Donnerstag, 31. Mai 2018

Wo bin ich?

Manchmal fällt es schwer, auf Anhieb zu ahnen, wo man sich befindet. Meine drei Jahre im schönen Wien sind abgeschlossen. Zwei Jahre im Norden von England sind jetzt auch erst einmal Vergangenheit. Unser ruhiges, unscheinbares Haus im Schwarzwald hat uns wieder aufgenommen. In wenigen Tagen werden die Kirschen reif sein. Kein Grund also, traurig zu sein.


Doch was mache ich mit Island? Mein allererster Film, ein schwarz-weiß und stumm gehaltener Dokumentarfilm über Island, von meinem Vater vorgeführt, erreichte mich so früh, dass meine noch jüngere Schwester bis heute keine Erinnerung daran hat. Ich sehe noch, wie eine Frau mit Kopftuch mit beiden Händen einen Brotteig in ein Blechgefäß verfrachtet, mit einem Deckel verschließt und an einer Schnur in ein Erdloch hinab lässt, das Zugang zu einer heißen Quelle gewährte. Nach einer gefühlten Zeit von etwa einer Stunde holte sie dann das fertige Brot heraus. Dass so etwas auf den Azoren möglich ist, erfuhr ich erst als ich erwachsen war. Eine Dienstreise hatte mich nach Ponta Delgada, dem Hauptort der Azoren, gebracht.


Island hat sich tief in mein Gedächtnis eingegraben. Auch dort gibt es heiße Quellen, in deren Nähe man herrlich baden kann. Mit der Präsidentin Islands, Vigdís Finnbogadóttir, war ich bekannt. Sie war die erste Frau, weltweit, als Regierungschefin eines Landes. Lese ich deshalb gerne die Krimis von Arnaldur Indridasen, die mir diese Insel immer wieder vertraut machen? Die einsamen Straßen, teilweise nur geschottert? Die spektakulären Wasserfälle (Gullfoss, Dettifoss etc.)? Die wüstenähnliche Mitte, in der man sich leicht verlieren kann?


Wenn ich morgens früh hier aufwache, ist zuerst eine Ortsbestimmung angesagt. Ach, ja, die Kirschen...Also bin ich im Schwarzwald. Oder, es regnet und windet, dann kann es auch Nordyorkshire sein. Mit Cath schaue ich oft - was heute ganz normal ist - auch hier einen Film auf Englisch an. Wache du dann aus tiefen Träumen auf und bestimme sofort, wo du hingehörst. Manchmal gelingt mir das nicht sofort.

Vigdís 
Also bin ich in England? In Island oder im Schwarzwald? Schnell eile ich zum jeweiligen Kühlschrank. Ach, der Käse ist aus dem Allgäu. Oder die leicht gesalzene Butter aus England. Oder der frisch geräucherte Fisch aus Island. Nicht immer sind die Dinge eindeutig. Was ich jedoch immer mit mir herumschleppe, egal wo ich bin, ist mein aufladbares Radioteil mit dem Deutschlandradio, meine Englisch sprechende Gemahlin, und mit dem Islandkrimi, der es sehr menschlich vermeidet, nur so mit den Leichen um sich zu werfen. Wo bin ich?





Dienstag, 29. Mai 2018

Die Kirsche. Was sonst?

Drei Jahre in Wien, dann zwei in England. Wien bot wenigstens reife Kirschen feil, wenn man sich zum Wochenmarkt bemühte. Ich wäre mir selbst um den Hals gefallen, hätte ich nur den Ansatz eines Kirschbaums im Vereinigten Königreich gesehen. Aber, nein, dieses feine Land, das andererseits über eine sicherlich Kirschen essende Monarchin verfügt, hat es nicht so mit diesen weiß bis tiefroten Kullern, die Knaben, aber nicht nur, in Zustände des Glücks versetzen können, wenn sie lachend und verführerisch von den Bäumen hängen (nicht die Knaben, natürlich!).


Ein Glück, dass ich noch als Studiosus in der Nähe des Kaiserstuhls weilen durfte, wo  Kirschen, wenn man es richtig anstellte und sich einfach auf den Rücken legte, dir quasi in den Mund hängen konnten. Man konnte sogar ein bisschen doof sein, hauptsächlich die Finger waren flink. Schon hatte man in wenigen Minuten den Bauch voll. In manchen Gegenden konnte man sich auch hurtig von Baum zu Baum schlängeln und das Kirschenklauen wandernd  in Raten vollziehen. Das schlechte Gewissen sah das gerne.


Was liebende Mütter wegen der offensichtlichen Kirschsucht der Kinder so drauf hatten, war der Kirschplotzer, sozusagen ein Kuchen im Kaiserformat, voll mit schwarzen Kirschen. Gewöhnlich wurde der Plotzer als Hauptmahlzeit angeboten, mit einer sättigenden Kartoffelsuppe eingeleitet, damit auch für Oma noch ein Stückchen Kuchen übrig blieb. Der kindliche Magen musste sich zuweilen sehr bemühen, die Zufuhr von Kalorien zu verkraften. Doch Kinder schaffen das mit links.

Das Chriesewässerli galt für Erwachsene als hochwillkommenes Nebenprodukt. Nach einem reichhaltigen Essen durfte der Kirsch, oder das Kirschwasser nicht fehlen. Vor allem Onkeln und Tanten war es eine liebe Pflicht, Eltern mussten aus erzieherischen Gründen davon Abstand nehmen. Etwas beschönigend nennt man es Wasser, Kirschwasser. Wenn die Flasche gebracht wurde, sah sie eher nach Wasser als nach Kirsch aus. Auch der Herr Pfarrer wusste das und gab sich gerne dem frommen Schnorren hin, sollte er gerade eine Kindstaufe hinter sich haben.


Trotz des schwer alkoholischen Aspekts dieser Verkostung konnte die Kirsche über Jahrhunderte hinweg ihre Unschuld als süße Kinderspeise voll bewahren. Und nach all den Verirrungen (Wien, Yorkshire) sitzen wir in unserem Garten im Schwarzwald und warten auf den letzten Schliff, den der Schöpfer unserer  einzigartigen Frucht verleihen möge. Ich selbst war immer der Meinung, dass ich trotz einiger Macken zu denen gehöre, mit denen gut Kirschen essen ist.


Dienstag, 22. Mai 2018

Elie Wiesel: Arbeit macht frei.

Dem Zynismus von der frei machenden Arbeit ist auch Elie Wiesel nicht entgangen. Doch er überlebte, und er konnte darüber berichten. Auch den Friedensnobelpreis erhielt er für seine Werke. Das allererste, La Nuit, von seiner Frau ins Englische übersetzt (Night), beschreibt seine Zeit als Kind rumänischer Eltern, in der Nazizeit. Er kannte Auschwitz und Buchenwald, wie es sich für einen jüdischen Jungen gehörte. Er verlor seine Eltern und seine achtjährige kleine Schwester. Seine gottgläubige Unschuld, so beschreibt er das, habe er dabei für immer verloren.


Im Buch Night, Die Nacht, rechnet er auf 120 Seiten mit dem Übelsten ab, das das Naziregime hervorgebracht hat. Die menschenverachtende Primitivität, deren nur Kreaturen der untersten Klasse fähig waren, setzt sich dem ungeübten Leser wie ein Virus in den Pelz. So schrecklich muss diese Zeit gewesen sein, dass es schwerfällt, Einzelheiten zu glauben. Nicht nur die faschistische Gewalt, nein, auch die große materielle Not von Naziopfern wird anschaulich wiedergegeben.


Natürlich neigt man leicht dazu, solchen täglichen Terror beiseite zu schieben, ihn in den Bereich der Fabeln abzuwimmeln. Oder, anzunehmen, nur deutsche Juden hätten dies alles mitmachen müssen. Wer heute den unüberlegten Schwachsinn rechtsorientierter Nazisympatisanten mit anhören muss, versteht, was Totalitarismus bedeutet. Durch das Internet erhält heute jeder Unsinn die Möglichkeit, über den gesamten Erdball verbreitet zu werden. Seine Herkunft bleibt dabei oft im Dunkeln. Auch der Nationalsozialismus hatte eine internationale Dimension. Doch waren weltweit nur wenige und diese nur für kurze Zeit vom Virus befallen.


In Elie Wiesels Night spielt die Angst eine große Rolle. Er zeigt, was die Angst aus Menschen machen kann. Feiglinge, Lügner, sogar Verbrecher. Und natürlich Opfer. Mein harmloses Paradebeispiel war - als ich ein Kind war - eine junge Nachbarin namens Lydia. Sie war eine rotzfreche Nazigöre, die schon Heilhitler jubelte, bevor es einen Anlass gab. Als dann "feindliche" Soldaten durch unsere Straße zogen, präsentierte sie sich im Sonntagskleid mit Blumen aus ihrem Garten, die sie auf unsere Eroberer warf. Die pure Angst hatte sie diesen Soldaten ihre Ehrenbezeugung zeigen lassen. Angst ist ein miserabler Ratgeber.


Samstag, 19. Mai 2018

Hüte, Damenhüte, Royal Wedding.

Heute ist der Tag: Harry und Meghan werden Mann und Frau. Natürlich habe ich die Glotze an. Ein Chor heult sehnsüchtig, während das Paar sich verliebt anschaut. Womöglich wird das von Hunderten Millionen von Fernsehzuschauern weltweit verfolgt. Wir konnten die Königin sehen, in ihrem Rolls, grünlich angezogen, festlich genug. Vater Prinz Charles führte die Braut. Was mit Harry passierte, ist mir entfallen. Ein prächtig gekleideter kirchlicher Würdenträger spricht die Worte, nachdem er sich routinemäßig erkundigt hatte, ob irgend jemand anwesend sei, der etwas gegen das Paar vorzubringen hatte. Keiner hatte.

Ein schwarzer Priester spricht wie ein studierter Schauspieler von Liebe und anderem. Das ist die eigentliche Sensation. Dass jetzt Afromitglieder in die königliche Familie aufgenommen werden. Und die Ansprache von einem dunkelhäutigen Prediger gehalten wird. Es sieht aus wie ein Stück Gutmachung. Die Briten nehmen das ohne Dramatik hin. Meghan, die Amerikanerin mit den dunklen Wurzeln, wird hierfür besonders dankbar sein. Vielleicht sogar die ganze Welt.


Was uns kleine Leute immer wieder in Verzückung versetzt, sind die Hüte, die bei einem solchen Spektakel dazu gehören. Ein riesiger pinker Hut, eine Art butterkremgesteuerte Torte, leicht schief auf einem Damenkopf angebracht, sticht sofort ins Auge. Dafür sind Butterkremtorten, sorry, solche hutförmigen Tellerminen ja da. Bei Wind verlieren sie leicht ihr Gleichgewicht, sonst jedoch dienen sie als tollkühne Beispiele weiblicher Gefallsucht.

Jetzt singen sie "Hannes trag du den Hut", wie wir als Kinder die englische Hymne genannt haben. Echt. Die Zeremonie scheint vorüber. Harry und Meghan sind jetzt ein Ehepaar. Doch der TV-Klamauk geht weiter. Schließlich fiebert die ganze Nation. Man wird an Prinz Charles und Lady Die erinnert. Um nicht den Kürzeren zu ziehen, trägt Camilla, die jetzige Gattin von Charles, eine riesige Kopfbedeckung in Rosa. Konnte die Dame leider nur von hinten sehen. Kameraleute haben bei solchen Anlässen auch ihre Probleme.


Es ist ein Rolls Royce Phantom Silver Cloud, wenn ich das richtig verstanden habe. Jetzt ertönt sie schon wieder, die Nationalhymne, die damals von deutschen Kaiserreich herübergebracht wurde. Sie klingt immer noch etwas pathetisch: Heil dir im Siegerkranz.




Freitag, 18. Mai 2018

Mutterland, Butterland, Lutherland.

Von jedem etwas, würde ich sagen, aber, ich werde ja nicht gefragt. Wir sind in Cathies Vaterland, das wegen der geschlechtsspezifischen Korrektheit auch Mutterland sein darf. Man kann nicht vorsichtig genug sein. Gerade hat es einen Aufruhr gegeben, weil ein namhafter Minipoltiker im Radio das Wort Klimakterium leicht anzüglich benutzt hat. Sexist schrien die einen, empört waren auch die anderen. Wer seine Zunge nicht im Zaun hat, kann heuer etwas erleben. Ein Internetsturm ist dann oft angesagt.

Wir sind also in England, wo die Erregung im Internet schneller als sonstwo gigantische Ausmaße annehmen kann. Im Norden des Landes, sagen wir in Haworth, in der Grafschaft Yorkshire, ist Mutterland auch Butterland, denn man käme nicht auf die Idee, die Butter, gesalzen oder nicht, im Kühlschrank aufzubewahren. Denn es fröstelt hier auch bei "normalen" Temperaturen. Die Butter weiß, wovon ich spreche.

Die Engländer vermuten gerne, dass Deutschland gleich Lutherland ist.  Martin Lutherland. Das ist nett gedacht, stimmt so aber nicht. Wir haben tief eingegrabene Teile, die sowas von katholisch sind. Bayern etwa, die Gegend um Münster, Freiburg im Breisgau, um nur einige zu nennen. Hitler hat daran nichts geändert, obwohl er, glaube ich, eher von der katholisch-österreichischen Warte her auf seine Schafe herabblickte.

Schafe hin oder her, für den 1945 durch Selbstvernichtung von uns gegangenen selbsternannten Führer gab es nur das Vaterland. Was hätte Eva Braun dazu gesagt? Die konnte nicht einmal Englisch. Schon aus ideologischen Gründen hätte sie sich nicht zu einer Fremdsprache bekannt, während ich eine Oma hatte, die zwei Jahre in Frankreich mit einem Franzosen verlobt war, dessen Vater eine Ziegelei besaß. Sie sprach gut Französisch, was sie mir nur einmal zeigte, als ein Afrikaner besuchen kam. Ich bewunderte Oma, auch, weil sie Steinpilze und Pfifferlinge lecker zubereiten konnte. Die dazu passenden Spätzle wurden jedoch von Mama gemacht. Kein Wunder, dass für mich mein Vaterland immer wieder zum Mamaland wurde. Auch ihre Soßen waren lecker.




Samstag, 12. Mai 2018

New York? Nein, Alt York. Das York in England.

Wir kamen gestern hier an. Es war kühl. Heute ist es sonnig. Wir machen la grasse matinée, den fetten Morgen. Eine Tasse Tee für Cath, ein Stück Baguette für mich. Butter, Marmelade und hereinscheinende Sonne. Was will man mehr. Wir sind uns noch nicht schlüssig darüber, ob wir meinen Geburtstag feiern sollen oder nicht. Glückwünsche über das Internet sind schon eingetroffen. Nicht aus Amerika. Wegen der Zeitverschiebung. Oder wegen Trump? Dieser Gnom ist zu allem fähig.

Hat er nicht gerade den wackeligen Bund mit dem Iran aufgekündigt? Der Iran wird es überleben und wir auch. Jemand fragte sich gestern Abend in unserem sehr friedlichen Pub ob es nicht an der Zeit wäre, diesen amerikanischen Präsidenten den Weg einiger seiner Vorgänger gehen zu lassen, wobei mir entfallen ist, wer damit gemeint sein könnte. Da ich gegen jede Gewalt bin, ist für mich die Lösung, ihn in ein Irrenhaus einzuliefern, der angenehmere. Selbst Angela Merkel hat ihrer Entrüstung bereits Luft gemacht. Das will viel heißen.

York hat schöne alte Museen und Theater. Zum Anschauen und Ausprobieren. Wegen der vielen Besucher ist auch allerhand Nippes in den Läden anzutreffen, Und an verlockendem Gebäck ist auch kein Mangel. Also nicht schon wieder das Eisenbahnmuseum.Wir kennen das. Viel lieber ein Stück Kuchen. Der Käsekuchen ist, however, von ganz anderer Konsistenz als der in Deutschland übliche. Doch auch der kommt nicht an Mutters Käsekuchen ran, der wie ein Doppeldecker aussah, ein kokett gebranntes braunes Häutchen trug und schmeckte, dass dem kindlichen Esser die Augen überliefen, wenn man so sagen darf.

Wir wohnen nicht etwa im Hotel und schon garnicht im WINSTON CHURCHILL. Cathies Bruder hat hier Freunde, die gerade in Spanien weilen. Wir können das Apartment nutzen und tun dies mit Genuss. Die Tänzerin hat ihre Spuren hinterlassen, woran wir uns erfreuen. Cath macht gerade ein Frühstück: Schinken, Ei, Baguette. Und es riecht nach Kaffee. Die Welt ist also so etwas von in Ordnung. Vor allem der Duft von Schinken und Ei. Ich glaube, ich ziehe mich erst nach dem Frühstück an.

Sonntag, 6. Mai 2018

Echtzeit, was ist das?

Wenn in einem Schreiben der  Sparkasse das Wort Echtzeit über zwanzigmal vorkommt, ist Alarmstufe Eins mehr als angesagt. Dass das Überweisungsformular oder der Zahlungsempfänger wiederholt genannt werden, wird verstanden. Auch bürokratische Einreibungen sind zulässig, wenn sie dem besseren Verständnis auf die Beine helfen.


Wenn der Lateiner sagt, variatio delectat (Abwechslung ist erfreulich), verurteilt er gleichzeitig jede Art von Langeweile. Was meinen aber Banken mit dem Schagwort Echtzeit? Eiszeit, Unzeit Endzeit und Vorzeit haben ihre Bedeutung. Doch Echtzeit ist ein Unwort wie es im Buche steht. Ist Echtzeit etwa Zeit, die echt ist? Was ist dann unechte Zeit?


Manchmal hasst man Moderwörter, selbst wenn sie etwas zu bedeuten haben. Die Echtzeit war mir von Anfang an unsympathisch. Was fängt man damit an? Simultan zur Realität ablaufende Zeit soll Echtzeit sein. Ich verstehe das dennoch nicht. Und ich pfeife drauf. Der Sparkasse empfehle ich, sich den Missbrauch von Echtzeit nochmal gründlich durch den Sparkassenkopf geheh zu lassen. Zwanzig Mal Echtzeit auf drei Seiten. Echtzeit zum Durchdrehen. Das ist einfach zu viel.

Freitag, 4. Mai 2018

Mai 68: Katastrophe? Studentenrevolte? Umbruch?

Fünfzig Jahre sind seither vergangen. Der Mai 1968 schillert immer noch in unseren Köpfen. Den Köpfen derer, die damals jung, unzufrieden und über den grausamen Krieg in Vietnam empört waren. Amerika wollte der Aufpasser dieser Welt sein. Europa wurde gegängelt und Russland wurde noch als das Reich des Bösen angesehen.

Le Général 
Der Algerienkrieg, Frankreichs damalige Achillesferse, war zwar zu Ende, aber der ruhmreiche General de Gaulle spukte immer noch in der Politik herum. Der Mai 68 hat dann auch diese Aera beendet. Vor allem die englischen und französischen Kolonien hatten die Nase voll. Sie wollten unabhängig werden.


In Indien war es Ghandi, der mit seiner absolut friedlichen Methode die Briten aus dem Land jagte. Man wusste, dass die englische Sprache als Kitt für diesen Subkontinent mit über einer Milliarde Menschen herhalten musste. Der Engländer ging, das Land konnte sich entwickeln. Bei über 200 archaischen Landessprachen war es normal, dass die Sprache Shakespears hier eine permanente Aufgabe erhält.


Der Mai 68 hat also unsichtbar die Welt verändert. Während in Frankreich lustig gestreikt wurde, - ich habe es miterlebt - machten sich in Deutschland die Studenten heftig ihrem Ärger Luft. Mit den Talaren von hundert Jahren, so wurde die unvergorene Nazizeit angeprangert. Die akadmische Welt bewegte sich nicht schnell genug. Die Professoren waren oft noch die alten. Was daraus hervorgegangen ist, könnte man als einen gesellschaftlichen Schub bezeichnen.


Wer die Studentenwelt von heute betrachtet, muss annehmen, dass die akademische Welt etwas besonders steriles und langweiliges ist. Wo ist der Umbruch? Wird Macron etwas daran ändern? Angela Merkel, die seit Jahren alles im Griff zu haben scheint? Oder Bremser wie der ungarische Orban? Brexitland ist mit sich selbst beschäftigt. Und "Führer" wie der österreichische Kurz, einer der jüngsten Macher heute, sind schon vor der Faltenbildung erzkonservativ. Wir erwarten also nichts. Nur, dass das alles bald vorüber sein möge.

Sie machten Furore, die Pin-Up-Girls.

Man hielt sie für hübsch. Sie waren fast alle blond und hatten einen leicht amerikanischen Glanz. Erfunden wurden sie, wohl wegen der vielen auf der ganzen Welt herumstreunenden Ami-Soldaten, die etwas zum Anschauen brauchten, wenn sie - fern von Muttern - irgendwo in der Welt ihren Dienst taten.


Auch der deutsche Bauarbeiter hatte sie im Spint: unerreichbar schön, nicht zu intelligent und gertenschlank. Sie lächelte immer und grüßte manchmal sogar militärisch. Bei liebenden Müttern konnte keine Eifersucht aufkommen, denn der Vater war oft schon zu betagt, und der Sohn hatte mit der Schulkameradin rumgemacht und wusste, was eine Taube auf dem Dach bedeutete.


Pin-Ups konnten sich auch sehr schnell als Spatz in der Hand outen und dabei dem Verehrer ganz schön auf der Tasche liegen.


Auch junge Männer lernen schnell, dass träumen das eine, aber der Wirklichkeit ins Auge zu blicken, das andere ist. Mütter fangen früh an, ihre Sohnemänner vor solchen Gefahren zu warnen. Sollte die Mutter zu leichtfertig damit umgehen, gibt es immer noch die Tanten, Kusinen und Großmütter, die den möglichen Untergang voraussehen.


Was mir in die Hände fiel, war ein "Taschenbuch" mit 30 Pin-Ups, auf Deutsch, mit dem Preis, 3 Pfund Sterling, auf dem Etikett. Und dem Titel, immerhin auf Englisch, The Great American Pin.Up.


Man fragt sich schon manchmal, warum manche was tun? Der Verlag nennt sich TASCHEN, Großbritannien. Was das zu bedeuten hat, können nicht einmal die 30 Pin-Ups erklären.


Ein wenig patriotisch sind sie schon, diese Gören. Amerikanisch, natürlich. Sie werben für ihre Heimat mit Cowboyhut und Colt, in den Farben der VereinigtenStaaten. Ehrlich gesagt, mir sind diese Damen immer noch etwas zu blutleer. Aber, das ist höchstens eine Krankheit, kein Verbrechen.

Ups, = Badisches Pin-Up 









Donnerstag, 3. Mai 2018

Symphonie in Kirschgrütze.

Mit den Symphonien ist es so eine Sache. Wer einmal Blut geleckt, dessen ganzes Leben kann eine Symphonie sein. Die mit dem Paukenschlag, die Nummer 94 in G-Dur, von Joseph Haydn, ein wahres musikalisches Meisterwerk, man wartet einfach darauf, bis es kracht. Nur diesen Dirigenten, dessen Namen ich nicht nenne, kann ich nicht sehen, ohne in schallendes Gelächter auszubrechen: er hat eine ungewöhnliche Himmelfahrtsnase, und sein Mund erinnert an ein Tier, das gerade zuschnappt. Eine Art musikalicher Trump. Armer Chef d'Orchestre.


Eine farbliche Symphonie gelingt immer, wenn man einen schmackhaften Joghurt mit einer Ladung frischer Kirschgrütze mischt. Es schmeckt auch herrlich, wenn man gerade mal Lust auf etwas Süßes hat. Das Ineinandergehen von Weiß (der Joghurt) und Rot (die Grütze) ist kreativ und aufregend. Natürlich kann man der Meinung sein, dass Joghurt mit Kirschgrütze alles nur nicht aufregend ist. Was machen wir dann mit der frischen Entenleber auf gedämpftem Apfel? Wer Geschmacksnerven besitzt, weiß auch den Joghurt mit Grütze zu schätzen.


Man versteigt sich also nicht zu sehr, wenn man die obige Speise berückend findet. Jeder hat so seine Vorlieben, und die herannahende Kirschenzeit macht aus dem normalen Esser einen Träumer. Schon seit einigen Tagen ist unser Kirschbaum verblüht. Das lustgetriebene Warten auf das Heranreifen der Kirsche ist jetzt angesagt. Wenn die herrlichen Klunkerkirschen dann reif sind, werden sie einfach gegessen. Zu etwas anderem eignen sie sich nicht. Kirschplotzer wäre ein Fehlgriff. Kirschmarmelade wird aus Sauerkirschen gemacht. Kirschnachtisch mit Eiskrem? Nein.


Doch mit unseren Kirschen am Baum ist gut Kirschen essen. Das Schöne daran: man pflückt eine ganze Schüssel vor und stellt diese vor sich hin. Dann kann man sich richtig sattfressen. Das Traurige daran ist, dass die Kirschenzeit so schnell wieder vorbei ist. Warum glaube ich nicht, dass Donald Trump ein richtiger Kirschliebhaber ist? Das passt irgendwie nicht zu ihm. Genauso wie er völlig ungeeignet scheint, eine Symphonie zu dirigieren. Dann auch noch die mit dem Paukenschlag? Nie und nimmer.