Mittwoch, 3. Oktober 2012

Schwarzwaldmädel - von der Operette zur Klamotte

Den meisten ist wohl eine der meist verkitschten Verfilmungen in Erinnerung. Sonja Ziemann als Schwarzwaldmädel etwa, Rudolf Prack, der etwas langweilige Schönling. Paul Hörbiger, der Musikkapellmeister, der sich in vorgerückten Jahren in das reizende Mädel verliebt, es aber doch an den wahren Liebhaber abtreten muss. Als Operette hat das Schwarzwaldmädel 1917 das Licht der Welt erblickt, obwohl Ort und Zeit der Handlung im Schwarzwald um 1815 angesiedelt sind. Die Verfilmungen haben natürlich immer wieder Anpassungen an die Moderne erlebt, was dem Stoff der Operette nicht geschadet hat. Eher die etwas naiven und mühsamen Mätzchen einer unterhaltungswütigen Klamottenindustrie.

Dennoch: den Film von 1950 mit Sonja Ziemann habe ich sicher schon 5 mal gesehen. Aus sentimentalen Gründen. Es kommt darin ein Tombolagewinn in Form eines Ford Taunus mit offenem Verdeck vor, ein bildhübsches Auto. Außerdem ein Riese, der zwar etwas doof, aber total verliebt ist und die ganze Leinwand ausfüllt. Und die totsüße Sonja Ziemann. Leider hat man schon am Anfang gespürt, dass die Version mit Hans Deppe (als Regisseur und Akteur), Paul Höriger und den anderen, recht  guten Schauspielern, völlig überzogen war. Doch die Musik tröstet über alles hinweg. Und am Ende kriegen sich alle, wie geplant. Die Spannung muss also von was anderem kommen: vielleicht ist es die Mischung aus Schwarzwald, Musik, Handlung und Schauspielercharme.

Schwarzwaldmädel???

Leon Jessel, einer der weniger populären deutschen Operettenkomponisten hatte da einen einmaligen Coup gelandet: die Operette wurde in der Komischen Oper Berlin 900 mal aufgeführt, und in den 10 Jahren nach der Premiere wurde das Schwarzwaldmädel weltweit 6000 mal gezeigt. Sechs Verfilmungen haben dazu beigetragen, dass Jessels Musik und die damit verbundenen roten Bollenhüte ein echter Markenartikel  wurden. Und Leon Jessel hat das typische Schicksal eines Künstlers erfahren, der den Nazis nicht genehm war, obwohl jeder seine Musik liebte. Die Hakenkreuzmafia hatte seine jüdischen Wurzeln zum Anlass genommen, ihn zu ächten, obwohl er Jahre vor den Nazis schon zum christlichen Glauben übergetreten war. Doch sie haben es nicht geschafft, das Schwarzwaldmädel auszurotten. Unzählige Tonträger tragen die Musik Leon Jessels auch weiterhin um die Erde. Schade, dass man heute nicht mehr genug über die Operetten und ihre Komponisten weiß. Ihre Musik klingt zwar in unseren Ohren, aber nur selten noch kann sie den musikalischen Lärm von heute übertönen.







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