Donnerstag, 10. September 2015

Die Veränderungen anhand der Queen

Ein etwas rätselhafter Titel. Die englische Königin hat jetzt solange regiert wie ihre Ururgroßmutter Victoria, also 63 Jahre und einige Monate. Als Elisabeth II den Thron bestieg, nein, es war kurz danach, besuchte sie die Pottery Region in Stoke-on-Trent. Dort wurde noch in den Fünfzigerjahren das berühmte Porzellangeschirr hergestellt, aus dem man selbstverständlich aß, natürlich auch die Krönungsgäste. Wedgwood ist immer noch ein Begriff. Zu jener Zeit hatte die Hälfte der britischen Bevölkerung noch nie einen Schwarzen gesehen, und kaum einen Asiaten. In einer Kleiderfabrik in Leicester waren noch 1958 alle Arbeiterinnen weiß. In Nottingham gingen 4000 Briten auf die Straße, um gegen etwas Unerhörtes zu protestieren: in einem Pub wurde ein Schwarzer aus Westindien gesehen wie er mit einer weißen Frau flirtete. Solche Dinge vollziehen sich nie reibungslos.

Dieser Teller kam aus Stoke-on-Trent über Zypern, Frankreich, Deutschland nach Österreich. 

Es ging alles Schlag auf Schlag. Menschen in ehemaligen Kolonien erhielten die britische Staatsbürgerschaft. Viele kamen aus allen Ländern und ließen sich für immer im Reich nieder. Heute ist die Gesellschaft in Großbritannien ein ethnischer Schmelztiegel. Die Sprache ist nicht das vielgerühmte Oxford Englisch. Das Englisch auf den Straßen hat ebensoviele Klangfarben wie Gesichtszüge. Keiner scheint darüber traurig zu sein. Man regt sich eher über unkorrekte Geschäftsgebaren auf oder über den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im großen Stil, als über Verfremdung. Dann eher über die in Brüssel, die alles besser wissen wollen.

Was Deutschland und Österreich betrifft, wo gerade viele Fremde ankommen, die nicht mehr in ihre Länder zurückkehren werden, so muss eine solche ethnische Veränderung niemanden beunruhigen. Die Flüchtlinge werden sich anpassen (helfen wir ihnen!) und unsere Gesellschaft zu einer bunteren machen. In Wien und anderen europäischen Städten kann man es täglich sehen: im Zentrum ist fast jeder ein sogenannter Ausländer. Man hört es an den Sprachen und Akzenten. Wenn wir freundlich helfen, klappt es mit der Integration besser und schneller.


Ausländer, wohin das Auge reicht. 

Die englische Königin kann ein Gradmesser für all diese Veränderungen sein. Sie hat in den fast 90 Jahren ihres königlichen Daseins alles erlebt und auch das Gegenteil. Krieg und Frieden, Schwarz und Weiß, Hunger und Völlerei, Anstand und Frömmelei, Betrug und Ehrlichkeit. Jede Gesellschaft sucht sich ihr Mitte aus und bestimmt, welche Werte ihr am wichtigsten sind. Auch Deutschland und Österreich zeigen gerade, auf welche Werte man nicht verzichten mag. Das wird auch in Zukunft unsere Gesellschaft bestimmen. Freuen wir uns darauf.









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