Dienstag, 30. Januar 2018

Das Schiff

Spätestens am dritten Tag auf hoher See fragt man sich, warum? Die Welt besteht aus Himmel und Wasser, Frühstück und Abendessen. Und etwa 3000 Seetüchtigen, die im Voraus bezahlt haben. Das Schiff ist riesig. Die 3000 verteilen sich gerecht auf den 10-12 Decks. Das Essen an Bord (wo denn sonst?) ist mit langen Märschen verbunden, dafür jedoch meist ganz passabel.


Ob von diesen 3000, von denen einige recht hinfällig daherkommen, einige bereits verstorben sind? So ein Schiff birgt allerhand Geheimnisse. Wer beim Anlegen dieses Transportmittels zuschaut, entdeckt diskret vorfahrende, neutrale Limousinen, deren Inhalt unsichtbar bleibt. Nun, man muss ja nicht gerade immer auf das Vergängliche unseres Daseins hingewiesen werden. An Bord sterben mag sogar der Herzenswunsch des einen oder anderen (gewesen) sein. Die meisten wollen jedoch genießen.


Für die Passagiere gibt es sogar Sportanlagen, Pools, Unterhaltungszentren wie Kinos, Tanzflächen und sonstiges. Sicher kann man sich auch ein amouröses Abenteuer gönnen, wenn man alleine an Bord ist und die Überzahl an beleibten Körpern und deren Betagtheit keine Schrecken einjagt. Ein besonders eifriger Herr mit silbernem Gehänge um den schönen Hals und ausgesuchten Klamotten schwänzelte auffällig elegant um die Damen herum und führte immer wieder eine neue aufs Parkett. Wie so etwas endet, kann man sich nur schwer vorstellen.


Ein Riesenschiff also, auf dem man sich sowohl leicht finden, wie ebenso leicht verlieren kann. Ich hatte einen netten Herrn in ein Gespräch verwickelt, nachdem ich ihn zum zweitenmal zufällig angetroffen hatte. Dann, nie mehr, obwohl ich des öfteren nach ihm Ausschau hielt. Das Schiff war einfach zu groß. Der Herr für immer verschwunden.


Auch das Meer ist groß. Es scheint endlos. Man starrt in den wolkenverhangenen Himmel. Dann wieder auf die Wasserfläche herab. Ein heimatliches Gefühl kann da nicht aufkommen. Doch eine Woche bedeutet viel Abschied, man hat vergessen, von wo? Kann es sein, dass der Reiz des Meeres darin besteht, sich irgendwo zu befinden, ohne zu wissen, wo? Manche schwärmten vom unendlichen Sternenhimmel. Bei dieser ganzen Seefahrt habe ich keinen einzigen Stern gesehen. Das Universum blieb mir ein Buch mit sieben Siegeln.

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