Mittwoch, 7. Dezember 2016

Die Sache mit den Schwulen.

Manchmal denke ich, Schwulsein hat sich noch lange nicht freigestrampelt. Manche rückwärtsgepolte Zeitgenossen, versuchen immer noch, sich und anderen einzureden, Homosexualität sei heilbar. Da kann man nur alles Gute wünschen. Im Land der englischen Königin ist man ganz sicher schon weiter. Seit wir hier leben, erfahren wir täglich, wie normal es ist, sexuell anders als hetero orientiert zu sein. Es gibt schon viele, für die Schwulsein überhaupt kein Thema mehr ist. Schließlich hatten wir einen liberalen Außenminister und einen linken Regierenden Bürgermeister in Berlin. Und schon wissen wir heute nicht mehr so genau, wer schwul und wer unschwul ist. Ich kann nur sagen: das ist gut so. Es wird unsere Gesellschaft erträglicher machen.

Russell Tovey, Werwolf und aktiv schwul. 
Eigenartigerweise hat die Machoseite in Deutschland nie zu große Töne gespuckt. Kommissar Schimanski oder Boxer wie Max Schmeling waren zwar sehr macho, ohne jedoch irgendwie triumphal zu wirken. Sie wussten, dass sie nur Teil eines vielfältigen Spektrums waren. Ihre Intelligenz hielt sie von Verallgemeinerungen ab. Die amerikanische Cowboymentalität saß, so kann man das sehen, immer schon auf dem hohen Ross. Ein Rinderkönig konnte nicht schwul sein. Stammt die Trumpsche Allergie gegen alles "Unnormale" von da? Oder hat es mehr mit einem schwer verdauten Pietismus zu tun? Merkels Republik hat also auf diesem Gebiet sicher schon rasante Fortschritte gemacht. Deutschland ist fast normal geworden, wenn man von puritanischen Eruptionen des rechten Lagers absieht. Moralische Regungen am falschen Platz, das ist typisch für das komplexgeladene neonationalistische Gedankengut. Das ist Hass und Intoleranz. Es ist auf keinen Fall richtungweisend.


Das ist das Interessante an unserer Zeit: wir schichten unser Bewusstsein ständig um. Was noch vor kurzem recht heftig klang, wenn man einen Nicht-Hetero eine schwule Sau nannte, scheint nicht mehr akzeptabel. Guido Westerwelle und Klaus Wowereit haben in der allgemeinen Anerkennung von sexuellem Wie-Sein und So-Sein wahre Pionierdienste geleistet. Neben London, New York, San Francisco und Wien gehört auch Berlin heute zu den 10 weltoffensten Städten auf diesem Gebiet. Die zuweilen bizarren Umzüge, wie Christopher Street Day haben da ebenfalls mitgeholfen. In vielen Ländern bekennen sich Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgender und weitere sexuelle Minderheiten zu ihren Neigungen. Das Coming out ist fast zur Selbstverständlichkeit geworden.

Öffentlicher Kuss nicht ausgeschlossen 
Doch bleiben große Probleme: die (Vor)Verurteilung als abartig und ausschweifig scheint noch das geringste unter den Problemen zu sein. Die Gleichbehandlug ist wichtig, angesichts der Diskriminierung. Und noch etwas ist für diese Gruppen jetzt notwendig: sie wollen nicht ständig im Mittelpunkt voyeuristischer Neugier stehen. Im abgebrühten England erheben sich Stimmen, die LBGT-Gemeinde, die Gay-Pride nicht nur toleriert zu sehen, sondern mit Stolz und Selbstbewusstsein durchs Leben gehen zu können. Ich bin schwul. Das geht niemand was an. Und wem es nicht passt, der kriegt eins auf den Hut.  Schwulsein und Anderssein als absolutes Menschenrecht. Nicht nur religiöse Kreise haben damit noch Probleme, sondern auch undemokratische Regime. Man kann nur hoffen, dass die natürlichen Unterschiede zwischen den Menschen allmählich aus dem Fokus rücken und nicht Gegenstand von feindlichen Auseinandersetzungen bleiben. Ich kann da mitmachen.








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