Mittwoch, 17. Juni 2015

Achthundert Jahre und immer noch Magna Carta

Am 15. Juni 1215 wurde die Magna Carta widerwillig unterzeichnet. Einige rebellierende Barone lagen mit König John im Dauerstreit wegen der Steuerlast und aus anderen Gründen. Johann Ohneland, wie er in deutschen Landen hieß, sollte nicht mehr willkürlich regieren können, was einer kleinen Revolution gleichkam. Der Adel wollte sich dem König nicht mehr fügen, seine Allmacht anerkennen. Das hatte Folgen. Viele bezeichnen die Magna Carta, die zunächst auf Lateinisch verfasst war, bevor sie ins Französische und Englische übersetzt wurde, als die Geburtsurkunde der Freiheit schlechthin.

Die Biertrinker unter uns, denen das deutsche Reinheitsgebot von 1487 heute noch heilig ist, obwohl ständig dagegen verstoßen wird, finden in dieser Carta auch die Einführung eines einheitlichen Biermaßes, zunächst, für die Londoner: das Londoner Quarter enthielt 2 Pints und gilt heute noch. Und das deutsche Reinheitsgebot galt im ganzen Heiligen Römischen Reich und tut es heute noch in Namibia, aus kolonialen Gründen. Biermaß beiseite, die Magna Carta ist ein Dokument, das vor 800 Jahren zunächst dem britischen Adel politische Rechte und Freiheiten einräumte, die teilweise auf den gesamten Globus ausgedehnt und verallgemeinert wurden. Dass kein freier Bürger einfach von (königlichen) Beamten verhaftet werden konnte, ohne, dass es eine Überprüfung der Sachlage gibt. Der König stand auch nicht mehr über dem Recht sondern war ihm ebenfalls verpflichtet.


Die etwas theoretische Frage, ob die englische Königin einen Mord verüben darf,  ohne selbst bestraft zu werden, muss nicht wirklich beantwortet werden. Die Macht der Medien ist bei dieser Frage nie richtig ausgelotet worden, obwohl es weltweit Schurken und Herrscher in höchsten Positionen gibt, die dem Gesetz immer wieder von der Schippe springen und den Mediensturm verdienen. Andererseits hat Mahatma Gandhi die Magna Carta auch genutzt, um sein Land Indien, 1947, von der britischen Kolonialherrschaft zu befreien. Wenn es also darauf ankommt, kann dieses Dokument noch in 4 erhaltenen Exemplaren (auf  Schafleder-Pergamenten) nachgelesen werden. Wie gesagt: in Latein.

Die Kirche wurde damals nicht gefragt und war sofort gegen die Magna Carta, deren diskreter Siegeszug (in welcher Form und Fassung auch immer) um die ganze Welt trotzdem nicht aufzuhalten war. Auch die universelle Erklärung der Menschenrechte (UNO 1948) und die Europäische Menschenrechtskonvention (Europarat 1949) wurden von ihr inspiriert. Eigenartig, dass Großbritannien trotz der Magna Carta bis heute keine geschriebene Verfassung besitzt. Vielleicht fällt David Cameron auf seinem Weg aus der Europäischen Union, oder auch nicht, zu dieser Urkunde der Freiheit noch etwas ein. Wir Europäer würden uns freuen.





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