Montag, 27. November 2017

Es gibt solche Tage.

Über das Wetter muss nichts gesagt werden, außer, dass es wahrscheinlich nicht regnet. Das Reifengematsche auf nassen Straßen verrät sich gewöhnlich selbst. Ich weigere mich heute entschieden, aus dem Fenster zu blicken. Das Anwerfen meines Rechners schaffe ich gerade noch. Dann straffe ich meinen Bademantel und hoffe, dass wenigstens der Kaffee sich von selbst macht.


Cath muss gleich irgendwohin. Ich habe ihr Ziel vergessen. Oxenhope? Hebden Bridge? Heute lasse ich mich gehen. Das Radio hat schon so viel Unsinn über den Brexit erzählt, die tägliche Dosis an Zweifeln und Selbstzweifeln eben. Wir Verbraucher, Kunden, Leser, Seher (fern- und schwarz-) und an-etwas-glauben-Wollende können uns an nichts mehr halten. Selbst unsere Erinnerungen kommen uns vor wie geklonte Schatten aus dem Reich des Vergessens.

Geklonte Schatten? 
Wo sind die Kanzeln geblieben, von denen noch vor 50 Jahren vorwurfsvoll heruntergepoltert wurde, was wir tun und lassen sollen? Marilyn Monroe konnte noch unbehelligt mit dem Hintern wackeln, (honni soit qui mal y pensait). Das war ferne Traumwelt, die sich jeder unzufriedene Ehemann leisten konnte. Sex war zwar so gut wie verboten, doch Liebemachen von vorn, hinten, nackt oder in Plastik gehüllt, ging allemal. Das Hin- und Wegschauen wurde geübt, bis wir genug hatten. Dann war auch diese Aufregung ausgelebt.


Die Legitimität erfasste die allgemeine Medizin. Man konnte schon über fast alles reden. Barnard hat das erste Herz verpflanzt. Dein Mann, das unbekannte Wesen (Oskar Kolle) gab Einblick in das männliche Befinden. Die Frau wurde unter dem Schleierchen des wissenschaftlichen Bemühens ebenfalls durchleuchtet. Dass zu viele Schlaftabletten impotent machten, wurde damals ebenso herausgefunden, wie die relative Nutzlosigkeit des Lebertrans. Das Sexsymbol der Fünfzigerjahre sagte einmal: gib einem Mädchen die richtigen Schuhe, und sie erobert die Welt.


Mona Lisa von Da Vinci ganz unschuldig? 
Wie komme ich auf Lebertran? Dieses Gesöff hat Teile meiner Kindheit zerstört. Ich denke, ich wäre auch ohne Lebertran ein hübscher Mann geworden. Jetzt ist alles zu spät, geht es mir durch den Kopf. Marilyn Monroe hatte Arthur Miller geheiratet, ein Missgriff, den sie bereute, sonst hätte sie sich nicht ihr glamouröses Leben genommen. Hat sie auch Lebertran einmehmen müssen? Hat Mona Lisa? Als der Konsum von Lebertran zurückging,  schmeckte er plötzlich kindgerecht, ja, fast lecker. Heute ist das Quälwort unserer Kindheit obsolet geworden. Wie schön!

Es gibt solche Tage, da fällt uns nichts Vernünftiges ein. Der Regen prasselt jetzt hörbar gegen die Scheiben. Vielleicht ist das ein Trost. Der Lebertran unserer frühen Tage war eine kindliche Demütigung. Sogar der Löffel stank noch nach dem Abwaschen. Hätte doch Donnie Trump davon genippt. Er wüsste dann wenigstens wie es ist. Es gibt halt solche Tage, da kann man auch ungestraft Lebertan zu sich nehmen...





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