Montag, 21. Mai 2012

London - kalt und windig, 1. Teil

Als ich zum erstmal nach London kam, sah ich ihn am Piccadily Circus und konnte es nicht glauben. Ein Freund hatte es mir vorausgesagt: in London kannst du jemand sehen, der am hellen Tag im Pyjama über die Straße läuft, und niemand dreht sich nach ihm um. Ich habe mehr als das gesehen: eine alte Frau, total heruntergekommen, offensichtlich verwirrt, die ihren entzündeten nackten Unterleib zur Schau stellte, auf dem Boden sitzend, im Hyde Park, von einem Wust an Zeitungen umgeben. Das ist lange her.

Ich komme gerade aus London zurück, der Hauptstadt eines Landes, dem man ständig den wirtschaftlichen und moralischen Niedergang voraussagt, und, was soll ich sagen? Es gibt in Europa keine verrücktere, dynamischere und lebensfrohere Stadt wie London. Mit 8 Millionen, ich würde sagen, Aus- und Eng-ländern, Europas größte Stadt, wenn man davon absieht, dass Paris und das Ruhrgebiet 10 Millionen zusammenführen, Moskau ein ständig wachsender Moloch ist, und auch Istanbul, eine wahrlich europäisch-orientalische Metropole, wahrscheinlich 17 Millionen Einwohner in ihren Mauern herumirren lässt.


Über das Stadium "Tower Bridge, Buckingham Palace, Trafalgar Square und Soho" bin ich längst hinaus. Anderes ist viel interessanter, etwa das British Museum, das Leben in der U-Bahn, die neue Architektur, oder einfach eine viel beachtete Ausstellung über das Bauhaus oder den Müll. Ein paar Museen müssen schon sein. Die British Library, mit ungeheuren Schätzen an Originalschriften. Man wandert durch die Räume  wie im Traum und sieht, was man nie für möglich gehalten hätte. Das British Museum, ganz in der Nähe unseres Hotels, musste ebenfalls aufgesucht werden. Es ist eine überwältigende Bildungsstätte. Wir besuchten diesmal nur die japanische Ausstellung, allerhand Porzellan, Tuschezeichnungen und Schriften, Skulpturen und Bilder, ein wahres Eintauchen in die japanische Kultur.




In London, so vermutet man, gibt es alles, und von allem das mieseste, aber auch das beste. So ist es eben in einer Weltstadt, die Geschichte und graue Vorzeit mit der Moderne auf atemberaubende Weise verbindet. Die Menschen sind fröhlich und gehören allen Herkünften an, die man sich denken kann. Alle Sprachen werden gesprochen, alles elektronisch Mögliche wird angeboten. Da ist die Königin, zum Beispiel, nur ein amüsanter Klecks auf der Karte des Lebens, nicht das Leben selbst, das sich in den zahllosen Häusern, Straßen und Ecken Londons abspielt.

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