Donnerstag, 27. Juli 2017

See you later - Abschiedsgebrabbel.

Schwer zu sagen, ob Aufwiedersehn das selbe bedeutet wie Tschüss oder Servus. Hier in England sagt man zwar "See you later", meint es jedoch in den meisten Fällen nicht. Auch das "Aufnimmerwiedersehen" gibt keine Garantie, dass man sich nicht doch wieder über den Weg läuft. Ich habe ein Alter erreicht, wo ich mir oft sage: ihn oder sie werde ich wohl nie mehr sehen. Das Leben ist ein Kommen und gehen. Unseren Dani aus Innsbruck haben Cath und ich nach einem dreiwöchigen Besuch heute Morgen wieder zum Bahnhof gebracht. Keighley-Leeds-Manchester, Abflug von dort nach München, dann per Bus nach Tirol. Achtzehn Jahre jung. Da wird noch mancher Abschied (für immer?) auf ihn zukommen.

Adieu, Dani. 
Mama starb, als ich im Ausland eine Sitzung leitete. Papa starb, als ich im Ausland eine Sitzung leitete. Nur das Telefon war unser fast täglicher Kontakt. Es blieb so vieles ungesagt. Und der Abschied tat unendlich weh, zumal die Schwester in den USA überhaupt keinen Abschied nehmen konnte. Ein Studentenfreund, mit dem ich mich immer etwas ironisch-respektvoll in Gespräche verwickelte, und der mich immer scheinbar respektlos mit meinem Familiennamen ansprach, wobei er mich duzte, dieser Freund besuchte mich eines Abends. Wir sprachen kurz miteinander, und statt "Tschüss" sagte er dann zu mir "Aufwiedersehn, Wolfgang" und reichte mir die Hand. Mit einem seltsamen Gefühl der Unruhe schlief ich an jenem Abend ein. Am Morgen erfuhr ich, dass Dieter sich aus dem 11. Stockwerk des Studentenwohnheimes in die Tiefe gestürzt hatte. Ein schmerzlicher Abschied für immer.

Tantan, rechts. 
Mein Tantchen, meines Wissens, neben meinen Kindern, die einzige Überlebende meiner Familie, ging auf die 93 zu. Unverheiratet wie sie war, lebte sie in einem Heim, das wir beide gemeinsam ausgesucht hatten. Als der Anruf kam, sie fühle sich nicht wohl, packte mich eine panikartge Unruhe. Ich wollte nicht nocheinmal von einem lieben Menschen unvorbereitet verlassen werden. Mein Vater (ihr Bruder) lebte schon lange nicht mehr. Ich eilte zu ihr. Etwas mehr als 100 km Autobahn. Sie konnte nicht mehr sprechen, schaute mich mit müden Augen an. Ihr Bruder hatte sie einmal eine geizige Kratzbürste genannt, und wegen ihrer konservativen, streng katholischen Einstellung hatten sie und ich uns bei jeder Gelegenheit freundlich gekabelt. Ich fühlte, dass das Ende von Tantan (wie meine Kinder sie nannten) gekommen war.

Es wird kalt in der Nacht 
Bisher habe ich es nur einmal in meinem Leben getan. Ich saß an ihrem Bett und flüsterte: Tantan, wir haben uns oft gestritten. Jetzt musst du wissen, dass ich dich immer geliebt und bewundert habe. Auch die Kinder waren immer von dir fasziniert. Wahrscheinlich werden wir uns nicht mehr lange sehen. Verzeihe mir, wenn ich nicht immer nett zu dir war. Ich weiß, dass du bald im Himmel sein wirst. Woher ich diesen Mut nahm, weiß ich heute nicht mehr. Die Ärztin sagte zu mir: sie wird diese Nacht durchschlafen können.  Ich kam am nächsten Morgen wieder. Sie war friedlich eingeschlafen.

Theresa, see you later. (Brexit) 
Ich habe immer noch Probleme mit dem Abschied. Ist es das letzte Mal, dass wir uns sehen? Wieviele Male werden es sein? Was wohl ein Engländer denkt und fühlt, wenn er sagt See you later? Haben manche deshalb diese Angst, aus der EU auszusteigen? Die Ungewissheit ist es, ja, die Ungewissheit. Tschüss, Brexit.











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