Freitag, 9. Dezember 2016

Heute ist so ein Tag: es geht mir dreckig!

Warum lasse ich mir das nicht einfach auf der Zunge zergehen? Es gibt Tage, da möchte man nicht aufwachen. Nie mehr aufwachen. Der Blick nach draußen sagt mir: Wetter, heute, beschissen. Gibt es Menschen, die einen solchen Zustand genießen können? Ich nicht. Ich schäme mich für die Kopfschmerzen und das Ziehen im Rücken. Und, warum juckt mein ganzes Unterteil? Das Klappern der Müllmänner, die gerade die Tonnen leeren, hilft da auch nicht.


Vielleicht die Nachricht im Briefkasten? Herzlichen Glückwunsch. Sie haben eine Villa im mediterranen Süden gewonnen. Auch das noch! Das ist Verdummung. Villas im Süden gewinnt man nicht. Aber der Gedanke daran könnte den Magen etwas beruhigen, wenn da nicht im Radio das dämliche Orgelspiel von Classic FM wäre, die zum xten Mal einen Gassenhauer von Bach brutal herunterdudeln. Abschalten!

Ich habe zu lange getrödelt. Der Kaffee ist jetzt kalt. Werde ich mich anziehen, oder tatenlos herumliegen, spärlich bekleidet im grauen aber sehr flauschigen Bademantel, den ich mit Cath neulich bei Mark & Spencer in Leeds gekauft habe? Ein echter Lichtblick, der Bademantel. Ich muss zur Tiefkühltruhe vordringen, um die Hühnerbrust heraus zu nehmen. Wenn ich es schaffe, bis Cath nach Hause kommt, eine Hühnerbrühe mit Gemüse herzustellen, ist unser Magen gerettet. Auch Glückshormone soll eine solche Suppe auswerfen, sagt man.


Alleine im Haus und kränklich, ist genauso schrecklich wie der gerade eingespielte Bolero von Ravel. Unerträglich! Warum schalte ich nicht für immer ab? Wenn man sich einmal die Scheherazade von Rimsky-Korsakov wünscht, kommt sie nicht. Statt dessen frage ich mich, ob ich nicht doch Glück habe, wenn ich den Zettel mit dem Villagewinn ausfülle. Man weiß ja nie. Jetzt ist auch noch mein Hirn beschädigt. Das geht in Richtung Depression.

Cath kommt ins Haus gestürmt. Sie war bei Keelham's in Skipton und brachte Gemüse mit und schöne Artischocken. Das ist in Yorkshire selten. Ein Lichtblick, sozusagen. Wenn jetzt einmal nichts Schwachsinniges über Donald Trump im Radio verkündet wird, könnte es langsam wieder bergauf gehen. Das Jucken in der Pogegend, lässt nach. Vielleicht sollte man solche Untage einfach aussitzen. Warten bis es vorbei ist? Helmut Kohl und andere haben es vorgemacht.


Da fällt mir ein, dass ich heute noch zum Friseur muss. Ich habe es dann am Nachmittag geschafft. Es war kein einziger Kunde da. Nur ein mit kleinen Silberringen und Piercings im Gesicht verbrämtes Mädchen fragte mich, ob ich angemeldet sei. Ich verneinte und wurde von ihr an den Stuhl geführt: I have 5 crowns to look after und brauche keinen Scheitel. Das mit den 5 Wirbeln versetzt jeden Haarkünstler in Aufregung, denn ich weiß nicht, wo diese Wirbel sind. Wenn man sie jedoch falsch beschneidet, sehe ich wie ein Schulanfänger aus. Diese Gefahr hat mein schweigsames Mädchen grandios umschifft. Genau 7 Pfund Sterling musste ich dafür hinlegen. Ein wohltuender Preis für einen liebevollen Haarschnitt.

Die Sonne kam heute nicht mehr zum Vorschein. Meine Depression ist gewichen. Die Hühnersuppe schmeckte, und der Tod von Hildegard-Hammbrücher und von Douglas Kirk, beide mit 95, hat wieder einmal gezeigt, wie relativ alles ist.








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