Der deutsche Provinzialismus wurde immer schon von strengen Kritikern in Grund und Boden verdammt. Das hat natürlich seine Gründe. Und da Provinzialismus eine Geisteshaltung ist, muss man ganz genau hinschauen. Vor allem in der Kunst. Ich hatte große Schwierigkeiten, einen Giganten der Malerei am Ende seines künstlerischen Werdegangs noch ernst zu nehmen, vor allem, nachdem ich eine jener Ausstellungen von ihm gesehen hatte, die sein Alterswerk zeigen sollte. Ein paar dahingespuckte Frauenporträts, aus einem geschätzten Gesamtwerk von 50.000. Wie bei Paul Klee, dessen einzigen Sohn Felix ich einmal in Bern kennen lernte, war auch Pablo Picasso ein Frühbegabter. Als Kinder schon malten sie kreativ und innovativ. Das hat sie berühmt gemacht. Doch die Picasso-Ausstellung, wohl im Jahre 1956, in Avignon, hatte mich wahnsinnig enttäuscht. Was bleibt von einem Giganten übrig, der nur noch pinselt, um an Geld zu kommen? Jeder Trottel kennt seinen Namen, findet alles von ihm Geschaffene meisterhaft. Durch einen wahnwitzigen Zufall traf ich Picasso im selben Jahr persönlich, als er in Cannes einen Dokumentarfilm über sich im Festspielkino besichtigt hatte. Ich durfte sein hellblaues Wolljäckchen halten, während er in der brüllenden Nachmittagshitze vor dem Filmpalast ein Interview gab (Nein, ich schneide nicht auf: es gibt Fotos von dieser Begegnung). Internationaler Provinzialismus? Jedenfalls bei manchen Kritikern, denn diese weigern sich hochnäsig, in die Niederungen der Provinz zu steigen. Und da spielt oft die Musik.
Jeder weiß, wie schwierig es ist, sich einen Namen zu machen. Zumal in der Malerei, die besonders geschmacksempfindlich ist. Natürlich gibt es die ganz Großen. Aber, was machen wir mit denen, die nicht in dieses Schema passen? Glaubt man denn immer noch, Kreativität und Talent warten an der Straßenecke auf Entdeckung? Am besten ist es, gesponsort zu werden. Die Gattin eines Reichen, die nichts mit ihrem Geld und ihrer Zeit anzufangen weiß? Wenigsten könnten da hübsche Männer zum Zug kommen. Der Sparkassendirektor, der vom Image des Kulturbanausen loskommen möchte, und durch Ausstellungen dem Geldinstitut etwas Seriosität angedeihen lässt? Eine wunderschöne Muße für einen Bankier? Der gewiefte Kunstkritiker, dem man eine obskure Einladung zu einer ländlichen Vernissage zuschiebt und der aus Dusseligkeit zugesagt hat, zu kommen. Der Künstler selbst könnte natürlich auch die Initiative ergreifen und dem Lokalpolitiker bei seiner Rede einen Farbbeutel an den Kopf werfen? Ich befürchte, dass wahre Entdeckungen einfach durch Neugier und Hinschauen gemacht werden. Das hilft alles nichts. Das Urteilsvermögen, ob etwas gut oder kleinkariert ist, muss man sich selbst zuschreiben. Instanzen gibt es hierfür genauso wenige wie in der Philosophie, wo die großen Lehrmeister abhanden gekommen sind. Der Künstler selbst wird oft von Selbstzweifeln zernagt. Von ihm kann man nicht erwarten, dass er Klinken putzt.
Also seien wir neugierig und versuchen wir, hinzuschauen. Christl Schneider-Götz, aus dem Bodenseeraum, ist eine solche Künstlerin. Selbstzweifel, Selbstironie, zwar nicht, wie der arme Poet, am Hungertuch nagend, doch unglaublich vielfältig und ausdrucksstark in ihren Bildern. "Blickkontakt" hieß eine ihrer Ausstellungen in Ravensburg (jawohl: Provinz). WeitBlick, HinBlick, RückBlick nannte sie im vergangenen Jahr einige ihrer Werke, die in den verschiedensten Techniken hergestellt wurden. Der späte Picasso von Avignon hat mich ganz bestimmt nicht mehr beeindruckt, als der feine Humor in den Bildern von Christl Schneider-Götz und ihr meisterhaftes Können. Jetzt stellt sie wieder aus: im Kulturhaus in Oberteuringen, am Sonntag, 9. September um 13 Uhr ist Vernissage. "AnsichtsSache" heißt es da. Großformatige Bilder in Acryl oder Öl werden erwartet. Ich bin neugierig und versuche, hinzuschauen. (88094 OBERTEURINGEN, Eugen-Bolz-Str. 3)
Auch Horst Köbele aus Freiburg gehört zu jenen, die den Kunstbetrieb nicht mitmachen. Keine Galerie, keine Sparkasse, kein Straßenverkauf. "So male ich; ich kann nicht anders". Seine Ausstellung in Eichstetten am Kaiserstuhl mag jetzt schon wieder vorbei sein. Ich war höchst überrascht über die Wandlungen eines Künstlers, der eher für sich malt, als für andere. Auch hier eine Ausdrucksstärke, eine bildnerische Vielfalt und ein Können, die in Erstaunen versetzen. Hier wird alles andere als Provinzialismus verkündet. Wo holt der Kunstmarkt in solchen Fällen seine Kriterien her? Etwa vom Vatikan? (Der Kunstpapst) Oder aus dem Guggenheimmuseum (Nur was dort hängt, hängt gut)? Wann wird endlich wieder nach Neuem gesucht? Neugierig, unvoreingenommen, mit offenen Augen und beherzter Urteilskraft? Es sieht nicht gut aus um die deutsche Malerei. Aber, es gibt sie!
Jeder weiß, wie schwierig es ist, sich einen Namen zu machen. Zumal in der Malerei, die besonders geschmacksempfindlich ist. Natürlich gibt es die ganz Großen. Aber, was machen wir mit denen, die nicht in dieses Schema passen? Glaubt man denn immer noch, Kreativität und Talent warten an der Straßenecke auf Entdeckung? Am besten ist es, gesponsort zu werden. Die Gattin eines Reichen, die nichts mit ihrem Geld und ihrer Zeit anzufangen weiß? Wenigsten könnten da hübsche Männer zum Zug kommen. Der Sparkassendirektor, der vom Image des Kulturbanausen loskommen möchte, und durch Ausstellungen dem Geldinstitut etwas Seriosität angedeihen lässt? Eine wunderschöne Muße für einen Bankier? Der gewiefte Kunstkritiker, dem man eine obskure Einladung zu einer ländlichen Vernissage zuschiebt und der aus Dusseligkeit zugesagt hat, zu kommen. Der Künstler selbst könnte natürlich auch die Initiative ergreifen und dem Lokalpolitiker bei seiner Rede einen Farbbeutel an den Kopf werfen? Ich befürchte, dass wahre Entdeckungen einfach durch Neugier und Hinschauen gemacht werden. Das hilft alles nichts. Das Urteilsvermögen, ob etwas gut oder kleinkariert ist, muss man sich selbst zuschreiben. Instanzen gibt es hierfür genauso wenige wie in der Philosophie, wo die großen Lehrmeister abhanden gekommen sind. Der Künstler selbst wird oft von Selbstzweifeln zernagt. Von ihm kann man nicht erwarten, dass er Klinken putzt.
BlickKontakt in Ravensburg |
Also seien wir neugierig und versuchen wir, hinzuschauen. Christl Schneider-Götz, aus dem Bodenseeraum, ist eine solche Künstlerin. Selbstzweifel, Selbstironie, zwar nicht, wie der arme Poet, am Hungertuch nagend, doch unglaublich vielfältig und ausdrucksstark in ihren Bildern. "Blickkontakt" hieß eine ihrer Ausstellungen in Ravensburg (jawohl: Provinz). WeitBlick, HinBlick, RückBlick nannte sie im vergangenen Jahr einige ihrer Werke, die in den verschiedensten Techniken hergestellt wurden. Der späte Picasso von Avignon hat mich ganz bestimmt nicht mehr beeindruckt, als der feine Humor in den Bildern von Christl Schneider-Götz und ihr meisterhaftes Können. Jetzt stellt sie wieder aus: im Kulturhaus in Oberteuringen, am Sonntag, 9. September um 13 Uhr ist Vernissage. "AnsichtsSache" heißt es da. Großformatige Bilder in Acryl oder Öl werden erwartet. Ich bin neugierig und versuche, hinzuschauen. (88094 OBERTEURINGEN, Eugen-Bolz-Str. 3)
Auch Horst Köbele aus Freiburg gehört zu jenen, die den Kunstbetrieb nicht mitmachen. Keine Galerie, keine Sparkasse, kein Straßenverkauf. "So male ich; ich kann nicht anders". Seine Ausstellung in Eichstetten am Kaiserstuhl mag jetzt schon wieder vorbei sein. Ich war höchst überrascht über die Wandlungen eines Künstlers, der eher für sich malt, als für andere. Auch hier eine Ausdrucksstärke, eine bildnerische Vielfalt und ein Können, die in Erstaunen versetzen. Hier wird alles andere als Provinzialismus verkündet. Wo holt der Kunstmarkt in solchen Fällen seine Kriterien her? Etwa vom Vatikan? (Der Kunstpapst) Oder aus dem Guggenheimmuseum (Nur was dort hängt, hängt gut)? Wann wird endlich wieder nach Neuem gesucht? Neugierig, unvoreingenommen, mit offenen Augen und beherzter Urteilskraft? Es sieht nicht gut aus um die deutsche Malerei. Aber, es gibt sie!
Horst Köbele, Freiburg |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen