Sonntag, 24. November 2013

Wiener G'schichten: aufgebrezelt wie eine Weihnachtsgans?

Man sagt den Wienern nach, sie seien die Spezialisten für den klassischen Schmäh, einer örtlichen Mischung aus Charme, Ironie und einer gestrichenen Dosis Bösartigkeit. Damit kommt der Wiener gut zurecht, denn er lebt in der schönsten Stadt der Welt. Der Schuss Ironie stört ihn dabei nicht, im Gegenteil, er (der Schuss) ist notwendig. Sonst wäre das Leben hier viel zu schön. Das ist der Unterschied zum Bürger von Paris. Wer ihm sagt, Paris sei die schönste Stadt der Welt, kriegt womöglich zu hören: N'est ce pas? (Nicht wahr?). Das ist in Wien undenkbar, impensable!


Also können wir uns jetzt um die Weihnachtsdeko in Wien kümmern: Schmäh ohne! Man schlendert durch die Straßen und muss aufpassen, dass man nicht von einem riesigen Kran überfahren wird oder, dass die Kandelaber, die in 20 Metern Höhe, in der Mitte der Prachtstraße, nicht herniedersausen, um diejenigen zu erschlagen, die staunend nach oben blicken. Das Leben ist gefährlich, besonders vor Weihnachten, denn da kommen noch all jene Überfälle und Diebereien dazu, die der Verzweifelte unternimmt, um seiner Braut zu einem Weihnachtsgeschenk zu verhelfen.


Werden wir konkret: in der Kärntnerstraße hängen sie schon, dürfen jedoch noch nicht leuchten. Am Graben, hängt auch schon alles und hebt sich gegen den grauen Abendhimmel kaum ab. In den Schaufenstern jedoch glitzert es allenthalben schon. Die LastminuteJapaner und die SachertortenDeutschen, um nur zwei Wiener Touristenvölker zu nennen, tun was sie können, um ihre vorweihnachtlichen Koffer mit Geschenken voll zu kriegen. Noch fehlt die Hektik der letzten Tage (vor dem Fest). Die Mozartkugel rollt.


Die 21 Weihnachtsmärkte sind fast alle schon aufgebaut. Es wird Glühwein getrunken und viel geplaudert. Der Laden läuft. Auch Cath und ich werden am Wochenende losziehen. Ach ja, der Bettler am Graben hat sich schon früh auf seinen Stammplatz gesetzt. Sitzend an einen rostfreien Papierkorb gelehnt, die Füße nackt in Sandalen gesteckt, den Kopf vorwärts- und rückwärtsbewegend, und mit einer Blindenbinde um den Arm, betrachtet er diskret die geschäftige Umgebung. Friert er nicht an die Füße? Ich komme oft an ihm vorbei und wundere mich, dass ich noch nie gesehen habe, wie ihm jemand einen Groschen in den Topf legt.

Da fällt mir auf, dass eine Weihnachtsgans nie aufgebrezelt ist. Das arme Tier! Sie schmeckt seit dem 11. November als Martinsgansl in den einschlägigen Ganslbeisln gar herrlich. Und dann muss sie auch noch den Nobelbraten am Hl. Abend stellen, eine fast tierische Aufgabe von der es kein Zurück gibt. Wien macht sich also schön. Ohne Häme oder Schmäh: es wird spannend. Die luminöse Aufrüstung ist voll im Gange. An keinem anderen Ort der Welt möchte man jetzt sein!







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