Mittwoch, 31. Dezember 2014

Sprache ist das einzigste wo wir haben.

Deshalb müssen wir damit umgehen, als handele es sich um einen unwiederbringlichen Schatz. Ich glaube nicht mehr an die Echtheit einer Person, wenn sie systematisch umso - umso sagt, statt je - desto. Auch die Wellness bringt es an den Tag. Und das Highlight. Und gerade um die Weihnachtszeit fühlen wir mehr und mehr like fucking stupid idiots. Wir brechen sprachlich aus einem Gehege aus, bedienen uns schlecht verstandener Formeln, die wir mit Hilfe der Medien übernehmen. Unsere Sprache wird jeden Tag primitiver. Alles wird Mega, Super, einmalig. Kälte wird automatisch zur Eiseskälte. Regen zu Starkregen, der Stau zum Superstau. Gut aufgestellt sein ist wichtig und Daslandvoranbringen auch.


Die Russen versuchen jetzt, das weitere Eindringen von Anglizismen zu verhindern, indem sie sich der eigenen Sprache entsinnen wollen. Das kann nur schiefgehen, denn reine Propaganda bzw. Lüge ist schon längst wieder die Währung in der bezahlt wird. Ob auf Englisch oder Russisch: wo ist der Unterschied? Es ist zu spät. Jahrelang haben sich die Sprachmacher, etwa in Frankreich, bemüht, den franglenglischen Tsunami aufzuhalten. Ja, man war sogar stolz darauf, Englisch so auszusprechen, wenn überhaupt, als würde man Erbrochenes weitergeben. Sehr patriotisch, aber auch hilf- und hoffnungslos, denn eine Fremdsprache ist keine Waffe, sondern ein nützliches Werkzeug, das, wenn überhaupt, nur gekonnt genutzt werden sollte.

Die Internationalisierung der Sprachen unter dem dominanten Gebrabbel des Englischen, vor allem im Internet, ergibt einen undefinierbaren Brei. Dabei gehen die Qualitäten einer jeden Sprache verloren: Genauigkeit, historisch Gewachsenes, Poetisches, Kreativität. Liebgewordene Begriffe des täglichen Lebens verstauben und werden nicht mehr ersetzt. Deshalb kauft man sich ein action ticket, fährt den verschneiten Berg hinauf und kommt als free ryder wieder herunter, nicht, ohne sich vorher eine action cam umgeschnallt zu haben, mit der man auch Selfies machen kann, oder shelfies, die dann ins Regal gestellt werden. Soll das noch Sinn machen?

Gebrabbel

Nichts gegen Englisch. Wer es beherrscht, findet eine sehr schöne, praktische Sprache, die sich hervorragend für Schlagzeilen eignet, aber auch für Wahnsinnshumor und hintergründige Literatur. Doch nur, wer in diesem Kulturkreis aufgewachsen ist, kann die Sprache "handeln", die anderen machen sich immer wieder zu kleinen Idioten, die gerne möchten aber nicht können. Deshalb kann man trotzdem das eine oder andere Wort übernehmen, denn sprachlicher Purismus ist auch dämlich. Sorry, sagen jetzt viele auf Deutsch: Entschuldigung scheint ihnen zu lang, und time is money. Tut mir leid.

Escalator breakdown. Nein, das habe ich in deutschen Landen noch nicht gehört. Wie würde man das nennen? Rolltreppenpanne, Rollikaputti, Geht nicht mehr? Wir haben die Wahl. Nur, es ist wie in einer richtigen Demokratie: wir müssen entscheiden, und zwar für das kleinere Übel. Dann finden wir uns in dieser Entscheidung wieder: wir sind dann wieder gut aufgestellt und bringen etwas voran. Vielleicht, unsere eigene Identität, die sich an Wörtern wie "Masterplan, "chek-in-time" oder Twin City Liner (das Boot zwischen Wien und Bratislava) nicht festmachen lässt.


Ich habe, selbst für schwere Fälle, noch keine Lösung gefunden. Wenn ich vor dem Computer sitze (sorry, ich meinte Rechner) fällt mir so manches ein. Und ich sage mir, don't be fucking stupid, say it in German. Scheißdrauf.

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