Montag, 25. September 2017

Ich kann den Schnabel nicht halten.

Wir saßen im Auto. Auf dem Weg vom Schwarzwald nach Yorkshire. Sonntag war gestern. Keine LKWs auf den Straßen. Rege Beteiligung an den Wahlurnen. Wir, vom Verkehr überwältigt, hingen bei Brüssel über 2 Stunden im Stau. Kamen in letzter Minute an der Fähre in Rotterdam an. Wir waren das letzte Auto, das noch aufs Schiff durfte. Dann war Abendessen mit Wein und Ruhepause angesagt. An die Bundestagswahlen dachte niemand mehr.

Heute Morgen, beim Verlassen der Fähre in Hull, dann die ersten Hinweise auf die deutschen Wahlen. Radio Four: Wahlsieg für Europas mächtigste Frau. SPD hat verloren. AfD ist drittstärkste Partei. Was nun? Wer wird die neue Regierung bilden? Zu meinem großen Erstaunen wurde nicht nur der amtierende CDU-Fraktionschef Peter Altmaier, sondern auch die AfD-Oma von Storch im englischen Rundfunk interviewed. Die einzige Erklärung für mich: ihr fließendes Englisch. Inhalte gab es nicht. Diese Leere kam auch auf Englisch gut rüber, sonst nichts. Als distanzierter Beobachter ist man nur noch an wenigen Akteuren interessiert. Das gilt für alle Parteien.

Klatsche gegen rechts. 
Die Klatsche für Merkel hat gesessen. Sie als Wahlsiegerin zu bezeichnen, ist kühn. Auch ihre sieggewohnte CDU wurde kräftig runtergemacht. Die bekannten Matadoren, die sich immer wieder in Szene gesetzt und dabei unmerklich bzw. laut dröhnend bemerkbar gemacht haben, sind als Zugpferde längst abgetreten. Der Verschleiß hatte schon Roland Koch, Günter Öttinger, Wolfgang Bosbach aus der Bahn geworfen, aber auch Wolfgang Schäuble, Volker Kauder, Julia Klöckner etc. haben niemand mehr vom Stuhl gerissen. Ein Minimum an neuen Aussagen und Zielen durfte der Wähler erwarten. Doch es kam nichts, außer dem fröhlichen Ausruhen auf vertrockneten Lorbeeren. Der Wähler hat die Rechnung präsentiert. Die Extrawurst für Seehofer wird nicht lange auf sich warten lassen.

Fast tragisch auch der Ausgang für die Sozildemokraten. Martin Schulz hat tapfer gekämpft, die heißen Eisen der Politik blieben jedoch unberührt. Weitermachen ist also für die SPD auch keine Option, denn der Wähler hat sich Veränderung gewünscht. Die Stimmung im Land ist mies. Die Lohnschere bewegt sich weiter auseinander. Die Flüchtlinge, und gerade die Muslime unter ihnen,  dürfen nicht zu Sündenböcken einer verkorksten Sozialpolitik werden. Der Drang nach rechts muss stärker bekämpft werden. Diese Veränderung ist nicht in Sicht. Das Ergebnis der Wahlen ist entsprechend.

Das Notprogramm von Martin Schulz: Lieber in eine klare Opposition als in eine Wischi-Waschi-Koalition eintreten. Angie Merkel wird, frei nach dem SPIEGEL, in ihrer vierten Amtszeit aufwachen müssen. Auch den Grünen und der Linken ideologisch näherkommn müssen. Schlafmützigkeit zersetzt Demokratie nur und schläfert sie ein. Auch der rechte Sumpf muss endlich ausgetrocknet werden. Und vor allem, das haben diese Wahlen gezeigt, ist eine klarere Politik für die jüngeren Menschen notwendig, weil diese mehr Zukunft brauchen. Versucht muss auch werden, die Güter gerechter zu verteilen, sonst werden sie früher oder später den Reichen aus der Hand geschlagen. Alles in allem eine Wahl mit vielen beunruhigenden Ergebnissen.

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