Donnerstag, 31. Oktober 2013

Surrealismus, die andere Art, nicht zu lachen

Was ist surrealistischer: die Umarmung Angela Merkels mit Putin, Obama, bzw. Hollande, oder eine U-Bahn voller Japanerinnen in der Linie 3 am Wiener Stephansplatz? Der freie Mensch kann entscheiden. Jede Antwort ist richtig. Das muss man (noch) nicht verstehen.

Als André Breton 1924 sein Manifest des Surrealismus veröffentlichte, gab es den Begriff schon, denn Max Ernst hatte diesen zusammen mit Breton schon 1919 erfunden. Noch ein bisschen älter ist der Begriff schon: als Guillaume Appolinaire sein Theaterstück "Les Mamelles de Tirésias" (Die Brüste des Tiresias) 1917 vorstellte, hieß es im Untertitel: "ein surrealistisches Drama". Natürlich sind viele Surrealisten heute bekannt, als Maler, Literaten, bildende Künstler, Filmemacher usw. Gewöhnlich werden sie immer noch als eine Art Spinner abgetan. Dabei haben sie einen Schatz gehoben, der durch den sogenannten Realismus, das Wirklichkeitsdenken, den Rationalismus verschüttet war.

Von Horst Köbele

Für mich als Kind war einer der Surrealisten eine rätselhafte Enthüllung, von der ich bis heute nicht ganz losgekommen bin: Giorgio de Chiricos "Geheimnis der Ankunft und des Nachmittags". Gemaltes Schweigen, sagen die einen, gespenstisch leer, die anderen. Ich träumte mich in dieses Bild hinein und empfand ein seltsames, sonnendurchflutetes Glück. "Die Müdigkeit des Unendlichen" habe ich erst viel später entdeckt, doch das Geheimnis der Ankunft, das ein menschenleeres Bahnhofsgebäude und den davor liegenden Platz zeigt, hat mich mehr inspiriert, als Albrecht Dürers "Betende Hände".

Max Ernst

Mein geliebter Freund Ernesto hatte mich dann in der Studienzeit auf den spanischen Surrealismus aufmerksam gemacht. Wir konnten viel über Salvador Dalí, Joan Miró und andere lachen, vor allem über den düsteren Filmemacher Luis Bunuel, der mit Dalí den Kurzfilm "Un chien Andalou" drehte. Auch Alain Resnais' "Letztes Jahr in Marienbad" gehört zu dieser Kategorie, die eine unfreiwillige Imitation des Traumes darstellt. Demnach kann man sagen, Surrealismus ist weitgehend, was André Breton in seinem Manifest das Denkdiktat ohne Vernunftkontrolle nennt, ohne ästhetische oder moralisch-ethische Fragestellung. Nachdem die Traumdeutung durch Sigmund Freud die Existenz zweier Welten bestätigt hatte, nämlich, der inneren und der äußeren, des Traums/Schlafes und des "Tagtraums", kommt Breton zum Schluss, dass der Traum nicht die bloße Erhellung des Bewussten ist.    Das Unbewusste erhält den Vorrang, und der Traum wird zum Katalysator zweier Welten, die beliebig vereint werden können. Realität und Surrealität. Traum und Wirklichkeit. Max Ernst und Xam Unernst.

So ist es mit dem Surrealismus, man liebt ihn oder man missversteht ihn. Worauf ich eigentlich hinaus wollte: ist der Surrealismus heute nicht schon in der Politik, der Wirtschaft und im Leben angekommen? Wirklichkeit und Unwirklichkeit, Traum und Albtraum? Lachen oder den Kragen am Platzen hindern? Was jetzt?????


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