Freitag, 27. Mai 2016

Heldenverehrung ja, aber mit äußerster Vorsicht!

Man erfährt viel, wenn man nach den Helden einer Nation fragt, doch selten herrscht dabei Einigkeit. Wie könnte es sonst sein, dass Napoleon und Hitler zu den zehn wichtigsten, nicht Helden aber Personen aller Zeiten gehören, noch vor Stalin und Mao. Bei den US-Informatikern Steven Siena und Charles Ward, die per Wikipedia, Google Ranking und Nachrichten-Zulauf herausfinden wollten, wer die wichtigsten Personen der Geschichte waren, waren selbst Zweifel an ihrem Tun gekommen. Selbst ein ungebildeter Provinzler und Nationalist muss da die Augenbrauen heben: unter den Top Ten drei US-Präsidenten, Jefferson, Washington und Lincoln, dazu 2 Religionsstifter, Jesus und Mohammed, sowie Alexander der Große und sein Lehrer Aristoteles. Dann: Adolf Hitler und Napoleon. Und liebevoll darunter gemischt: William Shakespeare, auf den wir noch zurückkommen werden.


Zugegebenermaßen haben die beiden Autoren im englischsprachigen Wikipedia und den Google-Ranglisten gewühlt, sonst hätten nicht drei US-Präsidenten gleichzeitig in diesem Ranking Platz gefunden. Napoleon und Hitler figurieren in dieser Liste wie Irrläufer. Sie spielen halt immer noch eine Rolle, der eine als machtgieriger Megalo, der andere als Schreckgespenst der Geschichte. Man kann es sich aussuchen, wer wer ist.

Bei Nationalhelden haben wir es einfacher. In Kasachstan gehören zu den 10 Größten Sagadat Numagambetov, Toktar Aubakirov und Talgat Musabayev. Schon von ihnen gehört? Sie wurden von ihren Oberen ernannt. Von besonderen Verdiensten (womöglich an der Menschheit) ist nichts bekannt. Aber das können wir so stehen lassen.

Ein übergeschnappter Geografielehrer hatte mich kurz vor dem Abitur als großherzige Geste über die Osterfeiertage mit der Hausaufgabe betraut, einen Vortrag über die kulturellen Leistungen Deutschlands auszuarbeiten. Mein Vater sah mich bei der unmöglichen Arbeit und sagte: dieser Kerl ist größenwahnsinnig und gemeingefährlich.  Ich konnte ihm zustimmen. Mein Referat wurde eine sinnlose Auflistung, die unsere amerikanischen Autoren wahrscheinlich mit Bewunderung erfüllt hätte.



Nun zu Shakespeare: Im Mai vor genau 400 Jahren ist er gestorben. Er benötigt kein Ranking, denn seine Werke werden nicht nur in England, sondern auf der ganzen Welt aufgeführt. Vielleicht ziert sich Kasachstan ein wenig, den Hamlet aufzuführen, wegen der großen Zahl an eigenen Nationalhelden. Warum aber keine Frau es bisher in dieses Weltranking geschafft hat, ist ein Rätsel. Katharina  die Zweite, die Große, Zarin von Russland, mit ihrem Verschleiß an (21) Liebhabern, kommt da in den Sinn. Und was machen wir mit Mutter Teresa und Angela Merkel? Das ist zwar etwas selbstsüchtig, aber immerhin wird Angie als die mächtigste Frau der Welt bezeichnet. Von wem, weiß man nicht, und wenn Hillary Clinton den Präsidentensessel erklimmt, ist es wohl Schluss damit. Meine Bewunderung hat immer schon Hildegard von Bingen gegolten, die die Dinkelsuppe erfand und den weiblichen Orgasmus entdeckte und sonst noch eine große weibliche Persönlichkeit (heute sogar im Heiligenstand) war.



Unter den Briten käme wohl auch Königin Viktoria infrage und Virginia Woolf. Bei Lady Chatterley aber hätte ich so meine Zweifel. Worin die Briten großartig sind, ist die warmherzige Verehrung ihrer "Helden". Die Deutschen, die auf Leute wie Martin Luther, Karl den Großen, Beethoven, Brahms und Wilhelm Busch mehr als stolz sein könnten, schämen sich lieber wegen Adolf Hitler, Heinrich Himmler und Joseph Göbbels. Recht geschieht uns, doch sollten wir über den dunklen Zeiten nicht unsere wahren Helden vergessen.

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