Donnerstag, 1. Dezember 2016

Im Facebook tobt das Leben. Aber, wohin?

Viele scheinen es noch nicht gemerkt zu haben: es wird jetzt mehr Zeit vor digitalem Gerät verbracht, als je zuvor. Es beginnt früh morgens im Bett, lässt den Frühstückstisch nicht aus, die Fahrt im Bus oder Zug, und endet nicht in der Mittagspause. Schon die kleinen Kinder hängen an ihren I-Pods, I-Pads, Rechnern aller Art und schauen gebannt auf allerhand unterhaltsamen, hirnarmen oder auch lehrreichen Unsinn. Damit bewegen sie sich digital in einer neuen Welt. Die alte Welt, die mit Menschen, Omas, Opas, Vätern, Müttern und Gleichaltrigen zu tun hat, scheint immer weiter entrückt. Manche verbringen ihr Leben schon hauptsächlich im Internet, Facebook, bei Twitter oder Ähnlichem. Da kann man mühelos an gefühlsmäßigen Tsunamis teilnehmen, seine ungereiften Meinungen bekunden, oder die Schönheiten einer unbekannten Natur und Tierwelt bewundern.


Das bis vor kurzem noch eintönige (?) Leben hat sich in eine aufregende Unterhaltungswelt verwandelt, wobei Politik, Religion, Kultur, Natur, Recht und Gesetz und eine Art Gurumentalität mit neuen Augen gesehen werden. Unsere Werteskala gerät dadurch permanent ins Wanken, wenn sie nicht sogar ganz verschwindet. Merkel muss weg wird zu einem hassverbrähmten Rülpser, Laut gegen Nazis nennt die Gegner Faschisten, Dreckspack, Mörder, Nazischweine. Man fühlt mit und kann sich dazu äußern. Das Sterben in Aleppo, auf Facebook zu betrachten, macht betroffen, löst sogar eine Welle der Hilfsbereitschaft aus.


Völlig unbedarfte Kreaturen (ich erlaube mir eine Wertung) treten aus der Anonymität heraus und werden zu Negativstars: Frauke Petry, Bernd Höcke, Beatrix von Storch, Nigel Farage, Marine Le Pen. Die anderen lasse ich weg. Die Liste der Geistesgestörten und Rechtslastigen in den Meckerportalen ist inzwischen zu groß. Auf der Gutseite kann man Videos mit ganz alten Menschen sehen, denen man ein Kätzchen in den Schoß legt, was die traurigen Gesichter wieder aufhellt.

Dann, die große Bekennerwelle. Das Gute in uns verschafft sich Luft. Liebe zu Mensch und Tier, ausländischer Wurzel und hungernden Kindern. Man nutzt alle Mittel: Sadly, 97% won't repost this, but....während die Amerikaner gerade abgelenkt werden durch Kardashians, Brangelina, Identitätspolitik und Clowns (um Trump mal nicht beim Namen zu nennen),  werden 7 Species von Bienen gerade auf die Liste der gefährdeten Arten gesetzt. Dabei gibt es ohne Bienen keine Erdbeeren, Avocados und Kaffee mehr. Like and share, bevor es zu spät ist. Wir werden also in etwas hineingezogen, was neu ist: eine leicht moralische Weltsicht der Dinge, die zur Vereinheiltichung unseres Tuns führen kann, oder auch nicht. Dazu kommt der Gebrauch von internationalem Englisch das schwer zu verstehen ist. Wahrscheinlich brauchen wir das alles, schon wegen der Massen an Flüchtlingen, armen und unterdrückten Mitmenschen.


Man kann die Facebook- oder Internetsucht leicht als etwas Abartiges abtun, kommen davon jedoch nicht wieder los. Also, Augen zu und durch? Oder, sich auf die urmenschlichen Instinkte besinnen und den Überlebensmechanismus neu bestimmen? Eine Neubestimmung kann nie schaden.


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