Montag, 25. Juli 2016

Dunja Hayali, du wirst dich wundern!

Also ich sage es nicht gern, aber als ich noch beim Deutschen Fernsehen war, da warst du noch nicht geboren und ich musste mich als Reporter in Schwarz-Weiß beim SWF in Baden-Baden mit den Unwegsamkeiten einer noch ziemlich biederen Berichterstattung herumschlagen. Aber ich habe damals viel gelernt,  langweilte mich ein wenig, ging weg und landete komfortabel bei der Europäischen Raumfahrtorganisation in Paris, die damals noch ELDO hieß. Ich will dir ganz sicher nicht mein ganzes Leben erzählen,  doch es drängt mich, Kontakt mit dir aufzunehmen, um dann auch vielleicht zum Punkt zu kommen.


Als wir noch in Deutschland lebten (zur Zeit leben wir in Yorkshire im Brexit-geschundenen Great Britain), habe ich auch dich gelegentlich am Bildschirm gesehen und mir damals schon gesagt: was für ein frisches Mädel, intelligent, hübsch und jung, diese Dunja Hayali. Ich muss dich aber warnen: ich werde jetzt nicht in kränkliche Hasstiraden ausbrechen, nur weil du ein wenig ausländisch verwurzelt bist, dich für die Ärmeren engagierst oder Ausländer normal findest. Im Gegenteil, natürlich. Doch bin ich durch Facebook, Twitter und Ähnliches darauf gestoßen, wie gemein, primitiv und beleidigend Menschen sein können. Wer prominent ist, bekommt sein Fett weg, so oder so. Ich habe mal bei einer Wahlkampagne links von der Mitte ausgeholfen und festgestellt, dass "unser" Land über ein erstaunliches Hasspotenzial verfügt. Warum sich das in all den Jahren nicht geändert, sondern intensiviert hat, können Fräulein Petry und Genossen sicher verundeutlichen.

Wir haben vieles gemeinsam, obwohl du meine Enkelin sein könntest. Keine Angst, ich habe mehrere davon, die ich gegen nichts austauschen würde. Du warst mal Messdienerin? Ich habe mich als Kind heftig und erfolgreich gewehrt, Messdiener zu werden. Auch ich bin neugierig, stecke meine Nase aber nicht in anderer Leute Unterwäsche. Also zum Punkt: Hier in England, wo wir nach drei Jahren Wien gelandet sind, haben wir die letzten Monate viel Zeit an der Glotze verbracht. Dunja war da natürlich nicht zu sehen, obwohl ich es den Engländern mit und ohne ausländischen Wurzeln von Herzen gegönnt hätte.


Uns neuen Wurzelaußenministä 
Bevor ich den Faden verliere, möchte ich kurz schildern, wie es dazu kam, dass ein Land, das bei der Europäischen Menschenrechtskonvention  maßgeblich mitgewirkt, das Wort Fairness in die Welt gesetzt und sich total multikulturell entwickelt hat, dennoch seine internationale Unschuld verlor. Das kam so: Der britische Premierminister wusste nicht so recht, was tun, und organisierte ein Referendum über den Ausstieg des Landes aus der EU. Es gab eine landesweite Debatte darüber, die wie eine Brainwashwalze daherkam. Hauptakteure, wie man weiß: Nigel Farage, UKIP-Kapitän, Boris Johnson, ex OB von London, Michael Gove und ein paar noch bedeutungslosere Agitatoren. Unter Mithilfe der (meisten) Medien entstand eine Stimmung, die von dreisten Lügen, Verbreitung von Unwissen, Angst und kaum verhülltem Hass geprägt war. Sogar vor der Ikone Merkel ist man nicht zurückgeschreckt.


Jugendprotest in London 
Wir sind immer noch am Analysieren. Das Kind fiel dann in den Brunnen, und das große Jammern begann, denn über 20% der Briten wählten überhaupt nicht, die Jugend wurde überstimmt, genau wie London und ganz Schottland. Und das Große Britannien ist aus Unwissen in ein tiefes Loch gefallen.  Dann auch noch der neue Wurzelaußenminister Johnson, an dem das Land schwer zu knabbern hat. Meine britische Gemahlin, jahrzehntelang Ausländerin, oft auch zusammen mit mir, in Deutschland, Frankreich, Belgien, Schweiz, Zypern und Österreich, ist nun hier "zuhause". Doch leider hat das Land seinen guten Ruf verspielt.  Es wurde professionell entwürdigt, belogen, für dumm verkauft.

Nun, endlich zum Punkt. Ich habe durch die letzten Interviews mit dir so viel Schönes, Echtes, Offenes, Unterhaltsames, Erfreuliches erfahren, dass ich dir das in meinem Blog (wolfgangundsoweiter.blogspot.com) mitteilen wollte. Hoffentlich bleibst du den Medien lange erhalten, damit eine Umkehr im Denken der Masse glaubhafter wird. Als ehemaliger Diplomat weiß ich political correctness zu schätzen, wenn sie angebracht ist. Doch wenn man die Anwürfe zur Kenntnis nimmt, und was AfD, PEGIDA und individuelle Stinktiere so von sich geben, muss man auch mal Scheiße, Drecksau, Ungeziefer in die zurückgebliebene rechte Ecke schreien dürfen.


Wolfgang 
Mein Blog ist mein Instrument: Ich habe fast 1000 davon geschrieben und fast 400 000 Klicks registriert. Etwa 500 pro Tag. Themen: Gott und die Welt. Ich hoffe, ich tu das Richtige und habe dabei noch niemanden beleidigt.  Eine kleine Antwort von der geradeherausen Dunja würde mich wahnsinnig entzücken, hier in Yorkshire, so fern der Heimat. Wolfgang.



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