Montag, 17. Oktober 2016

Herbst: Wie schön, dass sie trocknet.

Ich hatte gehofft, sie würde sich hinaustragen lassen, im Garten auf die Wäscheleine hängen und im Morgenwind nach ein paar Stunden wieder abhängen lassen. Das wäre ihr sicher lieber gewesen. Vorsichtshalber stellte ich den Wäschekorb in den Wintergarten, der gerade im Herbst seinen trockenen Charm entfaltet. Draußen bläst der Wind. Die Sonne wedelt gefährlich zwischen den Ästen. Ich kann dem längst ausgebrochenen Herbst nicht mehr trauen. Er macht gerne Striche durch die Rechnung. Dann ist die Wäsche wieder nass, bevor sie geborgen werden kann. Also ist meine Lösung: ich hänge sie im sonnigwarmen Wintergarten auf. Warum ist Wintergarten bei mir immer positiv besetzt?


Unsere Wäsche hängt im nordischen Yorkshire, wo auch wir an ruhigen Montagen gerne herumhängen. Die wasserdichten Anoraks warten schon, um auf einen windigen Gang in die Yorkshire Moors mitgenommen zu werden. Falls der Regen noch ausbleibt. Dann die Schuhe. Solides Schuhwerk ist unverzichtbar. Der Weg ist zerklüftet und nicht frei von poodles, den allgegenwärtigen Pfützen, die man grandios zu umgehen weiß. Wir gehen hinauf nach Marsh, vorbei an Oxenhope, und biegen rechts in das Moor ab. Nur Schafe und Wind erwarten uns dort. Und frische Luft.


Der Herbst ist also gekommen, die Bäume schlagen schon lange nicht mehr aus. Der Frühling ist ganz weit entfernt. Wir gehören nicht zu denen, die im Oktober oder November nach Porto müssen, um die Illusion des Frühlings zu erhaschen. Wir können warten, bis die ersten Schneeflocken herbeitrudeln. Dann träumen wir von unserem Häuschen im Schwarzwald, das in unserer fast vierjährigen Abwesenheit von lieben Freunden umsorgt wird. Und wir freuen uns auf Weihnachten dort und sind sicher, dass wir es ohne den Kaufterror der Geschenkindustrie erleben werden. White Christmas im Schwarzwald. Wer da nicht glücklich ist, muss nach Mallorca, wo das Bier 5 € kostet und der Wein in Strömen fließt.


Der Himmel ist grau. Nein, schon wieder hat sich das Blatt gedreht: Wind und gleißende Sonne. Vielleicht gibt es heute noch diesen überirdischen, sehnsuchtsgeladenen Sonnenuntergang, den wir so lieben. Dann haben wir Herbst, und der Sommer kann uns gestohlen bleiben.



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