Dienstag, 24. April 2012

"Shitstorm" oder die Anonymen Anmacher

Jetzt haben wir den Salat: Wer die Bildzeitung eine "Dreckschleuder" nennt, kann damit rechnen, dass gar nichts passiert, denn das millionenschwere Kampfplatt würde sich hüten, solches als Beleidigung zu würdigen und dagegen vorzugehen. So etwas übersieht man großzügig, wie auch manche Politiker und andere Personen des öffentlichen Lebens, denen man mit Provokationen unter die Haut geht, eher mit Stillschweigen reagieren. So auch die katholische Kirche, wenn allzu Skandalöses bekannt wird. Ein Shitstorm, hingegen, scheint etwas anderes zu sein. Eine anonyme Empörung, die sich durch beleidigende, oft humorlose Attacken, gegen Menschen und Einrichtungen Luft macht. Er kommt schnell, geht auch wieder schnell und hinterlässt nicht immer Schäden. So hat Günter Grass den Wutausbruch der israelischen Seite, der deftig war, bis jetzt wohl gut überstanden. "Si tacuisses..." wäre für beide Seiten das Bessere gewesen. Die Reaktionen auf sein Gedicht waren hysterisch.


                                                      In die Fresse damit!


Man hat sich immer schon gewundert, wie gelassen amerikanisches und britisches Publikum Filmprodukte hinzunehmen scheint, in denen das Wort "fucking" so häufig vorkommt wie der verbale Durchfall bei einem Hassprediger. Und jetzt dieser fucking new Anglizismus, "Shitstorm". Die digitale Öffentlichkeit lässt die Sau raus. Solange es um Revolutionen in fragwürdigen Politsystemen geht, schauen wir mit Begeisterung zu. Wenn aber der elektronische Volkszorn in pornographische und menschenverachtende Beleidigungen ausbricht, bekommen wir es mit der Angst zu tun. Zurecht kann man solches meist als geistigen Dünnschiss bezeichnen. Ein Kernchen Wahrheit? Warum nicht? Es ist zu vermuten, dass der Shitstorm (ich würde es auf Deutsch mit "Internetkotze" übersetzen) sich bald wieder legen wird, wenn nämlich herauskommt, dass diese anonymen Wutkünstler sich selbst gerne mit Dreck bekleckern, oft, wie bei kleinen Babys, ohne es selbst zu bemerken. Oh, was für eine Scheiße!

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