Montag, 30. Januar 2017

Istanbul - Ost-West-Hauptstadt?

Ein schlaues Kerlchen wie Napoleon, selbst mit Plänen der hegemonialen Art geplagt, soll gesagt haben, wenn es eine gemeinsame Hauptstadt für alle Länder der Welt gäbe, wäre dies Istanbul. Ich dachte immer schon, dass Istanbul einer jener Orte ist, an dem die frühe Menschheit sich seit Menschengedenken getummelt hat. Die Lage zwischen Europa und Asien, am Bosporus, der das Schwarze Meer mit dem Mittelmeer verbindet, ist zu verführerisch für Herrscher, Entdecker und Träumer. Wer ist nicht schon durch Byzanz, Konstantinopel und Istanbul gezogen und dort sogar hängen geblieben? Der römische Kaiser Konstantin, der sein Reich in Gefahr sah, als Byzanz mehr und mehr Macht erhielt, zog an die Kapitale am Bosporus und machte daraus Konstantinopel.


So etwas kann weder von Trier noch von Gelsenkirchen gesagt werden. Wobei Konstantin auf dem Weg nach Osten zuerst noch sechs Jahre in Trier einlegte, das dann die provisorische Hauptstadt des untergehenden römischen Reiches wurde, denn die Verteidigung des Römerreiches gegen die Einfälle der Germanen war auch notwendig. Konstantin herrschte in Trier von 306 bis 312 nach Christus und zog dann an den Bosporus. Die Germanen haben ihren Weg nach Süden fortgesetzt. Niemand konnte sie mehr aufhalten.



Als dann Konstantinopel von den Osmanen erobert wurde, drehte sich das Blatt wieder, und aus der Stadt am Bosporus wurde Istanbul. Das Osmanische Reich hatte schon die gesamte heutige Türkei erobert, als es zum entscheidenden Kampf um Konstantinopel kam. Mehmed II. war der regierende Sultan, der 1453 die Tore Konstantinopels zerstörte und aus der neuen Hauptstadt seines Reiches Istanbul machte. Das byzantinische Reich war über 1000 Jahre alt geworden, als es zerstört wurde. Viele behaupten, dass damit der Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit eingeläutet wurde.

Am Bosporus 
Heute kann man Istanbul als das Tor nach Asien bezeichnen. Zwei riesige Hängebrücken überqueren den Bosporus. Davor galt Konstantinopel für die Osmanen als Tor zum Westen. Mit schätzungsweise 15 Millionen Einwohnern ist Istanbul die volkreichste Stadt Europas. Den Drang der Osmanen nach Westen kann man getrost mit den Germanen und ihrem Drang nach Süden vergleichen. Die Migrantenströme waren immer schon enorm. Das hat sich auch in der Neuzeit nicht geändert.


Ohne die Befindlichkeit eines offen diktatorischen Recep Tayyip Erdogan untersuchen zu wollen, - was schwebt ihm vor? - muss man erkennen, dass die türkische Hinwendung nach Europa sehr konkret war. Meine ersten Besuche in Ankara, der heutigen Hauptstadt der Türkei, erstaunten mich schon 1980 durch diese eindeutigen Bekenntnisse zu Europa. Frau Merkel wollte dies nie wahrhaben und hat den türkischen Gefühlen mit der persönlichen Ablehnung der Türkei als Beitrittskandidaten zur EU damit einen schweren Schlag versetzt. Wie man diese Kuh wieder vom Eis holen soll, ist mir ein Rätsel. In gewisser Weise ist Istanbul die europäischste Stadt Europas.









Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen