Mittwoch, 25. April 2012

Afrika, grausame Brüderlichkeit


Ich kenne Afrika kaum. Einige wenige Länder habe ich bereist. Einmal, in Kamerun, ich war mit meiner Tochter unterwegs, die in einer Buschklinik arbeiten wollte, gerieten wir während der Regenzeit in einen Platzregen. Das war in Ngaundere, im Norden des Landes. Wir hatten natürlich einen Schirm dabei und benutzten ihn auch. Da kam ein älterer Herr auf uns zu und bat uns um den Schirm. Ich erzählte ihm in einem brüderlichen Ton, dass ich 20 Kinder zu ernähren hätte, woraufhin er uns mit dem Schirm weiterziehen ließ. Fast typisch für Afrika ist, dass alte Menschen nicht wie potenzielle Trottel, sondern wie Respektspersonen behandelt werden. Anders konnte ich mir die Dreistigkeit des Alten nicht erklären.

Im 19. Jahrhundert erst, erkannte ein deutscher Missionar, der aus Afrika kam, dass Afrikaner auch Menschen sind. Im Ernst. Davor, und noch lange danach, hielt man die Schwarzen für eine Art minderbemittelte Rasse von Halbmenschen, oft nicht einmal zum Dienen geeignet. Landarbeiter ja, Rechte, vor allem Menschenrechte, nein. Ein trauriges Kapitel der weißen Überheblichkeit. Diese nährt sich heute immer noch an den chaotischen Zuständen in manchen Ländern, wo gemordet, vergewaltigt, erpresst und unterdrückt wird. Andererseits gibt es keinen Kontinent, auf dem die menschliche Nähe, das Miteinander so groß ist, wie in Afrika. Grausamkeit und Brüderlichkeit zugleich. Dass Kleinkinder auf den Rücken der Mütter herumgeschleppt werden, dass Mütter und Mädchen neben der harten täglichen Arbeit noch zusammen tanzen und singen können, ist typisch afrikanisch.


                                                   Gemalt von Horst Köbele


Was machen wir mit einem solchen Kontinent, der Hilfe benötigt, und den die Ausbeutung jeder Art noch näher an den Abgrund führt? Die ehemaligen Kolonialmächte, zu denen auch Deutschland und Italien gehören, sollten neben den üblichen Lippenbekenntnissen alles tun,
um diesem Kontinent endlich zu seiner wahren Bestimmung zu verhelfen: wirtschaftliche und medizinische, sowie politische Verbesserungen bis hin zur letztendlichen Prosperität. Dazu könnte eigentlich nur eine längere, umfassende Afrikakonferenz verhelfen, die mit finanziellen Garantien, massiven Gesundheitsprogrammen und politischen Stütz- und Entwicklungskonzepten vorgehen kann. Afrika ist unter anderem auch ein Hort der Menschlichkeit. Geben wir den Afrikanern, was wir vor Jahrhunderten schon geraubt haben: Seine Selbstachtung. Dann wird auch Schwarz wieder zu einer normalen Hautfarbe.

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