Donnerstag, 15. Dezember 2016

Die Heiligen der letzten Tage.

Die Kirchen in Deutschland haben immer ein wenig auf sie herunter geblickt. Die Zeugen Jehovas, die man im Dritten Reich Bibelforscher genannt hat, wenn ich exakt informiert bin, galten als Sekte, wie die Methodisten und andere Religionen. Die Nazis haben sich ihnen zum Teil erfolgreich angebiedert. Von der katholischen Kirche weiß man, dass manche Bischöfe und Priester den Faschismus offen unterstützt haben. Auch die Zeugen Jehovas und die Mormonen machten diesen Fehler. Solange man von den verbrecherichen Taten der Nazis nichts oder fast nichts wusste, war das irgendwie verständlich.


Man kann auch verstehen, dass sexueller Missbrauch durch Kirchenmänner auch heute noch wie ein Tabu behandelt wird. Dass man versucht, solche Vorkommnisse schnell vergessen zu lassen. Doch heute leben wir in der digitalen Welt. Geschichtliche, geografische, politische und moralische  Ereignisse lassen sich nicht mehr vertuschen. Auch nicht die Vergehen anderer Zeiten und Regionen. Im Gegenteil, sie können heute durch das Internet missverstanden, überhöht und augeschlachtet werden. Von einer bösen Person sagte man einst: ihr einziger Ausweg war die Tugend, sozusagen die Rettung hinüber zum Guten. Ein bekanntes Bild einer Art Bekehrung.

Mir wurde eine solche Gelegenheit geboten, als ich mit 18 die Klingel an unserer Haustüre hörte und zwei junge Männer im ganzen Anzug und Schlips davor standen. Die Eltern waren nicht zuhause. Ich war allein. Die beiden Jünglinge waren etwa so alt wie ich. Sie hielten ein Buch in der Hand, das sich als das Buch Mormon herausstellte. Meine lockere religiöse Erziehung, irgendwo zwischen Katholizismus und Protestantismus, sowie die seriöse Kleidung der beiden weckte meine Neugier. Sie kamen aus Salt Lake City in Utah/USA und waren auf Missionstour in Deutschland.


Ich lauschte ihren Worten, die sich hauptsächlich um Joseph Smith drehten, der im 19. Jahrhundert eine Erleuchtung hatte. Das Buch Mormon berichtet, dass Jesus Christus im Jahre 34, nach seinem Tod und seiner Himmelfahrt, in Amerika den Ureinwohnern erschienen ist. Das Buch Mormon beschreibt den Umgang Gottes mit den Menschen, wenn ich mich recht erinnere, im Zeitraum zwischen 600 vor Christus bis 400 nach. Mormon fasste das auf Goldtafeln zusammen, die in ein sicheres Versteckt kamen. Joseph Smith war dann derjenige, der die Tafeln fand und in kurzer Zeit ins Englische übertrug. Also sind die Mormonen meist amerikanische Bürger.


Das Interessante am Buch Mormon ist, dass es selbst die Frage stellt, ob alles der Wahrheit entspricht. Doch in einer Zeit, da es die Lügenpresse gibt, Leute wie Donald Trump, Frauke Petry, Marine Le Pen und Nigel Farage (alles Lügenspezialisten), kommen dem geneigten Leser immer wieder Zweifel am Gedruckten. Vor Gutenberg, dem Erfinder der Druckmaschine, konnte man eine Lüge, falls man sie als solche erkennen konnte, laut und deutlich entlarven. Heute kann man nichts Gedrucktes einfach so hinnehmen.


Doch der Glaube versetzt Berge. Wir hatten vor ein paar Tagen zwei amerikanische Gäste aus Utah. Ein sympathisches junges Paar, das uns anschließend zu einem Gottesdienst in einem Mormonentempel bei Bradford einlud. Beide waren aufgerufen, dort zu ihrer Gemeinde zu sprechen. Es ging alles gut. Ob Bibel oder Buch Mormon, unser Freund und seine Frau brachten das Beste zum Vorschein, was heilige Schrift zu sagen hat. Was Cath und mich am meisten beeindruckte, war die starke Bindung der Gläubigen untereinander und die fröhlich herumlaufenden Kinder. Meine letzten Erinnerungen an einen katholischen Gottesdienst sagten mir: es wird nicht gelacht, weniger gesungen, Kinder hatten artig zu sein und der Gott war - wie ich vermute - derselbe.


Da ich meine eigenen Gedanken zur Religiosität, zum Glauben und zu Erleuchtungsfragen habe, kann ich mit Leichtigkeit sagen: Jeder soll und kann nach seiner Fasson selig werden. Auch die Heiligen der letzten Tage.









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