Freitag, 14. November 2014

Deutschland, was ist denn da passiert? Ich kannte noch "la douce France".

"Isch liebö Dötschlond", so oder ähnlich hat der bizarre französische Präsident gesprochen, als er der Bundesrepublik Deutschland einen ersten Besuch abstattete und seine Freundschaft für den Nachbarn verkündete. "Dötschlond ist aine grosse Nasion". Das hat den demütigen, verschüchterten, Westdeutschen nach dem 2. Weltkrieg sehr gut getan. Ich war während De Gaulles Wahlkampagne in Fronkräsch und konnte damals nicht so richtig an des Generals Aufrichtigkeit glauben. Er hatte natürlich seine eigenen Vorstellungen, was sein geliebtes Frankreich betraf. Dennoch haben sich die Deutschen, die in Ost und West aufgeteilt und von den Siegermächten besetzt waren, sehr gefreut. Überhaupt hat der rätselhafte General auch sehr vernünftige Entscheidungen getroffen: die deutsch-französische Freundschaft, die Beendigung des Algerienkrieges, die Bekämpfung des übermächtigen Dollars usw.

Viele Jahre später wurden die Franzosen einmal gefragt, "wer sind eure liebsten Nachbarn?" Was haben sie gesagt? Man konnte es kaum glauben: die Deutschen. Ansonsten haben viele in den Deutschen immer noch den Feind gesehen. Der Ostblock, die Briten und Holländer, viele Skandinaven, Polen und Israelis. Daran war nicht viel zu ändern. Ich vermute auch, dass Österreich, nachdem der Hitlerwahn beendet war, auch vieles von der Abneigung gegen die Deutschen abkriegte. Was wir immer mit Dankbarkeit akzeptierten, war die offensichtliche Sympathie, die uns gewisse Länder traditionell entgegen brachten: Spanien etwa, Finnland, die Türkei. Das alles ist nur eine grobe Vereinfachung, vor der wir uns auch heute noch hüten sollten.

Genauso, wie wir vermuten können, dass der Antisemitismus heute keine speziell deutsche Angelegenheit ist. Aber, lassen wir das! Vorlieben und Abneigungen wechseln fast täglich. Die Medien bringen das oft auf den falschen Punkt. Mir sagte mal einer, der aus Griechenland kam auf Französich: Tu sais, je n'aime pas les allemands. Meine Antwort war: Il y a des Grecs que j'aime pas non plus. Ich sagte dann nur, dass ich auch in Griechenland Verwandte hatte. Solches kann passieren. Als ich 1958 in der Normandie in einem Zug saß, verließ eine Französin das Abteil, als ein englisches Paar anfing, sich auf Englisch zu unterhalten. Die Grimassen der Französin sprachen Bände. Heute weiß man, dass man solche Bekundungen nicht allzu ernst nehmen sollte. Statt "la Grande Guerre" der Kleinkrieg zwischen Individuen? Das wird es immer geben, wenn man nicht aufpasst.

Normalität

Was erfreulich ist, ist die Normalität, die die Deutschen seit der Wiedervereinigung und der Fußballweltmeisterschaft (?) erfasst hat. Viele Nichtdeutsche haben auch verstanden, dass der Kölner Karneval nicht der einzige Ausdruck deutschen Humors ist, sondern dass wir über viel mehr herzlich lachen können. Auch über den britischen Humor. Könnte es sein, dass eine gewisse Gelassenheit uns endlich erfasst hat? Dass wir uns nicht mehr ängstlich umsehen, wenn jemand Französisch, Englisch, Spanisch hinter unserem Rücken spricht? Es scheint den Deutschen weniger wichtig, wie andere sie einschätzen. Auch eine gewisse Grobschlächtigkeit im Umgang mit anderen scheint gemäßigteren Tönen gewichen zu sein. Und die USA werden nicht mehr pauschal angehimmelt. NSA und CIA sei Dank. Was hat sich die Welt geändert. Und die Deutschen mit ihr.

Wer ganz unten ist, sollte nie vergessen, dass ganz oben auch nicht für immer sein muss. Nach einer Studie an der 20.000 Menschen in vielen Ländern teilgenommen haben sollen,  ist Deutschland heute die beliebteste Nation der Welt, was immer das auch heißen mag.  Nummer zwei und drei sind die abgerutschten USA und Großbritannien. Schade, dass Österreich nicht zu den ersten 10 gehört. Da muss etwas daneben gegangen sein. Nach den Gründen für die Beliebtheit zu fragen ist nutzlos. Zu viele Fürs und Widers gäbe es da. Ist es wegen des Kniefalls Willy Brandts? Wegen des überaus friedlichen und menschlichen Mauerfalls? Wegen der mächtigsten Frau der Welt, Angela Merkel? Wie relativ ist das denn? Wir Deutsche versuchen einfach, unkompliziert einen Platz in der Welt zu finden. Das tun andere auch. Also warten wir darauf, dass sich das Blatt wieder dreht. Das dürfte uns dann auch nicht viel ausmachen. Jedenfalls gehören wir dazu. C'est déjà ca!

Denk ich an Deutschland in der Nacht....dann schlafe ich vielleicht besser als Heinrich Heine, der auch fern der Heimat seiner noch nicht verstorbenen Mutter gedachte.







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