Sonntag, 22. Januar 2017

Blog über das Bloggen



Zuerst gefiehl mir diese Freiheit, meine Gedanken auszudrücken und in das Internet zu pusten. Alle Themen, alle Aspekte, alle Spinnereien waren mir gerade gut genug. Der Erfolg stellte sich ein: viele Aufrufe aus mindestens 50 Ländern bestätigten ihn mir. Dann kamen die Schreier vom rechten Lager, und die anderen Unbehirnten. Ich konnte nicht schweigen und habe mehrmals heftig gekontert. Vor allem, gegen den internationalen Aufmarsch der braunen Hetzer, die sich überall ähnlich daherkommen. Im Internet sind sie zuhause. Facebook und Twitter sind ihr Kommunikationsmittel. Wer da dumme oder agressive Meinungen zum Ausdruck bringt, ist selbst schuld. Man fühlt sich getroffen und schlägt zurück. Und verdummt mit den Autoren dieser Hetze.  


Wer versucht, die Menschen zu erheitern, unterhalten, vielleicht zu belehren, kann auf Reaktionen hoffen, sogar auf Lob. Doch, wer sich per Blog an den ganzen Globus wendet, sollte nichts erwarten. Der Hut ist zu groß, den man sich da aufsetzt. Das ist reizvoll und kann befriedigen. Kommentare sind dann kurz, vielleicht dankbar, eigentlich nie feindlich oder herablassend. Bei Facebook oder Twitter wird der gesamte Erdball angesprochen.  Wenn Scheiße geredet wird, sind theoretisch Milliarden Erdenbürger angesprochen. Wer die deutsche Sprache benutzt, kann schätzungsweise bis zu 200 Milionen erreichen. Das genügt, um mindestens 200 wütende Reaktionen auszulösen. Bei den ganz Gehirnlosen sind immer noch genügend schreibfähige Hetz- und Drohprofis übrig, um dir das Leben schwer zu machen: ich weiß, wo du wohnst!  Sorge dich um deine kleine Tochter! Du menschliche Kacke! Grenzen nach oben oder unten sind da nicht gesetzt.


Solche Rede verführt auch den frömmsten Zeitgenossen, sich zu vergessen und dagegen zu hauen. Meist bricht der Kontakt dann ab. Oder, es wird eine Schimpfkampagne ausgelöst. Wir haben schon genug Erfahrung und könnten jetzt einfach lernen, zu ignorieren, zu verzeihen, zu vergessen. Warum soll ich eine aufwändige Feindschaft mit einem mir völlig unbekannten Idioten führen, der nicht einmal seine Muttersprache beherrscht? Facebook, etwa, kann ja auch ferne Freunde und Verwandte übers Internet wieder näher bringen. Deshalb wird es gerne genutzt. Wie persönlich und kostspielig kann dagegen das Telefon sein.


Ich habe bisher in 6 verschiedenen Ländern gelebt und gearbeitet. Da freut man sich, von dem einen oder anderen zu hören. Man kann das Maß des Gedankenaustausches auch selbst bestimmen und sich eine variable Gemeinschaft von Freunden „einrichten“. In England, wo ich lebe,  gibt es über 130 000 Deutschsprachige, von denen die meisten - wie ich vermute - facebooken und/oder twittern. Etwa 500 000, weltweit, haben einen oder mehrere meiner über 1000 Blogs aufgerufen. Kein böses Wort kam da zurück.Ein etwas unklarer Kommentar. Ich werde geduldet, und da die Zahl meiner „Kunden“ ständig steigt, darf ich annehmen, dass ich erfolgreich bin. Oder, werde ich weltweit nur aus Versehen angeklickt? Dann werde ich trotzdem weiterbloggen, denn ich mag, was ich tu, und ich tu was ich mag.

Trumpeffekt: das Toupet auf dem Toupet 
Bloggen ist der kosmopolitische Austausch von Gedanken, Meinungen, Fehlmeinungen und Lügen. Wie und wo das alles ankommt, ist fraglich. Es kann auch in der unmittelbaren Nachbarschaft des Autors landen. Dann entsteht der Trumpeffekt. Ein ungebildeter, Frauen verachtender, steinreicher Schwätzer schafft es, Präsident zu werden und Drohungen auszustoßen. Achtung vor einem Demokraten dieser Art? Dass ich nicht lache. Ein Land wie die USA wird öffentlich in die Pfanne gehauen und scheint auch noch mitzumachen. Die Brexiterfahrung hat gezeigt, dass ein im allgemeinen unauffälliges Land wie Großbritannien den größten Lügen über die EU aufsitzt und entsprechend Entscheidungen trifft, für die schwer bezahlt werden muss. Wer die Profiteure dieser Manipulation sein werden, ist noch nicht klar. Teresa May sicher nicht.

Der Unterschied 
Die neue Freiheit des weltweiten Zugangs zu Information, Desinformation und Kommunikation ist noch jung und kann total missverstanden werden. Ich selbst blogge weiter und bin bereit, alles zu verantworten, was ich vertrete. Ohne mich an Donald Trump messen zu wollen, kann ich sagen, dass ich mich für all das von diesem "Herrn" Hinausposaunte irgendwie mitverantwortlich fühle, wenn ich dem nicht laut und deutlich widersprechen kann. Meinungsfreiheit könnte man das nennen.



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