Freitag, 15. Juni 2012

Erbswurst, oder so.




Es ist schon irgendwie pervers. Oder doch nicht? Der Mensch isst gerne gut, und das ist relativ. Da sitzt man gelegentlich (nicht zu oft, bitte!) in einem total erlauchten Esstempel. Feierlich wird die Speisekarte gebracht. Man wirft einen routinierten Blick hinein, und dann beginnt das Raten. Schließlich wird man mit einer gefüllten Kalbsbrust oder einem badischen Sauerbraten fündig. Die Vorspeise schenkt man sich, aber man freut sich auf den Gruß aus der Küche. Meist lohnt es sich. Manche verstehen es wirklich, den Magen mit kleinen Leckerbissen zu ergötzen. Wenn man das richtige Gasthaus gefunden hat, weiß man, was man erwarten kann. Die Rechnung ist meist etwas gesalzen, das Essen hoffentlich weniger.

Dann passiert es: ich streife in einem Supermarkt umher, den ich für seine forschen Preise nicht sehr schätze, jedoch für die große Auswahl an Waren. Ich kann es nicht glauben: hier liegt ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten: bescheiden, rund, 1,29 €. Es ist eher eine Rolle, könnte auch eine langgezogene Klorolle sein, etwas dünner jedoch: Knorr Erbswurst seit 1889, heißt es da. Gelb mit Speck. 135 Gramm. Ich erinnere mich nur an die Erbswurst grün. Macht nichts, ich kaufe sie. Sechs Teilstücke ergeben 6 Teller Suppe. Mindesthaltbar bis September 2013. Die Zutaten sind von klassischer Ehrlichkeit: 71% Erbsmehl, 7% geräucherter Speck, dann natürlich Geschmacksverstärker, Hefeextrakt, Speisesalz, Raucharoma usw.

Für 1 Teller nimmt man einen Viertelliter kaltes Wasser, versenkt darin ein zerbröseltes Teilstück, bringt dieses unter Rühren zum Kochen und wartet drei Minuten. Komme jetzt keiner auf die Idee, es handele sich hier um Fast Food. Keiner der einschlägigen Futterfritzen hat Erbswurstsuppe im Angebot. Wer noch einen etwas älteren Gaumen besitzt, wird sich an die Köstlichkeit einer Erbswurstsuppe gerne erinnern, zumal dazu oft noch ein frisches Brötchen gereicht wurde. Jetzt sitze ich vor meiner Suppe und habe den Gedanken an den Esstempel längst über Bord geworfen. Sie ist köstlich, weil ich selbst noch Hand angelegt habe: Aus der Tiefkühltruhe holte ich eine Handvoll gefrorener Erbsen, warf sie in die Suppe,  rührte noch etwas Sahne hinein und überzuckerte alles mit feinst geschnittener Petersilie. Echt Schickimicki. Mein Gruß kommt aus der Küche.

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