Mittwoch, 19. Oktober 2016

La Grande Bretagne: Immer nur lächeln.

Ich sitze vor dem Radio, hier in Yorkshire, und höre Land des Lächelns (Land of Smiles) von Franz Lehár. Das ist nichts Ungewöhnliches im Land einer ewig lächelnden Königin, wo jeden zweiten Tag der Werbesender Classic FM die musikalischen Wünsche (oder Befehle?) der spätromantischen Hörerschaft mit Auszügen aus Lehárs Operette erfüllt. Auch sonstige, unerbittlich verlangte Glanzstücke großer Komponisten, werden immer wieder aufgewämt. Das kann man beurteilen wie man will. Ich picke mir die Rosinen heraus und höre mit Andacht zu.


Es erstaunt mich nicht mehr, dass im Land der unzähligen Lächelversionen die Lehármelodien hoch im Kurs stehen, während für alte deutsch-österreichisch-ungarische Operetten dort in der Regel so gut wie kein Platz ist. Lächelt doch die Königin von den Geldscheinen, aus der Kutsche heraus und beim Händeschütteln, und alle Engländer machen es auf ihre Weise nach. Im Gegensatz zu anderen Ländern, wo nur Bankangestellte ein gequältes Lächeln hervorbringen, wohlgemerkt: nur bei größeren Einzahlungen, ist hier jeder zu einem Lächeln verpflichtet, wenn er an einem, wenn auch, wildfremden Menschen nur so vorbeigeht. Wenn dieses etwas automatische Lächeln mit einem ehrlichen und ebenso häufigen "Sorry" einhergeht, ist jedoch die höchste Stufe des Freundschaftsangebotes erreicht.
Das Lächeln der Mona Lisa im Louvre ist dagegen nur ein mokantes Grinsen.


Doch Franz Lehárs Lächeln ist und bleibt das größte. Als Junge durfte ich in diese Operette gehen. "Liebes Schwesterlein, sollst nicht traurig sein, sieh', dein Bruder ist auch allein..." und "Immer nur lächeln und immer vergnügt, immer zufrieden wie immer sich's fügt..." Nach Tausend Schhmerz und Weh' kommt dann der Satz: "Doch wie's da drinnen aussieht, geht niemand was an". Diese Geschichte ist mehr als traurig, endet aber zufriedenstellend für Lisa, die hochgestellte Wienerin, weil sie von ihrem alten Verehrer Graf Gustl (auch aus Wien) in China abgeholt wird. Dort herrschen andere Verhältnisse: ihr Geliebter, Prinz Sou-Chong, wird Regierungschef und muss, nach alter Tradition, vier chinesische Mädchen ehelichen, was er totunglücklich tut. Seine süße Schwester Mi, verliebt sich derweil in Gustl und muss auch, totunglücklich, verzichten.  Jetzt wissen wir, wie's da drinnen aussieht.

Teresa May: tapfer, geheimnisvoll? 
Dass sarkastisches Lächeln an Bosheit grenzen kann, wissen wir von PolitikerInnen. Sibyllinisch kann das Lächeln sein, wenn es nicht ganz ehrlich gemeint ist, rätselthaft, irgendwie. Die urgriechischen Seherinnen, die Sibyllen, lächelten so, wenn sie die Zukunft nicht vorhersagen wollten, oder es einfach nicht konnten. Mona Lisa hatte so ein Lächeln. Andererseits gelingt das unschuldige Zeigen der Zähne bei Politikern meist nicht. Doch Babys haben das voll drauf, wenn sie bereits Beißerchen haben. Sonst ist ihr Lächeln eher noch unschuldiger. Bei Verliebten etwa, kann man verschiedene Lächelarten ausmachen: ich liebe dich (siegessicheres Lächeln)! , Ich weiß, dass du mich auch (wissendes Lächeln). Geheimnisvolles: keiner weiß, was wir so treiben.

Besser als von Storch??? 
Wir können mit Fug und Recht behaupten, Großbritannien ist das Land des Lächelns, wobei die Großbanken hier ihr eigenes Lächeln üben und damit noch nicht fertig sind. Teresa May bemüht sich, fertig zu werden. Boris Johnson, der Außenminister: meist vieldeutig bis unbedarft. Nigel Farage: unverschämt bis dumm. In den USA: Donald Trump: dümmer geht's nicht. Deutschland: Frauke Petry: sieghaft-blöd. Von Storch: kann nicht richtig lächeln. Und China: das wird sich erst noch herausstellen. Prinz Sou-Chong ist schon lange tot. Doch China kennt Sou-Chong nicht. Und wenn nach dem Brexit in England jemand behauptet, dass das Verlassen der EU keine kostspieligen Konsequenzen haben wird, lächelt einfach unschuldig zurück!

Boris: Sein Lächeln steckt gerade im Hals. 





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