Montag, 28. September 2015

Ingrid Noll, ihre Krimis sind toll!

Es begann in Shanghai. Ich stand in einem Viertel, in dem Deutsche, Juden und Nichtjuden, lebten. Sie waren mit Beginn des 2. Weltkrieges irgendwie nach China gekommen. Manche blieben dort, andere kehrten später wieder nach Deutschland zurück. Im September wurde Ingrid Noll 80 Jahre alt. Es könnte sein, dass ich vor ihrem Geburtshaus stand, ohne je von ihr gehört zu haben. Das Leben geht eigenartige Wege. Ingrid Noll - auch ich habe viel im Ausland gelebt - wurde eine bekannte Krimiautorin, deren Werke in über 20 Sprachen übersetzt wurden. Auch sie hat Heinrich Heine und seine Gedichte schon mit 10 Jahren gelesen. Und sich, wie sie sagte, damals in ihn verliebt. Mich haben Heines erste Zeilen von "Denk ich an Deutschland in der Nacht....." seltsam angerührt und traurig gemacht. So ist das mit den Deutschen, die fern der Heimat leben. Ihre Vorstellungen vom Land der Väter können auf wunderliche Art falsch sein. Auch die kleine Ingrid hat in China offensichtlich von einem verklärten Deutschland geträumt, bis sie dann später auf die Realität gestoßen ist. Hat das ihre späte Hinwendung zur kriminellen Literatur verursacht?


Bei Heinrich Heine, den wir so verehren und der auch ganz holprig reimen konnte, lesen wir viel über die Heimat. Was mir besonders gefällt, ist der Satz: "Eine große Vorliebe für Deutschland grassiert in meinem Herzen, sie ist unheilbar". Wie bin ich denn schon wieder auf Heinrich Heine gekommen? Ach, ja, Ingrid Noll. Ich habe den Verdacht, dass die Deutschen sie nicht sehr gut kennen. Agatha Christie hat auch "nur" Krimis geschrieben und ist damit weltberühmt geworden. Vielleicht habe ich, fern der Heimat etwa, sie einfach verpasst? Das kommt vor. Jetzt will ich es gutmachen. Morgen werde ich sehen, ob meine Wiener Lieblingsbuchhandlung wenigstens "Der Hahn ist tot" von ihr verkauft. Nein, sie hatte nur "Der Mittagstisch". Ich lese ihn gerade. Stört mich nicht!*

*Gelesen und für außerordentlich gut befunden.


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