Freitag, 17. Januar 2014

Zentralafrika - Bossangoa und die Ärzte ohne Grenzen

Es gibt Länder, da möchte man nicht hingehen. Die Zentralafrikanische Republik, im Herzen Afrikas, macht gerade viel von sich reden. Man kapiert nur wenig: über eine Million Menschen, ein Fünftel der Bevölkerung, auf der Flucht, sich bekämpfende Milizen, die alles niedermachen was sich ihnen in den Weg stellt. Eine undemokratische Regierung, deren Ordnungskräfte nur bis an die Grenzen der Hauptstadt Bangui reichen, ein total HIV-verseuchtes Land. Fast das ärmste unter den ärmsten Ländern. Ein Übergangspräsident wird gesucht, die feindlichen rebellischen Lager von Christen und Muslimen, schlagen sich hasserfüllt die Köpfe ein. Man spricht von unerhörten Grausamkeiten, sogar von um sich greifendem Kannibalismus. Französische und afrikanische Eingreiftruppen werden erwartet, aber um was zu tun? Ein Land am Rande des Untergangs.


Beim nördlichen Nachbarn Kamerun habe ich vor Jahren einige Tage verbracht, zusammen mit meiner damals noch blutjungen Tochter Natascha. Kamerun gleicht einer Insel des Friedens, verglichen mit Zentralafrika. Natascha hatte sich in den Kopf gesetzt, tropische Krankheiten aus der Nähe zu studieren, denn sie wollte Ärztin werden. Also arbeitete sie mehrere Monate in einer winzigen Buschklinik, deren Chef ich mir damals als ängstlicher Vater genau angeschaut habe. Ein langer Marsch unter der gleißenden Sonne brachte uns schweißgebadet dort hin. Schweren Herzens ließ ich meine Tochter dort zurück, nicht ahnend was sie erwartete. Kurz gesagt, sie brachte mehrere Buschkinder zur Welt, wickelte sie in die Kleider der Mütter ein und entließ jeweils Mutter und Kind in den Urwald. Für Natascha war dies eine heftige aber nützliche Erfahrung, die sie für ihren späteren Beruf als Chirurgin ein gutes Stück voran gebracht hatte. Spätestens seit dieser Zeit ist der Vater auch etwas stolz (stark untertrieben) auf seine Tochter.

Oh, Natascha!

Wir drehen die Uhr weiter: es sind Jahre vergangen, Natascha hat selbst drei Kinder geboren und vieles andere gemacht, zum Beispiel, vor nicht langer Zeit als Ärztin ohne Grenzen in Pakistan gearbeitet. Die Kinder sind aus dem Gröbsten heraus, können, zusammen mit ihrem Vater, sich selbst
ernähren und den Hund Rocco gemeinsam trösten, wenn Natascha nicht zuhause ist. Das wäre alles recht schön, es jedoch idyllisch zu nennen, wäre daneben gegriffen. Wer eine quirlige Tochter hat, kommt auch als Vater nie zur Ruhe. Vor wenigen tagen kündigte sie telefonisch an, sie würde für einen Monat nach Bossangoa gehen. Ich kenne afrikanische Orte, wie Ngaundere in Nordkamerun, Marrakesch in Marokko, von mir aus auch Hammamet in Tunesien, aber Bossangoa, davon hatte ich noch nie gehört. Sie geht demnächst in die Zentralafrikanische Republik und wird wieder als Ärztin ohne Grenzen in einem Krankenhaus in Bossangoa arbeiten. Was man als Vater nicht so alles erlebt. Aber der väterliche Stolz muss ja von irgendwo herkommen, doch wie's da drinnen aussieht, geht niemand was an. Mach's gut, Mädel!

Gut gemacht, Mädel. Wir erwarten dich back home.


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