Freitag, 20. Juni 2014

Wein aus der Ortenau - der Rioja aus Tiergarten

Man kann mir nicht vorwerfen, ich hätte mich nicht bemüht. Zur Zeit lese ich einen Krimi, der ein Verbrechen in einem Rioja-Weingut zum Inhalt hat. "Rioja für den Matador" ist ein erstaunliches Werk. Nur wer diesem spanischen Wein hilflos verfallen ist, kann soviel Wissen in einen Krimi packen, wie der Autor, Paul Grote. Vor Jahren hatte ich in dreitägiger Aktion mit einem Freund aus der Region 1200 Flaschen gekauft und nach Deutschland verfrachten lassen. Ein wahrer Schnäppchenkrimi. Der Wein war ein Crianza vom Gut Heredad Ugarte. Mindestens 12 Monate im Barrique, in der Rioja damals garantiert ein jungfäuliches Eichenfass aus Amerika. Ich sah diese Fässer, ich trank diesen herrlichen Wein und weiß doch nicht genug, um mich als Rioja-Kenner auszugeben. Der Preis war erstaunlich niedrig.

Isländer beim Genuss von Tiergärtner Weinen

Der Weintrinker, wenn er älter wird, hat vieles probiert. Ich musste feststellen, dass Weine aus Australien, Südafrika, Chile und Kalifornien durchaus etwas Ehrenwertes haben. Manche sind sogar sehr gut. Deshalb haben sie sich auch in den Wein-nicht-anbauenden Ländern am ehesten durchgesetzt. Das heißt aber noch lange nicht: Ha, ich möchte einen Shiraz, oder einen Chardonnay aus Sonundso trinken. Man weiß nicht einmal, ob er in Matallbehältern oder schon abgefüllt die weiten Wege nach Europa hinter sich gebracht hat. Und der Weißwein aus Golconda in Indien ist zwar auch gut, wird es jedoch nie zu Weltruhm bringen, weil allein 10% der indischen Bevölkerung ihn in wenigen Tagen wegtrinken könnte.
This is stuff from Tiergarten!

Im fernen Wien sehne ich mich manchmal nach einem Stück Heimat. Das könnte Tiergarten in der Ortenau sein, eine Region in Mittelbaden/Süddeutschland. Tiergarten ist ein Weinparadies, das die meisten Weine in die Kooperative nach Oberkirch abgibt. Nur das Weingut Ullenburg ist mir bekannt, das seinen Wein selbst ausbaut (teilweise im Barrique) und vermarktet. Als wir nach Österreich umzogen, kam ich zu einem Abschiedstrunk in die Ritterstube der Kimmigs. Meine Geschmacksnerven fingen an, freudig zu tanzen, als ich den neuen Ullenburg Spätburgunder von 2011 vorgesetzt bekam. Ein göttlicher Wein, der inzwischen auch durch eine Goldmedaille gekrönt wurde. Leider blieb keine Zeit mehr und im Flugzeug kein Platz, um wenigstens eine Flasche mit nach Wien zu nehmen. Ich freue mich deshalb, in wenigen Tagen das nachholen zu können.

Das ist er, der Kimmigwein

Es ist Ende Juni, und Angelika ließ mich wissen, dass die Rebblüte vorbei sei. Auch sei der Traubenansatz bestens, "wenn uns denn kein Unwetter heimsucht, verspricht es, eine gute Ernte zu werden". Sie rechne mit dem Beginn der Weinlese schon Mitte September. "Dann bleibt danach auch mehr Zeit, den schönen Herbst zu genießen, wenn die Blätter sich färben und die Tage kürzer werden". Das schrieb mir Angelika aus dem tiergärtner Rebland.


Wir leben in Wien. Nicht schlecht, aber fern jeder Natur, gleich hinter dem Stephansdom. Die Trauben auf unserer Terrasse in Tiergarten reifen vor sich hin. Die Vögel werden sie ernten. Wenn Ruhe im Berg einkehrt (so, Angelika), werden wir nach Grienzing ins Wiener Rebland gehen und von der Ortenau träumen. Uns auf den Ullenburg Spätburgunder freuen, oder den herrlich fruchtigen Riesling und Pinot Noir, blanc de noir. Wie schön, dass es noch Dinge gibt, die für sich selbst sprechen und nicht in den Händen von Werbefuzzis landen, die aus einer roten Brühe ein Schmuckstück für den Konsumenten fabrizieren können. Denn guter Wein - das ist wie gutes Essen - braucht keine Lobhudeleien, sondern Liebhaber, die Qualität von Masse und Individualität von Nullachtfünfzehn unterscheiden können. Bei Angelika und Martin Kimmig werden wir wieder flüssige Heimat tanken und - in Flaschen gefüllt - mit uns nehmen.






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