Mittwoch, 30. März 2016

Besuch der alten Dame - Schöne alte Frau

Alte Damen, auch die von Friedrich Dürrenmatt, haben eine Vergangenheit. Männer auch, aber die ist uninteressant. Von den alten Pariserinnen weiß man, dass sie sich etwas schämen, betagt zu sein. Das Klischee, Frauen seien hübsch, wenn sie (blut)jung und begehrt sind, aber uninteressant im Alter, ist mehr als überholt. Wie sagte Jean Cocteau so schön? Die Jugend kommt erst mit dem Alter. Ich, als Mann, habe immer schon gefühlt, dass Jugend in erster Linie eine Frage der Perspektive ist. Frauen sollten nicht den Fehler begehen, ihre Jugend durch kosmetische Hilfsmittel ad infinitum zu verlängern. Obwohl, wir Männer schätzen es, wenn Frauen ein wenig nachhelfen und auch mit 70 noch etwas hermachen.

ch möchte hier allen Ernstes von der Schönheit alter Frauen sprechen. Eine Frau, die als Mädchen einmal  hinreißend hübsch war, hat zwei Möglichkeiten, in die Altersklasse "betagt" einzutreten: die eine ist, einfach alt zu werden, mit Runzeln an Gesicht und Händen (siehe Abrecht Dürers Mutti, vom Künstler porträtiert), und die einstige Anmut den Bach hinunter gehen lassen. Die andere Möglichkeit ist die, ohne fremde kosmetische Hilfe die Schönheit zu bewahren. Schon als Kind habe ich bemerkt, dass Schönheit altern kann.


Mit 90 darf man so aussehen 
Das anti-ageing Gemurmel der Kosmetikauguren kann getrost vergessen werden. Falten sind Falten. Wer sagt, dass Falten unschön seien, hat sich die gereifte Catherine Deneuve oder unsere Christiane Hörbiger nicht richtig angeschaut. Trotz der gelegentlichen Nachhilfe durch Mittelchen und Korrekturen ist die gealterte Urfassung der Gesichter gut zu erahnen. Das Facelifting, das eine Art bezahlter Verunstaltung ist, wirkt eher unglücklich. Die früher reizvolle Brigitte Bardot mag ein warnendes Beispiel sein. Bei manchen tritt leider der zehrende Lebensweg allzu deutlich zutage. Auch, natürlich, bei Männern.

Sie hieß Luise, war über 70, als ich 18-19 war, und ich empfand eine tiefe Zuneigung zu ihr. Meine Mutter und meine Tante waren mit ihr befreundet. Luise hatte ein schweres Leben hinter sich. Der Mann im Krieg verstorben, der einzige Sohn in Russland gefallen. Sie floh vor den Sowjets aus der  schönen Villa in Erfurt und lebte bei einem Cousin und dessen Frau im Westen. Es ging ihr gut, doch litt sie unter dem Verlust ihrer Männer. In zarter Zurückhaltung wurde ich so etwas wie ein Ersatzsohn. Liebe Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke inbegriffen. Wir wurden enge Seelenverwandte, von allen mit Achtung bedacht. Damals war ich häufig verliebt, wie es sich gehört. Doch Luise hatte in meinem Leben einen eigenen festen Platz. Ihre Schönheit bestand aus einer Menge Falten, die ihren Edelmut nicht verleumden konnten, sowie das gewisse Etwas einer ehemals begehrten Frau. Zu meinem großen Schmerz habe ich nicht nur meine Eltern verloren als ich im Ausland lebte, sondern auch Luise, die mir nach Jahren, scheu wie ein junges Mädchen, noch das Du angeboten hatte.

Heute habe ich das Alter von Luise und hoffe, dass mein Gesicht noch etwas von dem widerspiegelt, was mich als Jüngling vielleicht reizvoll gemacht hat. Ich weiß also Bescheid über die Nuancen der weiblichen Schönheit und verstehe, dass manche Menschen das Talent besitzen, mit den Jahren schöner zu werden.






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