Samstag, 15. September 2018

Eine Brezel, zäh wie Hosenleder...

Was habe ich heute sonst noch alles falsch gemacht? Ich zerre an der Brezel, lade Butter auf mein Gezerre, und nehme die Tasse in die Hand, in der sich mein Kaffee befindet. Sie ist die einzige im ganzen Haus, die ohne Henkel existiert. Dafür ist sie blütenweiß. Völlig unnötig.

Es geht um ein einsames Frühstück. Doch früh ist es nicht mehr. Ich muss meine Pillen nehmen. Cath hat sie mir in das kleine silberne Döschen gelegt, das ich von einer heute 90jährigen türkischen Freundin vor x Jahren geschenkt bekam. Damit ist das Silberdöschen noch lange nicht abgehakt. Ich nahm es zu allen Reisen mit. Es ist die Insel in meinem chaotischen Lebensgewässer.

Das Döschen
Neulich, als ich mein Silberzeug polierte, was für ein Reinigungserlebnis (zum erstenmal!), nahm ich mir auch das Döschen vor. Es ist nicht größer als ein Zweieurostück und glänzt wie nie zuvor. Eigentlich sollte ich mich schämen. Aber, das kann ich jetzt nicht. Vor allem, wenn ich an diesen Trump denke, der durch einen Akt kollektiven Schwachsinnes jetzt ein Land führt, das  es nicht verdient hat.

Döschen von innen
Der ist sicher stolz auf seinen Erfolg. Dabei hat er wohl noch nie eine frische Brezel gegessen, dieser Hallodri. Die besten gab es früher auf dem Bahnsteig des Mannheimer Bahnhofes. Diese Brezel-Ehrung war schon lange fällig. Kinder trugen sie früher wie eine Trophäe in der Hand und bissen hinein, als hätten sie drei Wochen lang nichts zu essen bekommen.

Das Hohelied der Laugenbrezel mit Salz, oder der Salzbrezel mit Lauge ist vielleicht noch nicht gesungen. Woran kann das liegen? Weil  die Brezel heute auch nicht mehr das ist, was sie einmal war? Auch das Leder meiner alten Krachledernen, auf die ich immer so stolz war (nocheinmal herzlichen Dank, liebe Mutter), ist brüchig geworden. Es gehörte ein lederner Hosenträger dazu, auf dessen Brustverziehrung ein elfenbeinener Hirsch mit Geweih prangte.

Andererseits war ich immer sicher, dass eine Laugenbrezel ein gewisses Maß  an Zähigkeit aufweisen muss, denn von knusprigen Brezeln habe ich noch nie etwas gehört. Die Neujahrsbrezel ist dagegen eine mütterliche Sonderfertigung, ohne Lauge. Sie kann riesengroß sein (nicht die Mutter, Du Trottel!) und wird gewöhnlich genussvoll in den Kaffee getunkt. Was für ein Vergnügen!*

*aus politischen Gründen wird hier auf eine Abbildung der Brezel verzichtet.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen