Dienstag, 26. August 2014

Egon Schiele, schwarze Kreide auf Papier

Ein Musiker zeichnet mit Farbklängen, führt uns in seine Gefühlswelt, in seine Landschaften, porträtiert Menschen, und wir hören zu. Der Maler zeichnet und gestaltet, und was nicht gut wird, verschwindet wieder. Wir schauen hin. So oder so. Die Zeit hat viele Klänge verklingen und Bilder verblassen lassen. Doch was geblieben ist, wird oft geliebt und verehrt. Doch mancher Künstler durfte seinen Weg nicht zuende gehen. Wir können dann nur ahnen, was er geworden wäre, wenn der frühe Tod ihn nicht hinweggerafft hätte.

Nur wenige Striche: Selbstbildnis

Egon Schiele starb mit 28 an der Spanischen Grippe. Als ich zum erstenmal bewusst seine Bilder im Schloss Belvedere sah, auch die graphische Sammlung in der Albertina, wusste ich, dass er einer der ganz Großen war. Er hängt auch im Leopoldmuseum. Man hat ihm vorgeworfen, er sei narzistisch gewesen, denn er hat um die hundert Selbstbildnisse gemalt und gezeichnet. Mit 15 fing er damit an. Vielleicht wollte er nur herausfinden, wer er war. Mit 17 begann er, den Einfluss der Wiener Sezessionisten zu spüren. Gustav Klimt prägte ihn, doch schon mit 20 hatte er seinen eigenen Stil gefunden. Neben den Selbstporträts zeichnete er auch eindrucksvolle Mädchenakte.

Sitzendes Mädchen, kurz vor dem Tod des  Künstlers mit schwarzer Kreide gezeichnet.

Die Nacktheit des Menschen war ihm wichtig, mehr als die Pose. Man könnte auch sagen, die Wahrheit des Körpers war ihm Verpflichtung. Ja, er interessierte sich auch für erotische Sujets. Das brachte ihm mit 22 einen dreiwöchigen Arrest ein, und den Verdacht auf Pädophilie, was allerdings wieder fallengelassen wurde. Seine Körper sind oft unattraktiv, ja armselig, doch können Gesichter von großer Schönheit sein. Gustav Klimt erkennt in Schieles Werken den Stil eines Meisters.


Selbstbildnis, hängt in Prag.

Hätte Egon Schiele Gelegenheit gehabt, sein kurzes Leben bewusst weiter- und auszuleben, dann stünde er heute neben einem Pablo Picasso, Paul Klee oder Max Ernst. Es ist der prüfende Blick, das unverholene Auge des Künstlers, das aus seinen Bildern spricht, vor allem aus den kritischen Selbstbildnissen, über die er nur schwer hinausgekommen ist. Trotzdem ist Egon Schiele zwar in der großen Masse ein wenig bekannter Maler, aber sein Talent, erschließt sich auf den ersten Blick.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen