Samstag, 4. August 2012

Wir lassen uns nicht gerne schröpfen

Also, ich gebe es gerne zu: ich gehöre zu den Reichen im Lande. Ein sicheres Einkommen, wahrscheinlich redlich verdient, ich besitze einen Wagen, allerdings von der bescheidenen Art, zusammen mit meiner wohlhabenden Frau (nein, der Erbfall ist zum Glück noch nicht eingetreten) besitzen wir ein kleines Häuschen mit Garten. Die ersten Tomaten sind eine wahre Pracht. Auch eine Salatgurke liegt schon sichtbar herum. Die Bohnen brauchen noch ein wenig, und die Kräuter erlauben den Sinnesrausch: Dill, Petersilie, Rauke, Schnittlauch, Liebstöckel, Minze, Bohnenkraut, Rosmarin und Thymian. Diskret huschen wir in den Garten, wenn wir etwas brauchen. Gut, wir gehen auch oft ins Gasthaus. In unserer Gegend gibt es eine große Zahl von neppfreien, terrassenbewussten und schleckmaulorientierten Restos, sodass wir immer wieder schwach werden. Unser Reichtum ist nicht sehr sichtbar (kein Schwimmbad, keine Hausangestellte, keine Karossen zum Angeben, keine Aktien). Jedoch: der Haussegen hängt so gut wie nie schief, und wir freuen uns, dass wir uns haben. Das ist der Reichtum.


Im gefürchteten Sommerloch kommen jedoch Themen auf, die niemandem gefallen können. Das olympische Gold hat die Köpfe der Nachrichtenmacher total vernebelt. Da macht man gerne ein neues Fass auf. Wie wäre es sonst möglich, dass plötzlich, sozusagen aus heiterem Himmel, die Superreichen im Lande mal wieder angegriffen werden? Die Armen! Sie sollten mehr besteuert und an der Bankenrettung beteiligt werden. Ja, wo leben wir denn? Gibt es keine (Regierungs)Parteien mehr , die diesem kommunistischen Ansinnen sofort Einhalt gebieten? So, wie man seit Jahren erfolgreich verhindern konnte, dass ein Tempolimit auf Autobahnen eingeführt wird? Natürlich wird clever ausgebremst. Zugegeben: es sind nur 1 % der Bevölkerung, also  knapp 80000 Bürger, die zusammen über 2 Billionen €€€€€€€€€€€ besitzen und horten.  Wenn diese Rechnung stimmt, ist das eine große Menge Geld. Es gibt keinen Grund, solchen Zahlen zu misstrauen. Dann aber haben wir in unserer Gesellschaft ein echtes Problem. Kann es sein, dass die Bedürftigkeit der einen eng mit dem Wohlstand der wenigen anderen verknüpft ist?


Und die Erbschaftssteuer? Die Vermögenssteuer? Sagen wir es einmal so: ein Finanzamt ist keine erfreuliche Angelegenheit. Bürokratie und Ungerechtigkeit geben sich die Tür in die Hand. Der Bürger leidet schon lange und fühlt sich falsch verstanden. Und die gewählten "Fachleute" in den Parlamenten haben wichtigeres zu tun, als bei der Verteilung der Güter grundsätzlich für Ordnung zu sorgen. Das wären aber die eigentlichen Aufgaben unserer Volksvertreter. Nicht das argumentative Abschmettern durch Hinweise wie "Futterneid", "Recht auf Besitz", "Selbstverschuldete Armut", "wirtschaftlicher Niedergang", "Bestrafung der Tüchtigen" möchte man hören, sondern die ehrliche Erkenntnis, dass etwas faul ist im Staate. Steuergerechtigkeit kann nur durch Steuergerechtigkeit hergestellt werden. Dass rein statistisch die meisten im Lande einen Vorteil davon hätten, ist wohl kein Gegenargument. Muss man so lange warten, bis den Habenichtsen der Kragen platzt? Wenn diese doch endlich kapieren würden, dass sie ihre Wählerstimmen auch für eine bessere Verteilungspolitik nutzen können. Statt dessen wird ab heute mit vollem Rohr zurückgeschossen. Die Schützen kennt man schon. Man kann sich auf sie verlassen.




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