Mittwoch, 31. Juli 2013

Stille Tage in Warschau



Die beiden auf diesem Foto mögen sich. Erstaunlich viele Liebespaare halten sich bei warmem Wetter
an der Weichsel oder in der Innenstadt von Warschau auf. Ein Zeichen fröhlicher Lebensart, in einer Stadt mit vielen Gesichtern und einer verwirrenden Geschichte. Auf den ersten Blick macht die polnische Hauptstadt einen dynamischen aber auch gemütlichen Eindruck. Das alte Mitteleuropa, wenn es das je gegeben hat, muss Pate gestanden haben: zahlreiche Cafés und Kneipen machen sich den Platz mit den guten Gasthäusern und den Bernsteinbutiken streitig. 




Das heutige Warschau ist nur ein blasses Ebenbild dessen, was die Stadt einmal war. Die bewegte Geschichte Polens hat viele Zerstörungen hinterlassen, die heute noch sichtbar sind. Überall findet man Tafeln des Gedenkens an Schlachten, Niederlagen, Siege und Katastrophen. Die Russen, die Preußen, die Franzosen und andere haben versucht, sich Teile des Landes einzuverleiben. Die Polen haben sich tapfer zur Wehr gesetzt. Seit 2004 ist es Mitglied in der Europäischen Union, eine Art Wirtschafts- aber auch Friedenspakt für dieGesamtheit der EU-Länder. Während imposante Hochhäuser den Blick in eine bessere Zukunft weisen, bleiben die Dämonen der Vergangenheit aber allgegenwärtig.


Als die Truppen des Deutschen Reiches 1939 in Polen einmarschierten, war dies der Auftakt zum 2. Weltkrieg. Als die Hitlerarmee 1945 Warschau bis zu 85% zerstört hatte, befreite die Sowjetische Armee das Land, brachte aber statt Freiheit den Kommunismus mit all seinen Folgen. Trotz des mutigen Kniefalls Willy Brandts ist die Liebe für die deutschen Nachbarn sehr begrenzt. Das gilt auch für die Nachfahren Stalins. Das Trauma sitzt tief, und die Erinnerung an die Vernichtung von Juden ist überall sichtbar. Ich werde darauf zurückkommen müssen. Doch zum Glück hat Warschau auch eine heitere, lebensbejahende Seite. Eine Stadt, die einerseits immer noch die Wunden leckt, die der Krieg und die Deutschen geschlagen haben, die andererseits aber zuversichtlich in die Zukunft zu blicken scheint. Hanna, eine langjährige Freundin, führte uns an signifikante Orte, die voller Erinnerung sind. Der ahnungslose Tourist sieht viele Dinge nicht. Doch was man sieht, macht nachdenklich und still.








Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen