Sonntag, 18. März 2012

Guten Tag, Joachim Gauck


Noch bist Du nicht Präsident, sondern Wunschpräsident. Dieser Blog wird erst rausgehen, wenn das Radio Deine Wahl zum Bundespräsidenten bestätigt hat. Dann werde ich zum respektvollen "Sie" übergehen, und zwar mit Freude. So lange möchte ich mich noch in der Illusion wiegen, dass Du, der gestandene Bürger aus Ost, mit dem altgenugen Bürger aus West so viel Gemeinsames hast, dass das "Du" eine Möglichkeit ist. Übergeschnappt? Ich? Wieso?

Als einer aus Hessen mit größtmöglicher Brutalität etwas aufklären wollte, hatten bereits zu viele Köche den Brei verdorben. Es ging um Geld, und der Aufklärer hat sich in die Büsche geschlagen, bevor er dazu kam. Als Du die berühmte Behörde übernommen hast, die Deinen Namen immer noch stolz trägt, hatten sich andere so unglaubwürdig gemacht, dass ich sie auf jeden Fall siezen würde, und meine Hand wäre mir zu schade, um sie einem solchen zu reichen. Dass Deine Behörde nicht auf Rache aus war, sondern auf Gerechtigkeit, hat jeder sofort gespürt


                         


Bei der Wende hatte ich das Glück, mit meinem schwedischen Parlamentspräsidenten (der Parlamentarischen Versammlung des Europarates) ganz offiziell nach Ostberlin reisen zu können. Nicht nur trafen wir die damaligen Größen der nochDDR, inklusive den Runden Tisch, nein, noch im Januar 1990 wurden wir mit den Insignien der schwindenden Macht mit schwarzen Volvos durch die nochHauptstadt der DDR gefahren. Die Fahrer waren noch an die alten Machtgesten gewöhnt: Bei Rot natürlich über die Ampel (das gibt es auch in Rom und Athen), die Motorradeskorte scheuchte die Fußgänger beiseite, und ein störrischer Radfahrer, der die Nase voll hatte, hob verächtlich seinen Arm und fuhr stur weiter. Ich im Volvo und mein Präsident, wir haben uns gefreut ob solchen Ungehorsams.

                                           Wrong building, but who cares?

Von Dir, lieber Joachim, hatte ich damals noch nichts gehört. Die Zeiten waren aufregend, und wir mussten alle ganz schnell ganz viel lernen. Von Dir kann ich sagen, dass Du auf den Ehrensold aus Scham verzichten würdest, hättest Du Dir die "Eskapaden" Deines Vorgängers geleistet. Ich übrigens auch. Man soll doch nicht behaupten, man kenne seine Pappenheimer nicht. Nur wer nicht ganz dicht ist, ist für alles offen (einer der genialen Sprüche, die den Bayern über seine Grenzen hinaus berühmt gemacht haben). Der Wahnsinn heißt heute: Geld. Alles was Geld bringt ist gut. Das müssen wir gemeinsam bekämpfen. Ich hoffe dabei auf einen Präsidenten, der sein Amt wieder zu dem Macht, was es eigentlich immer war: eine verantwortungsvolle, integre und beispielgebende Aufgabe, die seinen Träger ehrt und auch den kleinen Bürger, der zu einem großartigen Präsidenten aufschauen möchte. Nicht zu einer Sparbüchse für Frührentner.

Joachim, ich warte jetzt nur noch auf die Meldung aus dem Radio. Dann werde ich respektvoll mein aufmüpfiges "Du" zurückziehen und zum bürgerlichen "Sie" übergehen. Nicht, ohne Ihnen, Herr Wunschpräsident, für Ihre neue Aufgabe alles, alles  Gute zu wünschen.

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