Dienstag, 4. Juni 2013

Es gärt in der Türkei


Während der Regierungschef Reep Tayyip Erdogan gerade noch von wildgewordenen Randfiguren sprach, hat sein Stellvertreter Arinc jetzt vorsichtig in einer langweiligen Fernsehrede die Hosen herunter gelassen: "Es tut uns leid". Das harte Vorgehen gegen friedliche Demonstranten kann nicht mehr einfach glattgebügelt werden. Die Menschen haben die Nase voll, wie lästige Kinder behandelt zu werden. Zuerst wollte man die Volkswut mit Polizeigewalt niederknüppeln. Jetzt, wo täglich Tausende auf die Straße gehen, gerät der Unmut außer Kontrolle. Die Türkei, ein Land zwischen islamischen und demokratischen Bestrebungen, muss und will sich entscheiden. Die Zeiten sind vorbei, wo die Obrigkeit ungestraft auch noch Arroganz an den Tag legen kann.

Der Stellvertreter Arinc


Der Anlass blieb für die Weltöffentlichkeit zunächst einmal unklar. Am beliebten Taksimplatz, mitten im modernen Istanbul, soll der Gezi-Park in etwas Kommerzielles umgewandelt werden. Einfach so. Die Bürger wittern nicht nur massive wirtschaftliche Interessen hinter diesem Plan, sondern auch die Missachtung ihres Willens. Man möchte eine etwas vergammelte Parkanlage am Leben erhalten. Istanbul hat nicht viele grüne Lungen. Der Gezi-Park ist der Ort, an dem sich viele erholen. Man wird dort als Tourist auch mal angemacht und wird einen kindlichen Schuhputzer fast nicht los. Das Leben ist hart, und ein Regierungschef kann auch in der Türkei nicht mehr machen, was er will.

Taksimplatz, eine Baustelle

Die Reibereien begannen bereits um den ersten Mai, wo am Taksimplatz Zigtausende, zum Feiern  zusammenströmten. Eine massive Demonstration des Volkswillens. Wenn die bedrohlich herumstehenden Polizeikräfte eindeutig auf der Seite des Volkes gestanden hätten, wäre die Stimmung nicht so explosiv geworden. Solche Machtdemonstrationen seitens der politischen Führung werden nicht mehr vergessen. Das Volk möchte genau wissen, wer das Sagen hat. An vielen Orten gärt es jetzt. Das sieht sehr nach einer revolutionären Entwicklung aus. Hoffentlich kann das Land daraus einen friedlichen Gewinn ziehen. Geringe Anlässe haben schon oft zu großen Explosionen geführt.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen