Montag, 9. September 2013

Das Zeitfenster schließt sich allmählich

Eine ganz dämliche Bemerkung, die man oft in der Politik zu hören bekommt. Das Zeitfenster schließt sich, wenn eine Gelegenheit vorbei ist. Die Gelegenheit kann auch zeitnah verschwinden. Das ist noch dämlicher und wird deshalb ebenfalls in politischen Kreisen eingesetzt. Ganz zeitnah können dann brennende Probleme gelöst werden, was so gut wie nie zutrifft. Da klingt der Spruch "die Einschläge kommen näher" realistischer. Ich vermute, dieser ist im Ersten Weltkrieg entstanden, wo es links und rechts eingeschlagen hat. Will heißen: es ist vorbei. Das persönliche Zeitfenster hat sich geschlossen.

Auch für meinen Opa

Wenn man älter wird, kann man es sehen, das Zeitfenster. Man muss es sehen, denn von heute auf morgen kann es vorbei sein. Darauf sollte man vorbereitet sein. Überhaupt: wenn gute alte Freunde wegsterben, die lieben Eltern und Verwandten nicht mehr da sind, kann man getrost von näher kommenden Einschlägen reden. Will heißen, dass es einen auch bald treffen kann. Wie geht man mit solchen Bedrohungen um, wenn man schlaflos im Bett liegt? Was sagt man zu denen, die einen herben Verlust haben erleiden müssen? Kopfhoch! Du bist nicht allein! Es kommen wieder bessere Tage!

So einfach ist es nicht. Jeder kennt das: Die Angst vor dem Ende. Man hat dafür Sprüche auf Lager. Der Sensenmann kommt. Gevatter Hein. Man wird vom Allmächtigen zu sich geholt. Aber ein Trost ist das nicht. Vielleicht hilft der Schmetterling? Er flattert, freut sich seines Lebens, setzt sich irgendwann hin und macht keinen Mux mehr. Dann ist er tot. Sein Zeitfenster, das ohnehin bescheiden bemessen war, hat sich geschlossen. Ich persönlich jubiliere jeden Tag, dass es mich noch gibt. Die Verluste habe ich fast alle zu spüren bekommen. Mein Zeitfenster schließt sich allmählich. Ich bin ein Schmetterling und flattere.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen