Sonntag, 12. Februar 2017

Jean Sibelius oder Tarja Halonen? Land der Stille

Wer mit seinen finnischen Freunden die hundertjährige Unabhängigkeit Finnlands feiern möchte, weiß zunächst nicht, wo er mit seinen Erzählungen beginnen soll. Jean Sibelius, der größte finnische Komponist, half seinen Landsleuten im Kampf um die politische Befreiung vom russischen Joch, ihre nationale finnische Identität zu gewinnen. Auch Tarja Halonen, die erste Finnin als Präsidentin ihres Landes, hat als Menschenrechtlerin und Gewerkschaftlerin viel für das Land getan. Das freundschaftliche Verhältnis zu Putin ist vielen in Erinnerung. Als sie Außenministerin war, bin ich ihr  bei ihren Besuchen im Europarat begegnet: eine bescheiden auftretende, intelligente und gut gelaunte Frau, zu der man sofort Vertrauen fasste.

Tarja Halonen 
Ich glaube aber, es war  der Schwan von Tuonela oder sein Violinkonzert Op. 47, die mir den Kopf verdrehten, als ich den Erzählungen von Kirsti und Raija lauschte und mit ihnen finnische Musik hörte. Als Studenten in Freiburg hatten wir eine schöne, kurze Zeit, in der ich auch selbtgebackenes Piraka kennenlernte, ein dunkles flaches Brot, das mit Butter und Salz zubereitet wurde. Inzwischen scheint Piraka so etwas wie ein Technomonster zu sein, auf das vor allem Kinder abfahren. Als ich dann beruflich nach Helsinki, Turku, Jyväskylä und Tampere kam, war ich vom Reiz Finnlands berückt. Sommer wie Winter gaben sich wie die zwei Seiten eines Märchens. In den hohen Norden Finnlands kam ich nie.

Jean Sibelius 
Gerade höre ich im Radio zum hundertsten Mal das Violinkonzert von Sibelius, gespielt von der talentierten hübschen Koreanerin Soyoung Yoon, von der ich nur hoffen kann, dass ich ihre Herkunft richtig gedeutet habe. Sie spielt auf einer echten Stradivari.  Eine eigenartige Sehnsucht packt mich. Statt hier im grauen kalten Yorkshire zu träumen, säße ich lieber in stillen Wäldern in Finnland, wo der Ausbruch des Frühlings zwar recht spät stattfindet, aber dafür mit einer ungeheuren Macht. Ich glaube, die Finnen feiern diesen Frühjahrsbeginn eine Woche lang. Und auch die vielen Seen laden zu endlosen Wanderungen ein, wobei ich noch nie einen Elch oder einen Bären zu Gesicht bekam. Dafür aber auch nicht viel gewandert bin.

Soyoung Yoon 
Der finnische Humor ist so eine Sache: ich glaube, man will nicht lauthals lachen, wie hier in England, wo es eigentlich zur Zeit nicht viel zu lachen gibt, sondern etwas Geistreiches hören, das zum Lächeln reizt. Gelächter scheint nicht in die Stille des Landes zu passen. Auch an Fabriklärm wie in England oder Deutschland kann ich mich nicht erinnern. Eher an traurige oder einsame Stimmungen, die wir auf dem umtriebigen Kontinent nicht finden. Einfach cool.


Für Cathie ist Marimekko ein Markenzeichen, das für sie guten, einfachen weiblichen Geschmack verkörpert. Für mich waren das hingegen immer die aesthetisch-nüchternen Gebrauchsgegenstände, die man in Helsinkis größtem Kaufhaus Stockmann finden kann. Wie Finnland überhaupt für nüchternes nordisches Design bekannt ist.

Marimekko? 
Für mich ist Finnland ein Bruderland oder ein Schwesterland. Noch nie habe ich etwas Negatives über das Land und seine Bewohner gehört, was zu Zeiten eines Donald Trump ungewöhnlich anmutet, verunglimpft dieser doch ungeniert alles was ihm einfällt. Der lärmende Ton des heutigen Amerika scheint mir im krassen Gegengsatz zu einem Land wie Finnland zu stehen, das für mich eine stille europäische Insel des Friedens ist.








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