Sonntag, 16. Februar 2014

Indien, das Land der fernöstlichen Meditation

Als ich in den Achtziger Jahren mit Tochter und Sohn nach Puna kam, galten die ersten Schritte dem von europäischen Hippies überlaufenen Ashram. Man erkannte sie sofort, diese Flüchtlinge der westlichen Zivilisation. In weiße Gewänder gehüllt wandelten sie gelassen durch den lichten Hain,  nachdenklich in ihre Andersart versunken. Es war damals kaum vorstellbar, dass das Aussteigen aus einer christlich geprägten Gesellschaft richtig Sinn machte. Dennoch müssen Impulse von Puna ausgegangen sein, denn, was die christlichen Religionen heute kaum mehr leisten, nämlich den Menschen auf eine geistige Ebene zu heben, die glücklich und zufrieden macht, ist das Meditieren als Weg dorthin in Indien überall gegenwärtig.

Eine methodistische Bischöfin aus den USA, schwarz, 2 Meter groß und über 80 Jahre alt, sagte vor zwei Jahren im Ashram von Bangalore, was sie davon hielt: "Beten", so sagte sie, "heißt, zu Gott sprechen, Meditieren jedoch, auf ihn hören". So sehe ich einen christlichen Ansatz für das, was mehr und mehr Menschen heute versuchen: durch Meditation eine innere Freiheit (wieder) zu erlangen, die in der modernen Gesellschaft verloren ging.

Die Riesin Barbara King
Bei Kindern hat man es in Europa mit der Frage versucht: wie heißt das Zauberwort? Damit erinnern sich die Kleinen, dass man Dankeschön sagt, wenn man etwas erhält. Gleichzeitig gibt das Zauberwort eine Kraft. Wer es benutzt, ist im Recht. Die Funktion eines Mantra ist also in allen Kulturen vorhanden, trägt jedoch unterschiedliche Namen.

 Europäerin? 

Bei den leicht überkandidelten westlichen Meditierern wird von energetischer Neukalibrierung oder Neuverkabelung gesprochen, oder vom Erhalt energetischer Informationsschübe. Auch die Öffnung des dritten Auges wird leicht esoterisch ins Spiel gebracht. Andererseits wollen wir aber lernen, nicht etwa einem neuen unseriösen Kokolores zum Opfer zu fallen, wenn wir Europäer den christlich-katholischen Exerzitienweg hinter uns lassen wollen. Hinduismus und Buddhismus weisen da Wege aus der Verkrampftheit des Lebens. Wir fragen uns vorsichtig: was suchen wir? Was finden wir? Und, wie stellen wir es an? Was wollen wir?

Afrikanerin?

Wir suchen Glück, Zufriedenheit, Harmonie, Ausgeglichenheit. In der Meditation können wir das finden, wenn wir den Zugang dazu möglich machen. Unter den vielen Varianten des meditativen Vorgehens, die alle richtig sein können, - es gibt keine Dogmen - ist die einfachste das Aufteilen der Meditation in Stufen oder Ebenen: zunächst bringt eine aufrechte Sitzhaltung bei geschlossenen Augen den Meditierenden in die Lage, sich konzentrieren zu können. Dann wird das Mantra, eine Art heiliges Wort (oder Spruch, ein Lied oder eine Hymne), das im Hinduismus geheim bleiben soll, im Laufe einer etwa 20minütigen Meditation mehrmals beschworen. Dies löst den Prozess des Meditierens aus. Eine Anregung könnte sein, sich vorzustellen, wer man ist (das Selbst). Dann führt das Mantra zum nächsten Schritt: was tue ich? (Nichtstun als Beruhigung). Dann, aber nur vielleicht, was will ich, brauche ich, wünsche ich mir?

Das Bija Mantra ist im Hinduismus das bedeutendste "Zauberwort". Es heißt "OM" und verursacht, laut gesummt, ein angenehmes Dröhnen, sozusagen eine Einstimmung. Ein Mantra kann auch persönlich von einem Guru gegeben werden. Es wird wie ein Schatz bewahrt. Was bei der Meditation im Kopf des Praktizierenden geschieht, bleibt das Geheimnis jedes einzelnen. Zu vergleichen mit dem aufrichtigen Katholiken, der seine Last im Beichtstuhl abgeladen hat und sich mit der Welt wieder im Reinen fühlt. Meditation geht jedoch viel weiter. Deshalb sind so viele Menschen heute daran interessiert. Übrigens auch, neben Politikern und Diplomaten aller Art, eine sozialdemokratische ehemalige Landesministerin und Mitbegründerin von Greenpeace Deutschland.

Art of Living in Bangalore

Viele sprechen und schreiben darüber. Ich mag, wie einige andere auch, das meiste missverstanden haben, doch die 20 Minuten täglicher Ruhe und Harmonie haben bei mir schon Gutes bewirkt. Ich will nicht vom dritten Auge reden, auch nicht von einer Neuverkabelung. Aber von einer wohltuenden Erneuerung. Ich glaube jetzt zu wissen, warum Meditation den Weg zu sich selbst weist.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen