Dienstag, 26. Dezember 2017

Nichts ist schwerer zu ertragen

als eine Reihe von Feiertagen. So, oder irgendwie ähnlich lautet der Spruch. Viel zu ernst, als dass er von Wilhelm Busch sein könnte.  Was mich dieser Tage mit Neugier belastete, war die Entdeckung, dass ganz viele, um nicht zu sagen, alle, die in den Jahren 1930-1940 interessante Karrieren hatten, der NSDAP angehörten. Sogar mein äußerst integrer Onkel, der in München Professor war. Ich wollte es genau wissen, hatte auch seine Assistentin gekannt, die als erste Frau auf seinem Lehrstuhl nachrückte, und kam zu dieser Erkenntnis, weil Google bei den Biografien jener Zeit hinzufügte: diese Person war Mitglied der NSDAP, wenn dies zutraf. Für die ganz Jungen: Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei.


Ich ging der Sache nach, bis ich herausfand, dass man der Nazipartei beitrat, weil es sonst keine berufliche Laufbahn gegeben hätte. Also, nur wenn man in die Partei eintrat, ging es beruflich weiter. Deshalb mussten so viele Menschen sich nach dem Krieg auch entnazifizieren lassen. Meine geliebte Tante, eine bekannte Kratzbürste und Autorität auf ihrem Gebiet, sie war Ernährungsspezialistin, hielt nützliche Vorträge über sinnvolle moderne Ernährung, war selbstverständlich nicht in der Partei und hat niemals Heil Hitler gerufen, muss den Nazis irgendwie Achtung eingeflößt haben. Mit einem Bein im Gefängnis, schaffte sie es sogar, jüdische Freunde und Freundinnen klug zu beraten. Genaueres habe ich nicht erfahren.

Mutiges Tantchen! 
Als Direktorin einer Mädchenschule hielt sie ihre Ernährungsvorträge vor Frauen, die es nötig hatten.
Diese Frauen waren alle igendwie nationalsozialistisch zusammengefasst. Meinem Tantchen war das egal. Sie musste auch nicht mühevoll entnazifiziert werden, da sie der Partei nicht angehörte. Bürokraten haben jedoch nach dem Krieg dafür gesorgt, dass sie fast ein Jahr nicht arbeiten durfte, weil sie angeblich dem Naziregime diente. Der Erlass des zuständigen Kultusministeriums, als es ihr die Neuzulassung mitteilte, formulierte es so: Die (Familienname, ohne Titel) kann ab dem (Datum) ihre Tätigkeit wieder aufnehmen. Als ich diesen Brief in den Sachen meiner Tante vorfand, fühlte ich ganz stark, dass ich diesen Bürokraten hätte ermorden sollen. Doch war .nicht (nur) er, sondern das ganze schreckliche System daran schuld.
Bürokraten. 
Beamtentum, das es in vielen Ländern garnicht gibt, geht leicht mit der Verachtung des Menschen einher. Gehorsam und Untertanentum sind ein wichtiger Bestandteil dieses "Tums". Das wissen wir. Warum jedoch nicht gleichzeitig menschlicher Ungehorsam und störrischer Mut entwickelt werden, ist unverständlich. Meine Sympathie gehört zuerst einmal dem, der nicht alles einfach hinnimmt, sondern sich seine Entscheidungsfreiheit bewahrt. Wir wollen in Würde leben und keine trotteligen Würdenträger werden, denn dafür ist das Leben zu kurz.

New Year 2018 
Die Reihe von Feiertagen, die uns verdient oder unverdient aufgebürdet wird, sind also ganz einfach zu ertragen: Ruhe, Frieden, Sattheit (dazu ein gutes Glas Wein), Liebe im Überfluss, Schlafen und Frühstücken, das alles, bei bedingungsloser Wahrung der Menschenwürde und gelegentlichem Abschalten des Fernsehgerätes, bringt uns dem geruhsamen Jahresende deutlich näher. Wenn dann noch regelmäßige Spaziergänge hinzukommen, kann dem Jahr 2018 gnadenlos ins Auge geschaut werden.







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