und dessen Sohn, Tipu Sultan, jedoch im Kampf gegen den späteren Duke of Wellington fiel (1799). Vater und Sohn hatten sich jahrelang gegen das britische Joch aufgelehnt. Ihre Grabmäler sind noch heute so etwas wie all-indische Wallfahrtsorte.



Oben, auf dem Chamundi Hill, sehen wir einen der schwer von anderen zu unterscheidenden Tempel, sowie den mächtigen Nandi, also Shivas Stier, ein viel verehrtes, gottähnliches Wesen aus schwarzem Granit(?).



Mysore ist eine attraktive Industriestadt, das Zentrum für die Verarbeitung von Sandelholz, aber auch von hochwertiger Seide. Am späten Abend kamen wir müde nach Bangalore zurück. Suami musste in die einbrechende Nacht fahren, ein waghalsiges Unternehmen, das wieder einmal gut ausging.

Raserei auf indischen Straßen?

Raserei gibt es nur auf deutschen Straßen. Und die Aggressivität ist überall. In Indien wird gefahren. Aber, wie? Vor Jahren sah man noch oft noch steinklopfende Frauen an den Straßen. Beim letzten Aufenthalt in Südindien, vor 2 Wochen, habe ich keine gesehen. Der alles fressende Straßenverkehr hat sie wohl verschluckt. Verkehr, Mobilität, Transport, Beweglichkeit, das ist heute Indien. Bangalore hat einen der modernsten und größten Flughäfen des Subkontinents. Straßen, total verstopft, überall im Bau und Umbau begriffen. Der Bau im Stau. Die Mobilität herrscht vor, trotz allem. Doch keine Aggressivität.

                                          So leer waren die Straßen fast nie

Beispiel: die Straße vom Flughafen bei Bangalore in das Zentrum der 8 Millionenstadt, und darüber hinaus in den Ashram, in dem wir einige Tage verbrachten, ist eine Baustelle, die bei geschicktem Fahren zwei Stunden dauert, in Stoßzeiten drei Stunden, und wenn ich (Gott behüte!) selbst hätte fahren müssen: zwei Tage. Wir hatten einen jungen Fahrer, der uns mehrere Male zum Flughafen und auch wieder zurück brachte. Von einem jungen Gott möchte ich nicht sprechen, sondern von seiner unglaublichen Geschicklichkeit. Neben sich eine volle Flasche Wasser, an der er gelegentlich nippelte, fast wortlos, denn sein Englisch war etwas dürftig, steuerte er stundenlang das Auto durch den dicksten Verkehr. Diesen teilten wir uns mit LKWs, Bussen, dreirädrigen Rikschas, Motorrädern, Rollern und den Fußgängern, die immer wieder mit Würde, meist ohne zu rennen, an den Stellen die drei- bis fünfbahnige Trasse überquerten. Das geschah an den zahlreichen Stellen, wo die Straße wuchtige Quergräben aufwies, die den ganzen Verkehr immer wieder fast auf Nullgeschwindigkeit brachte. Nie haben wir einen Verkehrsunfall gesehen. Es hupte pausenlos, aber niemand schimpfte. Was müssen unsere deutschen Raser für blankliegende Nerven haben. Oder ist es doch der Schniedel, der die Geschwindigkeit bestimmt?

Hier, auf den Straßen geht es zu wie bei uns auf der Skipiste. Man wedelt hinunter, oder voran, fädelt sich ein und schiebt sich durch die Massen von Fahrzeugen. Autos, wie die Unberührbaren. Indien auf Rädern. Ach, könnten wir davon lernen. Manchmal steht eine Kuh mitten auf der Straße. Diese, meist wohlgenährten Milchspender werden wie etwas Heiliges verehrt und geachtet. Das tut gut. Eine Kuh ist nicht der letzte Dreck, und die gelbliche Rikscha, ein Zweitakter, der vor allem am Berg versagt, ist es auch nicht. Toleranz und Gelassenheit, und die Achtung vor dem Leben und den Nerven der anderen. Das ist es. Deutschland und viele andere Länder Europas sind längst Entwicklungsländer geworden, was die scheinbar aalglatte Bewältigung des Straßenverkehrs betrifft. Glückliches Indien.

                                                Auch ein Transportmittel

Freitag, 2. März 2012

Gesund sein ist alles.



Da kommt man glücklich aber müde aus Indien zurück und hat noch nichts verarbeitet. Die Erinnerungen an Bangalore, Mysore, Kovalam und Trivandrum im Süden Indiens liegen noch wohlig im vegetarisch geschmeichelten Magen, Erinnerungen  an 30 Grad Celsius wollen den 12 Minusgraden der Schwarzwälder Heimat noch die Stirn bieten, und die Malaria hat sich
erfolgreich umgehen lassen, und schon liegt man im Krankenhaus, windet sich vor Schmerzen und ist hilflos wie ein Kind.

Ich versuche, herauszufinden, was passiert ist. Nach zwanzigstündiger Reise im Flugzeug, in Autos und in der Bahn kann schon mal der "Stuhl" versagen. Verstopfung ist dann bei mir fast normal. Das kann Bauchschmerzen verursachen. Wer aber zwei Nächte lang nicht zum Schlafen kommt und keine Mittel mehr zum Einsatz hat, der Qualen Herr zu werden, wird ins Krankenhaus verfrachtet. Da findet man Blut im Stuhl, auch im Magen. Da muss zunächst herausgefunden werden, was hat der eigentlich?

Schon liegt man in einem Hochtechbett, das man nach allen Seiten verstellen kann. Man trägt ein, zugegebenermaßen leicht lächerliches, aber praktisches Kittelchen, und wird an allen Stellen verkabelt: Spritzen, Zufuhr von Flüssigkeiten aller Art, Warum bekomme ich nicht mehr Wasser zu trinken? Was will dieser Arzt von mir? Die Schwester ist ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Die Fragen des Patienten, der jetzt auf die Intensivstation kommt, werden nicht deutlich beantwortet. Nein, es hat nichts mit Kafka zu tun, oder doch?

Um der medizinischen Großmacht Krankenhaus gerecht zu werden: zuerst muss man etwas finden, das kann dauern. Die Schmerzen müssen schonend gelindert werden, die Ursachen erforscht. Mir geht es bereits besser, aber, was ich habe, weiß ich nicht. Nur allmählich, wenn man die Ursachen für die Blutungen kennt, kann man weitersuchen. Kurz, ich muss noch eine Endoskopie über mich ergehen lassen: am Vortag nichts essen, dafür etwa 4 Flaschen einer scheußlichen Flüssigkeit trinken, die das Gedärm gründlich durchdringen und reinigen muss, bevor, mit einer Sonde, an deren Spitze sich eine winzige Kamera befindet, und ein Lichtlein, womit der untersuchende Arzt den Darmbereich abschreiten kann, um eventuell Zysten und Ähnliches ausfindig zu machen. Die Auswertung dieses Tuns, dauert noch an, scheint jedoch Raum für Hoffnung zu lassen.

Das Zusammenwirken von Ärzten, Schwestern, Pflegern, Assistenten, Reinigungspersonal scheint einem undurchdringlichen Chaos entnommen, bis sich dann alles klärt. Der Patient, etwas traumatisiert durch die scheinbare Unerbittlichkeit des Ablaufs, steht dann doch im Mittelpunkt. Das Schöne ist, dass es überall menschelt. Eine freundliche Schwester, Ärztin, Hilfskraft kann so viel Freude verbreiten, trotz des kränklichen Anlasses, der den Krankenhausaufenthalt verursacht hat. Nach etwas über einer Woche werde ich entlassen. Ich bin zwar nicht für immer hergestellt, bleibe betroffen ob der entmündigenden Situation dessen, der tags und nachts auf andere angewiesen ist. Nein, das Gesundheitswesen als solches muss man nicht loben. Da wäre noch viel zu verbessern. Aber das Ortenau Klinikum Offenburg Gengenbach ist ein kompetenter Ort der Menschlichkeit. Noch nie habe ich mich so genussvoll auf die erste Mahlzeit gestürzt, als nach dieser Darmspiegelung: Käsespätzle mit Kolrabigemüse an einer tomatigen Soße.




Jetzt wende ich mich wieder den Erinnerungen an Südindien zu. Meine Gallenblasenentzündung hatte nichts mit diesem schönen Land zu tun, in dem so viele Menschen leben und sterben und, mit etwas Glück, auch überleben. In manchen Krankenhäusern, so hört man, ist man auf die Hilfe von Freunden oder des Reinigungspersonals angewiesen, um gewaschen oder ernährt zu werden. Man muss manchmal auch das notwendige Material selbst mitbringen oder finanzieren, also Verbände, Medikamente, Impfstoffe usw. Andererseits können Apotheken schon bei Magen- und Darmerkrankungen unkompliziert weiterhelfen. Und billiger. Aber: gesund sein ist alles.