Donnerstag, 20. Oktober 2016

Ich bin das Produkt von Jungfrauen.

An drei von ihnen kann ich mich lebhaft erinnern. Sie halfen meiner Mutter beim Erziehen des kindlichen Knaben, der ich einmal war. Ihre Namen: Luzia, Pia, Anne. Die eine war Nachbarin, sehr ernst, und stand auch schon mal als Christkind unterm Weihnachtsbaum, um zu verhindern, dass meine kleine Schwester und ich uns sofort auf die Geschenke stürzten, die geheimnisvoll auf uns warteten. Ein Jahr lang musste sie mich ertragen. Dann kam Pia, anderen Fröhlichkeit ich mich besonders gerne erinnere. Schließlich Anne. Wenn Mama nicht zuhause war, stellte sie sich vor den Spiegel und zupfte an ihren Augenbrauen herum. Sie naschte auch gerne und ließ mich als Komplize daran teilhaben. Ich muss ein halbwegs erträgliches Knäbchen gewesen sein, sonst hätten diese halbwüchsigen Fräuleins meiner Mutter nicht Jahre nach ihrem Erziehungsauftrag noch Höflichkeitsbesuche abgestattet.


An Großmüttern hatte ich zwei. Sie waren für meine moralische Entwicklung zuständig. Ein Mädchen schlägt man nicht. Ein Junge ist immer Kavalier. Er lügt nicht, er stiehlt nicht und hat immer saubere Fingernägel. Ich war ein guter Junge. So schlimm waren diese Ermahnungen nicht, denn sie waren immer in solide großmütterliche Umarmungen eingepackt. Was will ein Enkel mehr? Ach, da war noch eine einflussreiche Tante, von der Papa sagte, sie sei eine Jungfrau, obwohl sie schon etwas ältlich aussah. Ihre Ermahnungen kamen manchmal etwas unerbittlich rüber. Dafür hatte sie einen guten Draht zu katholischen Priestern, die einzigen Männer in ihrem Leben. Ein Mann, erzählte Tantchen mir einmal, hatte versucht, sie zu küssen. Ohne Erfolg. Sie rauchte nicht und trank wenig und wurde 93 Jahre alt. Geliebte TanTan Maria.


Alexander der Große, Karl der Große, Ludwig der XIV., Napoleon, Otto von Bismarck: sie alle waren Männer der Geschichte von zweifelhaftem Ruf. Und männlich. Ich wurde von meinen Frauen dazu erzogen, die Frau zu achten. Bei sogenannten Drachen funktionierte das nicht immer. Mir fiel schon früh auf, dass die Frauen der Geschichte auf mich einen eigenartigen Reiz ausübten. Eva (Adams Paradiesvogel), Hildegard von Bingen, Indira Gandhi, Agathe Christi, Ingrid Bergman. Das ist nur eine magere Auswahl "meiner" Frauen. Dazu kamen dann schnell jene fabelhaften Wesen, in die ich mich verlieben musste.

Huch, ein Mann! 
Jetzt lebe ich in der Überzeugung, dass Frauen auf unserem Planeten die besseren Wesen sind. Sanft, wohlriechend, weiblich, gesprächsbereit und sozial. Sollen sie von mir aus diese Welt regieren, ob sie Elisabeth, Angela, Hilary, Teresa May oder Cathie heißen. Wer Cathie ist? Ihr bin ich vor Jahren ins freundliche Netz gegangen. Jetzt zapple ich zufrieden darin. Seitdem habe ich keine Zweifel mehr.


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