Freitag, 14. Oktober 2016

Ich weiß, man liebt es nicht!

Das Alter ist recht seltsam: einerseits gibt es nur einen Weg, betagt zu werden, nämlich, weiter zu leben, andererseits wehrt man sich gegen die Zumutungen, die die Jahre so mit sich bringen. Hier, in Yorkshire ist das genau so wie woanders. Die kleinen Beschwerlichkeiten drücken manchmal sehr und wollen vermieden werden. Also, keine schweren Gegenstände, die steile Treppe hinaufhieven. Aber, was tu ich, wenn die Marmelade beim Frühstück immer irgendwie an den Fingern klebt? Schlimmer noch: das Brot, die Leidensfrucht des Deutschen in Shakespeareland. Brot bröselt grundsätzlich und enthält kein Salz und wenig Geschmack, obwohl es hier genug missglückte Experimente gibt, das zu verbessern.

Selbstgebackenes 
Dann der Alltag: warum wachsen bei mir Haare und Nägel so schnell? Immer bin ich am Bart-, Nasen-, Ohren- und Haupthaaren schnippeln. Die in der Nase wachsen so rasant, dass es jeden Morgen erst mal kitzelt, bevor ich mit dem Scherchen stutzen kann. Wenn ich dusche und das Fenster bleibt wegen Kälte geschlossen, laufen die Spiegel an, und man kann sich nicht kämmen. Als Senior mit Anspruch auf Angenehmes kaufe ich mir allerhand Gebäck (Cookies, Flapjack, Kekse mit und ohne Schokofüllung), das auch für kleine Kinder gedacht ist, und an dem man sich zum Nachmittagsthe dumm und dusselig futtern kann. Der Nachteil: die Verpackung ist absolut altersfeindlich. Schere, Messer und Hammer werden benötigt, um auch die dämlichste Plastik-Umhüllung aufzubekommen.

Butter  ist gesund. Oder?
Da ist noch etwas: man bekommt eingetrichtert, dass es Anti-Ageing-Creme gibt. Meine Mami, so erinnere ich mich, hatte mir lediglich das Gesicht abgewaschen und mich in die Badewanne gesetzt.
Wasser und Seife taten das Übrige. Heute kommt bei der "Haut über 40" auf ganz andere Qualitäten an. Also benutze ich seit vielen Jahren, und in kleinsten Dosen, eine AACreme in einer schwarzen Tube, die eine Dame von Welt schon zu Urzeiten in hohem Bogen aus dem Fenster geworfen hätte. Sie (nicht die Dame!) sieht etwas gelblich aus, riecht jedoch nicht ranzig, und wird mir noch etwas von sich abgeben, wenn ich hundert bin.

Farage, Storch, politische Tölpel 
Das sind die Vorzüge des Alters. Ein lieber Freund und Arzt hatte mich schon vor Jahrzehnten vor dem Verzehr von Butter gewarnt. Nimm Margarine. Das ist gesünder. Ich hielt mich brav NICHT daran und aß weiter Butter. Mein ebenso betagter Freund hat auch schon lange zur Butter gewechselt. Ich trage die Butter so üppig auf, damit man die Zähne im angebissenen Brot sehen kann. Warnungen, auch allgemeiner Art, schlage ich genüsslich aus. Das sind die Vorzüge des Alters. Ich kann zu meinen Fehlern stehen. Und am Rechner kann ich auch meine Kapriolen schlagen und im Internet so manchem politischen Tölpel kräftig den Marsch blasen.

Trump in der Hand oder Taube auf dem Dach? 
Fern der Heimat, bekomme ich mit, wie die Neonazi-Szene sich aufspielt. Die Petrys, Storchens und ähnliche Neos oder Bios sind hier kaum bekannt. Doch ihr wirrer Hass auf alles was fremd ist, hat durch die Brexitkampagne auch im nüchternen Großbritannien um sich gegriffen. Hier heißen die Lügenbarone und Volksverhetzer Farage, der weiterhin seine Diäten aus dem Europäischen Parlament kassiert, bis er hoffentlich rausgeschmissen wird. Und Boris Johnson, dessen Kredit als neuer Außenminister schon erschöpft war, bevor er ernannt wurde. In la douce France sind es Fräulein Le Pen und das Stehaufmännchen Sarkozy, die durch ihre hetzerischen Reden den denkenden Bürger ständig anmachen.

Auch Menschen! Wie du und ich. 
Dann haben wir noch einen, auf den wir zurecht schimpfen dürfen: Donald Trump, ein Milliardär, Frauenbeleidiger, Steuerbetrüger und notorischer Lügner, der sich berufen fühlt, amerikanischer Präsident zu werden. Sollte Amerika im November diesen Herrn wählen, wird das Land automatisch zur Bananenrepublik. Auf dem Weg dahin ist man schon. Nun, im Alter darf und kann man sich alles erlauben. Dürftige Politiker abkanzeln, seinen Leidenschaften frönen, neue Trends ignorieren. Und von einer besseren Gesellschaft tagträumen. Doch man kann auch etwas tun wenn man will: kämpfen mit den Mitteln der Logik und mit guten Argumenten. Erich Kästner sagte: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.


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