Donnerstag, 4. Oktober 2012

Wernher von Braun - die dunkle Seite des Mondes



Ich habe Wernher von Braun nie getroffen, aber seinen Stellvertreter, Kurt Debus. Es gab einmal eine Rakete, die Europa II, die sollte im Auftrag der Europäer von Französisch Guyana in Südamerika ins All geschossen werden. Dieser Versuchsflug F 11 wurde in Kourou im November 1971 gestartet. Das  ganze beteiligte Europa (D,F,I,GB,E,B,NL) fieberte diesem Augenblick entgegen. Der Start gelang, doch wenige Sekunden danach zerschellte die 32 Meter hohe Rakete und stürzte ins Meer.  Für die noch schüchterne europäische Raumfahrt ein herber Rückschlag, der mit allem Drum und Dran etwa eine Milliarde DM gekostet hatte. Die geplante Europa III wurde daraufhin nicht gebaut, sondern unter provisorischer französischer Führung und neuem Namen, ESA, als Ariane-Programm erfolgreich weitergeführt. Meine bescheidene Aufgabe, damals, war, das alles allgemeinverständlich an die Medien  weiterzugeben, denn ich war stellvertretender Infochef der ELDO (wie die ESA noch hieß), die ihren Sitz in Paris hatte.

Unter aktiver Mitarbeit des Generaldirektors für Raumfahrt des Deutschen Museums in München, hatte ich einen ehrgeizigen Plan entwickelt, der mich als utopischen Spinner erscheinen ließ: die Teststufen der Rakete, die nie zum Flugeinsatz kamen, sondern in den Werkshallen der Zulieferer dahindämmerten, sollten für die traditionelle Flugschau in Le Bourget bei Paris zusammengefügt  und ausgestellt werden. Dazu wurden die Raketenspitze benötigt (Italien), die Stufe Ariane (Frankreich), Astra (Deutschland) und Blue Streak (Großbritannien). Die Finanzierung durch das Deutsche Museum war gesichert. Dort sollte die Rakete nach einer Reise durch Europa vor dem Museum aufgestellt werden. Natürlich scheiterte der Plan, nachdem die Europa II untergegangen war.

Die Größen der Raumfahrt kamen in München zusammen, um 1972 das hundertjährige Bestehen des weltgrößten Technologie- und Wissenschaftsmuseum zu feiern. Ich durfte bei einem Abendessen an einem Tisch mit 10 Personen sitzen: Hermann Oberth, der Vater der bemannten Raumfahrt und Lehrer von Wernher von Braun. Dieser konnte nicht mehr kommen, denn er war krank und wurde durch seinen Stellvertreter im Apolloprogramm, Kurt Debus, vertreten. Dazu saßen an meinem Tisch Albert Einstein mit Frau (er, Sohn des berühmten Albert mit der heraushängenden Zunge, sie Professorin in Berkley und Alberts Schwiegertochter), Reimar Lüst, Astrophysiker und damals fast schon Generaldirektor der ESA. Ich war der Jüngste am Tisch. Den Rest habe ich vergessen. Nach Stunden durfte ich Hermann Oberth, der schon über 80 war, spät in der Nacht zu Fuß in sein Hotel begleiten, das auch meines war. Diese Gelegenheit ließ ich nicht verstreichen, ohne ihm brennende Fragen zu stellen: Ja, mit 16 wusste er schon, dass die bemannte Raumfahrt möglich sein würde. Seine diesbezügliche Dissertation wurde von der Universität als utopisch zurückgewiesen.

Europa III hätte das werden sollen.

Die USA hatten nach dem Zweiten Weltkrieg die V 2-Technologie ganz schnell nach Amerika exportiert, damit die Russen sie nicht stibitzen konnten. Die haben dann den Rest stibitzt. Damals war es den machthungrigen USA egal, dass das dazugehörige Personal in der NSDAP war, wenn auch mehr mit technologischem Fortschritt beschäftigt als mit den Niederungen der Diktatur. Die dunkle Seite des Mondes wurde von der BBC bekannt gemacht, die die Nazivergangenheit und die entsprechenden Umstände vorsichtig beleuchtete. Als ich jedoch vor 3 Jahren wieder einmal das Space Center in Huntsville/Alabama besichtigte, mit einer Originalversion der V 2 Rakete, fiel mir auf, dass diese faschistische Seite unserer gloriosen Raumfahrtbemühungen gnädigst unter den Teppich gekehrt war. Die Zeit heilt eben fast alles. Und Hermann Oberth und seine Mannen waren keine utopischen Spinner.



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