Mittwoch, 26. Oktober 2016

Yorkshire Tagebuch - 14 - heute ist der Teufel los.

Das Werberadio Classic FM dudelt vor sich hin. Mehr Werbung als Classic. Doch jetzt wird eine Laudatio von Mozart abgespielt. Die Getragenheit des Soprans lässt mich sofort aus dem Fenster blicken. Ja, es hat geregnet. Jetzt kommt eine blasse Herbstsonne durch. Warum tut ihr das, frage ich mich still. Da kommt Cath die Treppe herunter und erkundigt sich, etwas scheinheilig, nach meiner Erkältung. Dass ich die ganze Nacht gehustet habe, scheint sie zu ignorieren. Es geht mir dreckig. Es kommt bei Männern oft vor, dass man meint, die Welt gehe unter. Mein Papiertaschentüchervorratsdenken hat einen Knacks bekommen. Cath, heute benötige ich ein Riesenpaket Kleenex, sonst sterbe ich.



Kein Wunder, dass ich mich am frühen Morgen zuerst den ARD Tagesthemen von gestern zuwende. Der Rechner macht es möglich. Der Moderator ist neu aus den USA zurückgekommen. Ingo Zamperoni oder so. Kann es sein, dass ihm jemand gesagt hat, er sei schön? Ich würde das meinem größten Feind nicht wünschen, denn das wissende In-Falten-legen-der-Stirn lässt sein Lächeln noch sieghafter erscheinen. Es erinnert jedoch ein wenig an das von Dschordsch Dabbelju Bush. Wie
schrecklich!


Es ging um den VW-Betrug mit den Dieselautos. In Deutschland ging ein Kläger vorerst leer aus und sieht keinen Pfennig. Er könne seinen Diesel ja weiter fahren. In den USA wurden von VW gerade 13 Milliarden € hingeblättert, um die amerikanische Geldfressmaschine zu füttern. Ein US Gericht hatte diesem Kompromiss selbstverständlich zugestimmt. Andererseits, so erfährt man, sei Deutschland gut plaziert, um das elektro-gesteuerte Auto auf den Markt zu bringen. Überhaupt seien die wirtschaftlichen Aussichten in Deutschland optimistisch zu bewerten. Bauboom und Aufschwung, beides auf dem Vormarsch.


Jetzt wird wieder das Prélude à l'après-midi d'un faune bei Classic FM abgespielt. Bei Debussy kann man fast nichts kaputtmachen. Der ARD-Wissenschaftskorrespondent Rangar Yogeshwar, ein kluger Fernseh-Liebling, schon seit Jahren, berichtete noch von den möglichen Folgen der Einführung künstlicher Intelligenz in unser Leben. Das hat mir gerade noch gefehlt. Der Mensch müsse weniger schuften, aber für die Konzentration von Macht und Geld könnten keine Prognosen abgegeben werden. Auch nicht für eventuelle Massenarbeitslosigkeit. Ein kluges Kerlchen war Rangar schon immer. Er weiß, warum Christbäume explodieren und was die NSA so treibt.

Immer wieder eine Freude, ihn anzuschaun! 
Hier in Nord-Yorkshire, zwischen Leeds und Bradford, scheint jetzt die Sonne. Wir haben es nicht verdient. Der unsägliche Außenminister, Boris Johnson, wird gezeigt, wie er sich (gestern) gegen eine neue Startbahn des Londoner Flughafens Heathrow outet. New York sei die Stadt der Wolkenkratzer, Paris die Stadt der Lichter. Solle London die Stadt der Flugzeuge werden? Ein typischer Boris-Unsinn. Joaquin Rodrigo hat das Concierto de Aranjuez eigens für Boris komponiert, so scheint es, damit dieser seine Platitüden abladen kann. Dabei winkt er in eine Richtung, ohne dort hinzuschauen. Wie nervös dieser Brexitmensch ist.

Trump ist mir Gottseidank heute noch nicht eingefallen! 
Das war mein deutscher Tag. Bevor der Nussknacker-Marsch von Tschaikovsky zu Ende geht, werde ich mir einen Yorkshire Tee machen und hoffen, dass die Donnertagsleerung der grauen Tonnen bald abgeschlossen ist, denn der Lärm von der Straße wird mir allmählich zu viel. 

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